Worauf es bei modernen Autonamen ankommt

Vom Kadett zum Qashqai

Die Autonamen haben sich mit dem Wandel der Gesellschaft verändert. Sollte ein Auto früher den sozialen Stand des Besitzers verdeutlichen, zählt heute eher die verbale Extravaganz.

Von Frank Christiansen

Kadett, Carina, Taunus - einst kamen diese Autonamen blendend bei den Käufern an. Wer als Autobauer heute noch auf sie setzen würde, wäre dagegen vermutlich bald pleite. Tiguan, Touareg, Qashqai - moderne Autonamen wirken exotisch, geheimnisvoll und zeugen vom Wandel der Gesellschaft.

Bis zu 10.000 Vorschläge

Verantwortlich für die Wortschöpfungen sind «Verbal-Designer» wie Sybille Kircher von Nomen International in Düsseldorf oder Manfred Gotta in Baden-Baden. Ihre Namens-Kreationen müssen gut aussprechbar, international vermarktbar und frei von negativen Assoziationen sein. Außerdem dürfen sie nicht unter den mehr als 100.000 rechtlich geschützten Namensvarianten zu finden sein. Bis zu 10.000 Vorschläge werden entwickelt, um einem neuen Auto einen Namen zu verpassen.

In den 1960er Jahren waren die Autonamen griffig und spiegelten den sozialen Aufstieg wieder: Kadett, Kapitän, Commodore, Admiral nannte Opel seine Modelle. Und die maritime Hierarchie entsprach natürlich Kaufpreis und Größe der Autos. Doch dann weicht die klare militärische Ordnung der Diplomatie: «Opel stellt den Diplomat und den Senator vor, Ford kontert mit dem Escort und dem Consul», sagt Kircher.

Sportliche Achtziger

Der VW Scirocco weckte Lust nach südlichen Gefilden Foto: VW

Die Studentenbewegung markiert schließlich einen weiteren Bruch. «Nach zwei Jahrzehnten harter Arbeit ist die Zeit reif für eine Belohnung. Die Deutschen sehnen sich nach Urlaub im sonnigen Süden.» Bei den angehenden Reise-Weltmeistern wird der Ford Capri ein Renner, auch der Ascona und der Granada wollen mediterranes Flair verbreiten. Volkswagen sichert sich ferne Winde mit dem Passat und dem Scirocco. Ford verbindet die neue Lebens- und Reiselust mit dem Fiesta (spanisch für Feier).

Die 1980er Jahre werden sportlich: Während Boris Becker und Steffi Graf zu neuen Volkshelden werden, setzt Volkswagen auf vornehme Sportarten wie Golf und Polo. In den 1990er Jahren werden die Autonamen nach dem Zusammenbruch des Ost-West-Konflikts global. Opel wird mit Astra und Omega futuristisch, Ford setzt auf Mondeo (abgeleitet vom lateinischen mundus für Welt) und Galaxy.

«Frauennamen sind unsexy»

Der Toyota Corolla heißt jetzt Auris Foto: Toyota

Bei den Autokonzernen wird jetzt Wert darauf gelegt, den Modellnamen durch wiederkehrende typische Buchstaben mit dem Hersteller zu verknüpfen und so eine Autofamilie zu bilden: Citroën setzt zunächst auf das X (Saxo, Xantia, Xsara) und später auf das C, Toyota auf die Endung «-is». Statt Corolla, Starlet und Carina rollen Auris, Yaris und Avensis durch die Straßen. «Frauennamen sind heute unsexy und unmännlich - und kommen auch bei Frauen nicht an», erklärt Kircher.

Aber sind Autonamen überhaupt sinnvoll? Immerhin setzen Audi, Mercedes und BMW nach wie vor auf Zahlen und Buchstaben. «Ein Name ist ein Instrument, das ein Bild erzeugt. Zahlen und Ziffern sind schwerer zu behalten und rechtlich schwer zu schützen», sagt der Automobilexperte Prof. Ferdinand Dudenhöffer von der Fachhochschule Gelsenkirchen. Immerhin setze inzwischen sogar Porsche auf Namen, obwohl das Unternehmen Zahlenfolgen wie «911» sehr erfolgreich mit seinen Autos verknüpft habe.

Name muss dem Charakter entsprechen

Smart passt zu Smart Foto: dpa

«Der Name braucht keinen Sinn zu haben. Kunstnamen kann man selbst prägen. Er wird zum Synonym für das Auto - beim Passat denkt heute auch niemand mehr an einen Wind», sagt Dudenhöffer. «Namen wie Smart und Twingo passen zum Auto und wirken auf den Kunden. Es macht aber keinen Sinn, teuer und fest eingeführte Ziffern zu ersetzen - das wäre Quatsch.»

«Der Name muss dem Charakter des Autos entsprechen. Cayenne, Cayman und Boxster lassen nicht viele Fragen offen», sagt Namens- Schöpfer Manfred Gotta. Besonders Mercedes habe mit seinen Buchstaben -Kombinationen zunehmend ein Problem: «CLK, CLS - Das ist nicht mehr klar überschaubar», sagt Gotta.

Exotik und Abenteuer

Der Toyota Aygo Foto: AG/Mertens

Im neuen Jahrtausend ist mit dem Mittelmeer beim Autokäufer kein Blumentopf mehr zu gewinnen, sagt Kircher. Exotik und Abenteuer rufen, die Ferne ist gefragt. Extravagante Wortschöpfungen wie Aygo sollen angelehnt ans englische «I go» individuelle Mobilität vermitteln. Auf Namen mit einer allzu offensichtlichen Bedeutung verzichtet man lieber - zu verschieden sind die Käuferscharen geworden. (dpa/gms)

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