Urwahn Bikes: Mit Fair Frame zum Trendsetter

Urwahn Bikes: Mit Fair Frame zum Trendsetter
Urwahn Bikes setzt in der Produktion auf Nachhaltigkeit. © Urwahn Bikes

Für Urwahn Bikes steht bei der Produktion ihrer Räder die Nachhaltigkeit im Fokus. Im Gegensatz zu vielen anderen Herstellern lassen die Magdeburger ihre Rahmen deshalb auch nicht in Asien fertigen.

Mit ihrer Herangehensweise wollen die Macher die Fahrradbranche zum Umdenken anregen. Trotz der Corona-Pandemie herrscht bei der Fahrradmanufaktur Urwahn Bikes im Lorenzweg in Magdeburg Business as usual. Kein Wunder, die neue Radsaison hat gerade begonnen. Darauf ist der Blick der beiden Geschäftsführer Sebastian Meinecke und Ramon Thomas bereits seit Monaten gerichtet.

Zwar hat die Pandemie viele Deutsche das Rad als Fortbewegungsmittel neu entdecken lassen. Doch die Pandemie und der damit einhergehende Nachfrageboom gerade nach E-Bikes hat dafür gesorgt, dass erforderliche Teile nicht lieferbar sind oder es zu logistischen Problemen kommt. So kommt in der Fahrradbranche das Gros der Teile – insbesondere die Rahmen – aus Asien. China und Taiwan sind die Länder, in denen die Rahmen zumeist produziert werden. Wer heute bei einem der großen Direktversender ein Rad bestellt, der muss sich aufgrund der Lieferengpässe je nach Rad auf eine Wartezeit von fast sechs Monaten einstellen.

175 Räder im Vorjahr gefertigt

Ebenfalls smart integriert wurde das kleine Rücklicht in den Rahmen. Foto: Urwahn

Diese Probleme kennt man bei Urwahn Bikes in Magdeburg nicht. Das liegt zum einen an der Größe des 2017 gegründeten Unternehmens – im Vorjahr hat man 175 Räder gefertigt – aber nicht nur. Urwahn Bikes setzt auf Nachhaltigkeit. Statt seine Rahmen wie Mitkonkurrenten in Asien produzieren zu lassen, setzen die Magdeburger auf eine regionale Produktion. Ihre aus dem 3D-Drucker stammenden Stahlrahmen werden ausschließlich in Deutschland hergestellt. „Das Gros unserer Produzenten befindet sich in einem Umkreis von rund 100 Kilometer um Magdeburg“, berichtet der 32-Jährige. „Der 3D-Druck bietet uns zudem den Vorteil, dass wir so On-Demand und Just-in-Time fertigen können“, erklärt Meinecke, „auch das spart uns Ressourcen in puncto Material, Lagerhaltung und Logistik“.

Dass man Stahl- statt Alu- oder Carbonrahmen für seine Räder nutzt, hänge neben den Materialeigenschaften („Es ermöglicht maximale Freiheit bei der Formgebung und der Werkstoff garantiert mehr Fahrkomfort“ ) auch damit zusammen, dass deren Energieaufwand in der Produktion deutlich geringer ist. „Gerade in der Fahrradbranche sollten wir bestrebt sein, unseren CO2-Fußabdruck so gering wie möglich zu halten.“

Für fair hergestellte Räder sensibiliseren

Geschäftsführer Sebastian Meinecke (r.) mit einem Kollegen. Foto: Urwahn

So wie die Initiative Fairtrade zu einem fairen Handel vor allem im Bereich Lebensmittel- und Textilproduktion beitragen will, will Urwahn Bikes das mit seinem Fair Frame in der Fahrradbranche tun. „Wir wollen die Branche und die Gesellschaft für fair hergestellte und gefertigte Fahrräder sensibilisieren“, sagt der studierte Maschinenbau-Ingenieur. Dazu gehört wie beim Ansatz von Fairtrade auch eine menschenwürdige Produktion unter Einhaltung umwelt- und sozialverträglicher Standards wie einer fairen Lohnpolitik. Das Outdoor-Unternehmen Vaude von Chefin Antje von Drewitz nennt Meinecke als Vorbild.

Dass in der Fahrradbranche – und nicht nur hier – immer häufiger von „Engineered in Germany“ die Rede ist, kann Meinecke längst nicht mehr hören. “Was sagt das dem Verbraucher? Nichts. Ein Qualitätskriterium ist das nicht“. Früher war „Made in Germany“ noch ein Gütesiegel. Doch in Zeiten der Globalisierung wird es nur noch von wenigen Herstellern genutzt. Wer lässt das Gros seiner Produkte schon ausschließlich im Hochlohnland Deutschland fertigen? Der Sport- und Textilproduzent Trigema („100 Prozent Made in Germany“) aus Burladingen gehört zu den Ausnahmen.

Anteil regionaler Produktion weiter steigern

Der Platzhirsch von Urwahn. Foto: Urwahn

Doch auch Urwahn Bikes versucht diesen Weg zu gehen, auch wenn das noch nicht gänzlich gelingt. „Derzeit kommen wir auf eine regionale Wertschöpfung von 70 bis 75 Prozent“, berichtet Meinecke. So kommen beispielsweise die Schaltgruppe (Shimano) oder das Licht (LightSkin) aus Asien, der Riemenantrieb (Gates) aus den USA. „Unser Ziel ist es aber, noch in diesem Jahr auf einen Anteil von 80 Prozent zu kommen, indem wir das – was möglich ist – in der Region produzieren lassen.“

Natürlich hat das auch Auswirkungen auf den Preis. So kostet beispielsweise ein in Deutschland produzierter „Diamantrahmen so um die 250 Euro, lasse ich ihn in Asien fertigen, sind es um die 50 Euro“, berichtet Meinecke. Wer bei solchen Preisdifferenzen mithalten will, der muss seinen Kunden schon überzeugende Produkte liefern. Mit einem formschönen Rad wie dem Platzhirsch und den dort verbauten Komponenten wie beispielsweise dem Elektro-Antrieb von Mahle sieht man sich bei den Magdeburgern jedenfalls gut aufgestellt. Wer ein Bike von Urwahn fahren will, der muss dann auch etwas tiefer in die Tasche greifen. Der Platzhirsch startet bei 4499 Euro und der Stadtfuchs bei 3799 Euro. Die Wartezeit dieser individuell auf den Käufer angepassten Bikes liegt übrigens zwischen 30 und 60 Tagen.

Urwahn verfolgt hybrides Konzept

Zu dem Nachhaltigkeitsansatz von Urwahn gehört übrigens auch ein hybrides Konzept. So sind alle Modelle so konzipiert, dass sie vielfältig einsetzbar sind. Der Rahmen kann dabei für verschiedene Segmente wie Road, Gravel oder Trekking eingesetzt werden. „Wer von unseren Kunden keine Lust mehr auf sein Urban-Bike hat, der braucht sich deshalb nicht gleich ein komplett neues Rad kaufen, sondern kann sich seines beispielsweise zu einem der immer beliebteren Gravelbikes umrüsten lassen. Auch das verstehen wir unter Nachhaltigkeit.“

Während gerade viele kleine Fahrradhersteller ihren Kundinnen und Kunden nur Räder in den Größen S, M oder L anbieten, bietet Urwahn auch Rahmengeometrien in XS oder XL an. „Nur so können wir ermöglichen, dass sich auch Fahrerinnen und Fahrer unterschiedlichen Größen auf unseren Rädern wohl fühlen.“ Dazu gehört auch, dass vor der Lieferung die Räder an den Kunden angepasst werden. „Wir fitten die Räder entsprechend der Schrittlänge und der gewünschten Sitzposition.“

Nachhaltigkeit auch beim Versand

Im Lenkrohr wurden zwei kleine LED-Leuchten integriert, die für erstaunlich gute Sicht im Dunkeln sorgen. Foto: Urwahn

Der Nachhaltigkeitsansatz von Urwahn endet aber nicht bei der Produktion der Räder, sondern zeigt sich auch beim Versand. So werden die Räder mit wiederwendbaren Materialien versendet. „Nur wenn wir die gesamte Lieferkette in Betrachtung einbeziehen, können wir den CO2-Fußabdruck so gering wie möglich halten.“

Mit ihrem Nachhaltigkeitsansatz hofft die Fahrradschmiede aus Magdeburg auch die Großen in der Branche zum Umdenken zu bewegen. Wer Räder anbietet, davon ist Meinecke überzeugt, sollte sich auch dem Umweltgedanken verpflichtet fühlen – und das fängt bereits in der Produktion an. „Gerade Käufer eines Fahrrades sind umweltbewusst unterwegs, entsprechend wird unser Ansatz von unseren Kunden begrüßt.“ Wer weiß, vielleicht gelingt es Urwahn Bikes mit seinem Fair Frame ja zu einem Trendsetter in der Branche zu werden.

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