Volvo stärkt Produktionskompetenz bei E-Mobilität

Batteriemontage in Gent in Betrieb

Volvo stärkt Produktionskompetenz bei E-Mobilität
Im belgischen Volvo-Werk in Gent wird auch der XC40 gebaut. © Volvo

Volvo startet an diesem Montag im belgischen Gent die Batteriemontage für seine elektrifizierten Modelle. Die Schweden stärken damit ihre Produktionskompetenz auf dem Weg in die E-Mobilität.

Erst im Herbst 2018 fiel der Spatenstich für die Batteriemontagehalle. Jetzt, knapp 18 Monate später, beginnt die Produktion in Gent, wo sonst der Volvo XC40 vom Band rollt. Nach Gent soll ab Herbst auch am US-Standort in Charleston/South Carolina eine Batteriemontage entstehen.

„Wir bereiten unser gesamtes Produktionsnetzwerk auf die Elektrifizierung vor“, unterstreicht Geert Bruyneel, Leiter der weltweiten Produktion Volvo Cars. Die Nachfrage nach BEV, also nach rein elektrischen Fahrzeugen, sei groß und werde weiter steigen.

Volvo übernimmt in seinen Werken allerdings nur die Montage der Batterie-Pakete fürs Auto. Die Zellen, also die eigentlichen Stromspeicher, beziehen die Schweden weiterhin von Zulieferern wie CATL aus China und dem südkoreanischen Lieferanten LG Chem. Daran soll sich so schnell auch nichts ändern, so Bruyneel. „Aktuell haben wir keine Pläne, unsere eigene Zellproduktion zu starten.“

6500 Mitarbeiter am Standort Gent

Volvo lässt in Gent auch die Batterien montieren. Foto: Volvo

Die Montage einer Batterie ist aufwendig: 108 Schrauben sind anzuziehen. Zehn davon von Menschen, denen grüne Laserpfeile den Weg weisen. 98 Schrauben fallen in Roboterhand. Die Batterie an sich wiegt rund 450 Kilogramm, samt Kabeln etwa 500 Kilogramm. Sie besteht aus 27 Batteriezellen. Jede Batteriezelle bringt 13,3 Kilogramm auf die Waage. 19 der Batteriezellen bilden die untere Schicht des Batteriepacks, acht liegen oben. Verstaut ist sie im Mittelboden des Fahrzeugs.

6500 Mitarbeiter sind am Standort Gent beschäftigt. Damit ist Volvo der größte industrielle Arbeitgeber in Flandern. 93 Prozent der hier gefertigten Autos sind für den Export bestimmt. Zentral sind die Ausweitung der Kapazitäten für das Erfolgsmodell XC40. „Wir können doppelt so viele Autos verkaufen als wir bislang produzieren“, sagt Werksleiter Stefan Fesser.

„Volvo Cars ist in Bewegung“, ergänzt Wim Maes, Managing Director Volvo Cars BeLux, ganz in Einklang mit dem lateinischen Namen „ volvo – ich rolle“, das auch gut zum geräuschlosen BEV passt. Und das Volvere wird zunehmend elektrisch. Schritt für Schritt, Modell für Modell. Schon in fünf Jahren wollen die Schweden jedes zweite Auto vollelektrisch an den Käufer absetzen.

XC40 Recharge erstes reines E-Modell

Der Volvo XC40 Recharge P8 ist das erste rein elektrische Modell der Schweden. Foto: Volvo

Vom SUV XC40 fanden letztes Jahr rund 140.000 Fahrzeuge ihren Käufer. Damit hat sich das Vorzeigemodell empfohlen, um als erstes vollelektrisches Paradeexemplar im Portfolio ab Ende des Jahres in Gent vom Band zu laufen. Die Preise stehen mit 62.000 Euro fest; der XC40 Recharge P8 4WD ist ab sofort bestellbar. „Gent ist eine gewachsene Fabrik. Wir haben kontinuierlich eingestellt. Das bedeutet auch, dass wir Leute in allen Altersklassen ziemlich gut verteilt im Unternehmen haben“, berichtet Fesser. Der größte Arbeitgeber in Flandern fühlt sich „fit for future“. „Wir bauen eine wettbewerbsfähige Belegschaft auf“, versichert der Werksleiter.

Den Segen der flämischen Regierung hat das Werk, dessen dynamische Entwicklung sie finanziell unterstützt. Rund 200 Mitarbeiter werden zusätzlich angestellt für die rein elektrischen sowie für andere sehr spezifische Tätigkeiten im Werk. „Wir haben sichergestellt, dass wir in sehr schlaue Leute investieren.“ Man habe sie auf eine Reise mitgenommen und dafür ein sehr ausgeklügeltes Training entwickelt. Mit dem erfreulichen Fazit: man sei relativ autark.

In fünf Jahren jeder zweite Volvo ein BEV

Das erklärte ehrgeizige Ziel, im Jahr 2025 jedes zweite Fahrzeug vollelektrisch an den Kunden zu verkaufen, klingt aus deutscher Sicht unglaublich, ist den Schweden aber bierernst. Der Stufenplan des schwedischen Premiumherstellers unter dem Dach des chinesischen Autobauers Geely ist folglich genauso ambitioniert wie der Aufbau der Batteriemontagehalle an sich.

Danach soll die Produktion des als City SUV ausgelobten XC40, dem kleinsten neben seinen größeren Brüdern XC60 und XC90, auf 185.000 Einheiten steigen. Zentral ist generell die Elektrifizierung der Modelle. Sie wird konsequent auf mehreren Ebenen ausgerollt. Sie reicht vom Hybrid über den Plug-in-Hybriden (PHEVs) bis hin zu BEVs. Die Schweden haben bereits elf PHEVs im Angebot. Mit dieser Strategie will Volvo Verbrauch und Emissionen um insgesamt rund 15 Prozent senken.

Autos und Unternehmen in Einklang mit der Umwelt

Ein Montageband im Volvo-Werk Gent/Belgien. Foto: Volvo

Auch die gesamtökologischen Ziele sind ambitioniert. Sie lauten Nachhaltigkeit, Nachhaltigkeit und nochmal Nachhaltigkeit. Bis 2040 wollen die Schweden ein klimaneutrales Unternehmen sein. Die Etappen dahin: Schon 2025 soll jedes Volvo Modell, also auch die bislang noch gebauten Diesel, eine um 40 Prozent reduzierte CO2-Bilanz aufweisen. Bis 2025 will Volvo überall mindestens Mild Hybride unterwegs sehen.

Das Volvo-Szenario im Jahr 2025 ist zu 50 Prozent rein elektrisch (BEV); die anderen 50 Prozent setzen sich zusammen aus milden Hybriden und Plug-in Hybriden (PHEV). Damit wollen die Schweden bis in fünf Jahren auch die CO2 Emissionen pro Fahrzeug auf die Hälfte drücken. Insgesamt soll in diesem Zeitraum die klimaneutrale Produktion erreicht sein. Die CO2 Emissionen der Lieferkette sollen um 25 Prozent zurückgehen, genauso die des Geschäftsbetriebs, inklusive Fertigung und Logistik. Als wesentlicher Baustein soll zudem ein Viertel der Kunststoffe in neuen Volvo Fahrzeugen aus recycelten Kunststoffen bestehen. Übersetzt auf den Karbon-Fußabdruck bedeutet das einen Rückgang von 53 Tonnen auf 32 Tonnen CO2 pro Fahrzeug von 2018 bis 2025.

Keine Angst vor Batterieengpässen

Die Lernkurve in Gent wird auch der Produktionsstätte im chinesischen Luqiao zugutekommen. Dort laufen Volvo Modelle gemeinsam mit denen der Schwestermarken Polestar und Lynk & Co auf Basis der kompakten Modular Architektur (CMA) vom Band.
Ob Volvo keine Sorge vor Lieferengpässen habe, die die Produktion der Recharge Modelle (Sammelbegriff für alle elektrifizierten Volvo) beeinträchtigen oder gar stoppen könnten? Zumal die Schweden für die Hybridproduktion mit LG Chem zusammenarbeiten. Die Antwort klingt gelassen: Man habe langfristige Vereinbarungen und wolle die Zahl seiner Partner begrenzen. Mit LG Chem ist ein Zehnjahresvertrag abgeschlossen. Beim XC40 Recharge kommt neben LG Chem auch CATL hinzu. „Wir sind in der Lage die Batterien zu bekommen, die wir brauchen“, versichert Fesser.

Wichtiger Produktionsstandort

Blick auf eine Produktionseinheit im Volvo-Werk in Gent.

Hybridfahrzeuge werden in Gent 225.000 pro Jahr produziert, 1054 am Tag, ein Fahrzeug alle 70 Sekunden. 2.200 Personen arbeiten hier in drei Schichten mit insgesamt 3.500 Teilen. Die Kapazität der Fabrik ist auf insgesamt 260.000 ausgelegt. Schweißen, Lackieren und Montage – all das passiert vor Ort. Links- und Rechtslenker werden auf der gleichen Montagelinie zusammengebaut. Letztere machen rund 15 Prozent der Produktion aus.

Die XC40 als BEV durchlaufen dieselben Produktionslinien wie ihre Artgenossen der gleichen Modellreihe. Aber auch der Kombi V60 teilt sich diese Linie. Die Abläufe seien ähnlich. Ab heute also werden hier die ersten Vorserienmodelle des BEV gefertigt. „Was wir heute sehen, dafür hatten wir uns schon sehr früh entschieden. Es ist unsere klare Unternehmensstrategie“, betont Fesser. „Wir können im Mix liefern.“ In punkto Elektrifizierung ergänzt er: „Wir gehen ganz einfach mit dem Markt mit und fahren auf Sicht.“ Dabei sei man sehr konservativ vorgegangen, wie dies der Grundhaltung von Volvo entspreche. „Wir haben den XC40 in drei Stufen hochgefahren und laufen somit nicht in die Überproduktion.“ Die Volumina könne man sehr flexibel gestalten. denn die Prozesse in Gent sind skalierbar.

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Susanne Roeder
Während des Studiums der englischen und klassischen Philologie in Freiburg, Cambridge, Oxford und Promotion in englischer Sprache arbeitete sie bei BBC Radio Oxford und deutschen öffentlich-rechtlichen Sendern. Bei einer Agentur mit Mercedes als Hauptkunden begann ihre Liebe für Automobile. Nach Stationen als Pressesprecherin in der Industrie ist sie mit Globaliter Media selbständige Journalistin.

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