«Wir werden 2010 wieder wachsen»

Interview Mercedes-Vertriebschef Joachim Schmidt

Mercedes hat im November seinen Absatz deutlich steigern können. Im Interview mit der Autogazette spricht Vertriebschef Joachim Schmidt über das Krisenjahr, die Aussichten für 2010 und den Wettbewerb mit Audi und BMW.

Der Autobauer Mercedes blickt zuversichtlich auf das kommende Jahr. «Wir werden 2010 auf jeden Fall mehr Autos verkaufen als 2009», sagte Mercedes-Vetriebschef Joachim Schmidt im Interview mit der Autogazette. Mit Blick auf dieses Jahr rechnet der Manager damit, dass Mercedes das Jahr mit einem Minus von elf Prozent beenden wird.

«Positive Trendwende»

Autogazette: Herr Schmidt, Mercedes konnte im November weltweit die Auslieferungen um 19 Prozent zum Vorjahresmonat steigern. Ist das mehr als ein Hoffnungsschimmer für das nächste Jahr?

Joachim Schmidt: Es ist eine positive Trendwende, nachdem wir im ersten Halbjahr noch ein Minus von 20 Prozent zu verkraften hatten. Vor allem freut es mich, dass wir in den zurückliegenden drei Monaten Marktanteile hinzugewonnen haben. Wir waren hier besser unterwegs als unsere deutschen Wettbewerber.

Autogazette: Sie rechnen für das vierte Quartal mit einem Absatzplus gegenüber dem Vorjahr. Dennoch wird es am Ende des Jahres ein Minus geben. Wie hoch wird es ausfallen?

Schmidt: Ja, wir werden das letzte Quartal mit einem deutlichen Plus beenden. Für das gesamte Jahr 2009 gehe ich davon aus, dass wir bei einem Minus von elf Prozent liegen werden.

Autogazette: Würde Sie dieses Ergebnis zufriedenstellen?

Schmidt: Auf jeden Fall, da wir im Jahresverlauf teilweise ein Minus von bis zu 24 Prozent hatten. Vor dem Hintergrund dieser Zahlen bin ich zuversichtlich, dass wir im kommenden Jahr wieder wachsen werden. Wir werden 2010 auf jeden Fall mehr Autos verkaufen als 2009.

«Wachstum von 60 Prozent in China»

Der Mercedes S400 BlueHybrid Foto: Mercedes

Autogazette: In China konnten Sie auch dank der neuen E- und S-Klasse in den ersten elf Monaten 60.700 Fahrzeuge absetzen. Wie hoch wird das Wachstum im Vergleich zum Vorjahr in China ausfallen, über 60 Prozent?

Schmidt: Wir gehen in diesem Jahr von einem Wachstum um die 60 Prozent aus. Für das kommende Jahr habe ich meiner Vertriebsorganisation hohe Ziele gesetzt: bei einem Anhalten der guten konjunkturellen Situation in China halte ich im kommenden Jahr 100.000 Autos für möglich. Wir liegen derzeit in China zwar noch hinter Audi bei den verkauften Fahrzeugen, doch wir wachsen erheblich schneller als unser Mitbewerber.

Autogazette: Wobei Audi den neuen A8 gerade erst vorgestellt hat…

Schmidt:..ja, aber das wird nichts an dem Führungsanspruch der S-Klasse ändern. Weltweit sind wir bei den Verkäufen mit der S-Klasse viermal so stark wie der A8.

«Wir bieten S-Klasse mit Hybrid an»

Das neue E-Klasse Cabrio Foto: Mercedes

Autogazette: Doch Audi dürfte mit dem neuen A8 den Abstand auf Mercedes verkürzen können.

Schmidt: Ich äußere mich nicht zur Konkurrenz. Doch ich habe zur Kenntnis genommen, was Fachmedien berichtet haben: Sie haben geschrieben, dass es Audi nicht gelungen sei, dieses Auto leichter zu machen und es mit einem Hybrid auszustatten. Wir können unseren Kunden die S-Klasse bereits mit einem Hybrid anbieten - und das sogar ausgesprochen erfolgreich. So entfallen 20 Prozent der Gesamtverkäufe der S-Klasse mittlerweile auf den Hybrid.

Autogazette: Kann es sich ein Hersteller im Premiumsegment überhaupt erlauben, sein Flaggschiff ohne Hybrid anzubieten?

Schmidt: Das müssen Sie Audi fragen. Wir haben sehr viel Geld investiert, um unsere Motoren effizienter zu machen und unsere neuen Fahrzeuge für den Einsatz eines Hybridantriebs vorzurüsten. So wird in ein bis zwei Jahren die E-Klasse als Diesel-Hybrid folgen. Daneben arbeiten wir intensiv an Zero-Emission-Fahrzeugen.

Autogazette: Wird eine Marktdurchdringung mit Elektrofahrzeugen eigentlich nur mit Anreizsystemen des Staates zu erreichen sein?

Schmidt: Ja, wir hoffen auf derartige Anreizsysteme. So gibt es in Frankreich beispielsweise 5000 Euro, in Japan sind es 7000 Euro. Derartige Incentives brauchen wir zur Marktdurchdringung. Doch als Hersteller arbeiten wir an der Wirtschaftlichkeit und versuchen, diese Autos nur einige tausend Euro teurer anzubieten als Fahrzeuge mit Verbrennungsmotoren.

«Müssen führend sein»

Autogazette: Ab wann rechnen Sie damit, dass Elektroautos auch unter Absatzgesichtspunkten für Daimler relevant werden?

Schmidt: Für 2012 haben wir vor, den Smart in deutlich höheren Stückzahlen auf den Markt zu bringen als bislang. In 2010 werden wir auch die A-Klasse als Elektroauto auf den Markt bringen. Doch ab wann es für den Absatz relevant sein wird, kann ich nicht sagen. Eines ist klar: Wir sind auf den Zeitpunkt vorbereitet, bei dem eine große Nachfrage nach solchen Fahrzeugen einsetzt. Als Mercedes müssen wir in diesem Bereich als Erfinder des Automobils führend sein - und sind es auch.

Autogazette: BMW ist zur Jahresmitte aus der Formel 1 ausgestiegen, Mercedes verstärkt hingegen sein Engagement. Passt das noch in einen Zeit, in der das Thema Nachhaltigkeit für einen Hersteller im Vordergrund zu stehen hat?

Schmidt: Ja, warum denn nicht? Mercedes kommt aus dem Motorsport und wir bekennen uns zu dieser Tradition. Unser Engagement bei der Entwicklung nachhaltiger Mobilität zeigt doch, wie ernst wir dieses Thema nehmen. Unter Marketingaspekten ist das Thema Formel 1 für uns enorm wichtig, denn damit erreichen wir in wichtigen Ländern sehr gut unsere Kundschaft.

«Ausgaben deutlich reduziert»

Der Elektro-Smart in London Foto: Smart

Autogazette: Passt das Formel 1-Engagement zu einem Konzern, der Milliarden-Summen einsparen muss?

Schmidt: Wir haben unsere Ausgaben hier deutlich reduziert, werden vieles über Sponsoren abdecken. Insgesamt werden wir rund 60 Millionen Euro investieren, vielleicht etwas mehr.

Autogazette: Kann man ein solches Engagement denn seinen Mitarbeitern vermitteln, die um ihre Arbeitsplätze fürchten?

Schmidt: Wenn man sich bei den meisten unserer Mitarbeiter umhört, dann sind sie stolz auf die Erfolge in der Formel 1, vor allem, wenn sie mit einem deutschen Fahrer in Verbindung stehen.

Das Interview mit Joachim Schmidt führte Frank Mertens

Keine Beiträge vorhanden