Voll- oder Teilkasko: Versicherten fällt Wechsel schwer

Kfz-Versicherungen

Voll- oder Teilkasko: Versicherten fällt Wechsel schwer
Im Falle eines Unfalls kann man nur hoffen, dass man gut versichert ist. © GDV

Autofahrer beschäftigt die Frage der Kfz-Versicherung mindestens einmal im Jahr. Dann nämlich, wenn der Versicherungsbeitrag fällig wird.

Dann steht die Entscheidung an, ob ein Versicherungswechsel stattfinden soll oder ob alles beim Alten bleibt. Beim Thema Kfz-Haftpflichtversicherung bleibt dem Fahrzeughalter kaum Ermessensspielraum.

Der Gesetzgeber hat vorgeschrieben, dass ein Fahrzeug nur zugelassen werden darf, wenn der Halter über eine gültige Kfz-Haftpflichtversicherung verfügt. Auch für die Deckungssumme gibt es gesetzliche Vorgaben. So sind die folgenden Mindestsummen vorgeschrieben: Für Personenschäden sind es 7,5 Millionen Euro, für Sach- und Vermögensschäden sind es 50.000 Euro.

Versicherte wählen meist höhere Deckung

Dem Versicherungsnehmer steht es frei, eine höhere Deckungssumme zu wählen und die meisten Fahrzeughalter machen davon auch Gebrauch und entscheiden sich für eine pauschale Deckungssumme für Personen- und Sach- und Vermögensschäden zwischen 50 und 100 Millionen Euro. Die Entscheidung wird Versicherungsnehmern leicht gemacht, denn die deutlich bessere Risikoabsicherung macht im Schnitt gerade einmal 1 Prozent Erhörung der Versicherungsprämie aus.

Deutlich anders verhält es sich bei der Wahl der Kaskoversicherung. Hier haben Versicherungsnehmer einen sehr großen Ermessensspielraum und entscheiden damit auch über große Spannbreiten im Bereich der zu zahlenden Versicherungsprämie.

Zentrale Frage: Voll- oder Teilkasko?

Ganz zentral ist dabei die Frage, ob das Fahrzeug mit Vollkasko oder mit Teilkasko versichert werden soll. Hierzu gibt es keinerlei Vorgabe von Seiten des Gesetzgebers, denn eine Kaskoversicherung ist im Gegensatz zur Kfz-Haftpflichtversicherung nicht gesetzlich vorgeschrieben. Dass eine Teilkasko-Versicherung aufgrund der Risikoeinstufung nicht immer günstiger ausfallen muss, als eine Vollkaskoversicherung, zeigt unsere Beispielrechnung nach regionalen Gesichtspunkten.

Hier spielt vor allem die jeweiligen Schadenfreiheitsklasse eine Rolle, in der sich der Fahrzeughalter aufgrund seines Fahrverhaltens bewegt. Neben der zu zahlenden Versicherungsprämie und der Schadensfreiheitsklasse sind aber noch andere Aspekte zu berücksichtigen, wenn der Wechsel von der Vollkasko- zur Teilkasko-Versicherung ansteht.

Auf das Verhältnis kommt es an

Eine umfangreiche Vollkasko-Versicherung ist nicht ganz billig. Deshalb sollte sie sich unbedingt lohnen und in einem vernünftigen Verhältnis zum Wert und Alter des zu versichernden Fahrzeugs stehen. Die Kfz-Experten von Verivox geben als groben Richtwert an, dass Fahrzeuge ungefähr nach vier Jahren von der Vollkasko in die Teilkasko zurückgestuft werden sollten. Bei einer durchschnittlichen Fahrleistung pro Jahr ist der Wert der meisten Fahrzeuge bis zu diesem Zeitpunkt so stark gesunken, dass sich ein umfangreicherer Versicherungsschutz nicht mehr lohnt.

In diesem Zusammenhang sollten Fahrzeughalter die folgenden Richtwerte kennen: Im dritten Jahr nach der Erstzulassung hat ein Fahrzeug bei durchschnittlicher jährlicher Fahrleistung noch ungefähr einen Wert von 75 Prozent des Kaufbetrages. Eine Vollkaskoversicherung lohnt sich dann in der Regel noch.

Im vierten Jahr nach der Erstzulassung sinkt der Wert des Fahrzeugs unter gleichen Bedingungen auf 70 bis 60 Prozent. Hier beginnt die Grauzone, in der ein Wechsel in die Teilkasko nicht zwingend zu empfehlen aber zu bedenken ist.
Im fünften Jahr nach der Erstzulassung hat ein Fahrzeug noch Durchschnittsangaben nur noch einen Wert von 50 bis 55 % des Kaufbetrages. Spätestens dann ist eine Vollkasko-Versicherung nur noch in Ausnahmefällen sinnvoll.

Aktuelle Zeitwert wird gezahlt

Besonders wichtig ist dabei nämlich, dass die Versicherungsprämie nicht im selben Verhältnis sinkt wie der Wert des Fahrzeugs. Vielfach ist es sogar so, dass die Versicherungsprämie für ein drei Jahre altes Auto in Vollkasko ebenso hoch ist wie für ein 5 Jahre altes Auto. Lediglich die Schadensfreiheitsklasse wird jährlich angepasst. Damit ist eine Vollkaskoversicherung unter Umständen immer noch sehr teuer, auch wenn der Wert des Fahrzeugs dies nicht mehr widerspiegelt.

Da im Falle eines Totalschadens aber nur der aktuelle Zeitwert des Fahrzeugs ausbezahlt wird, wächst die Lücke zwischen der bezahlten Versicherungsprämie und der Erstattung im Schadensfall zunehmend. Experten geben an, dass sich das Verhältnis bei Fahrzeugen zwischen dem dritten und vierten Jahr nach Erstzulassung besonders stark zum Nachteil des Versicherungsnehmers zu verändern beginnt.

Warum fällt Haltern Entscheidung so schwer?

Tatsächlich ist immer noch ein Trend zu beobachten, nach dem Fahrzeughalter länger bei der Vollkasko-Versicherung bleiben, als dies sinnvoll zu empfehlen wäre. Damit zahlen sie in der Regel deutlich zu viel für ihre Kaskoversicherung. Die Entscheidung, von der Vollkasko in die Teilkasko zu wechseln, scheint Fahrzeughaltern also recht schwer zu fallen.
Ein Grund dafür mag darin liegen, dass die Teilkasko-Versicherung grundsätzlich nicht für Schäden aufkommt, die der Fahrzeughalter selbst verursacht hat.

Auch die mutwillige Beschädigung durch Dritte wird nur von einer Vollkasko-Versicherung abgedeckt. Kommt es zu einem Unfall oder einem geplatzten Reifen, springt die Vollkasko-Versicherung ein. Lediglich eine vertraglich festgelegte Selbstbeteiligung ist vom Versicherungsnehmer zu tragen. Wer sein Auto mit Teilkasko versichert hat, muss die Kosten in der Regel selbst tragen. Vor allem der Schutz gegen Vandalismus und selbstverschuldete Schäden ist für viele Fahrzeughalter ein Grund, trotz höherer Prämien sehr lange an der Vollkasko-Versicherung festzuhalten.

Wann ist der Wechsel besonders günstig?

Die Kfz-Versicherungen werden teurer. Foto: SP-X
Der Wechsel der Versicherung kann Geld sparen. Foto: SP-X

Beim Wechsel von Vollkasko zu Teilkasko sind nicht nur das Alter und der Wert des Fahrzeugs entscheidend, sondern auch der Zeitpunkt. Ein grundsätzlicher Wechsel des Versicherers ist zwar jährlich zum Stichtag 30. November möglich, innerhalb eines Versicherungsbeitrages von Vollkasko zu Teilkasko zu wechseln, ist aber meist auch während der Vertragslaufzeit möglich. Experten empfehlen deshalb ausdrücklich, mit einem Wechsel zur Teilkasko bis zum Frühling zu warten.

In der Wintersaison kommt es nämlich deutlich häufiger zu Schäden, die durch die Vollkasko-Versicherung besser abgedeckt sind.

Auf Vertragslaufzeit achten

Bei einem Wechsel während der Vertragslaufzeit sollten Versicherungsnehmer allerdings darauf achten, dass die Vertragslaufzeit von dem Wechsel unberührt bleibt und nicht von vorne zu laufen beginnt. Das größte Sparpotenzial sehen Experten allerdings, wenn der Wechsel von Vollkasko zu Teilkasko auch von einem Versichererwechsel begleitet wird. Hier gilt: Rechtzeitig Angebote einholen und gründlich vergleichen.

Eine allgemeingültige Empfehlung gibt es für den Wechsel von Vollkasko zu Teilkasko leider trotzdem nicht. Alle Angaben zum Zeitwert eines Fahrzeugs sind nur Richtwerte. Je nach Fahrleistung und Ausstattung des Fahrzeugs kann der tatsächliche Zeitwert noch höher liegen und damit eine Weiterversicherung in Vollkasko rechtfertigen. Wer auf Nummer sicher gehen möchte, sollte vor einem Wechsel den Zeitwert des eigenen Fahrzeugs von einem Experten ermitteln lassen.

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Frank Mertens
Nach dem Studium hat er in einer Nachrichtenagentur volontiert. Danach war er Sportjournalist und hat drei Olympische Spiele begleitet. Bereits damals interessierten ihn mehr die Hintergründe als das Ergebnis. Seit 2005 berichtet er über die Autobranche.

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