Warten auf den Knopfdruck

Es ist eine der spannenden Fragen des kommen Jahres: Wann übernimmt Porsche den VW-Konzern? Wendelin Wiedeking sieht keinen Zeitdruck, allerdings sei für die Übernahme alles vorbereitet, sagt der Porsche-Chef.

Von Frank Heidmann und Eva Tasche

Wenn sich im Januar die internationale Autobranche wie jedes Jahr zur Autoshow in der US-Autometropole Detroit trifft, wird Porsche-Chef Wendelin Wiedeking fehlen. Der von ihm ohnehin ungeliebte Termin zu Jahresanfang findet erstmals ohne Porsche statt, weil man die Kunden auf anderen Messen wie in Los Angeles besser erreichen könne. Wiedeking könnte derweil im Ferienhaus im Schnee darüber nachdenken, wann er in Sachen VW-Übernahme den nächsten und vermutlich entscheidenden Zug macht.

Kein Zeitdruck bei Übernahme

Sollte der Auto-David Porsche den Goliath Volkswagen tatsächlich übernehmen, dürfte dies eines der spannendsten Ereignisse im Wirtschaftsjahr 2008 werden. Wiedeking, in Sachen Gehalt längst selber ein Goliath, hat allerdings klar gemacht, dass er keinen Zeitdruck sieht - «nicht morgen und nicht übermorgen», stehe eine Entscheidung bei VW an, sagte er im November. Um aber hinzuzufügen, dass alles vorbereitet sei und er sowie Porsche-Finanzchef Holger Härter nur auf den berühmten Knopf zu drücken brauchten. Und dies ganz offenbar mit voller Rückendeckung der Geldgeber, den Familienstämmen Porsche und Piëch.

Die Hoffnung von VW-Betriebsratschef Bernd Osterloh, Wolfgang Porsche und Ferdinand Piëch könnten sich im Mitbestimmungsstreit auf die Wolfsburger Seite schlagen, dürften spätestens dann zerstoben sein, als Porsche-Betriebsratsboss Uwe Hück nach einer Aufsichtsratssitzung im November ausdrücklich für die explizite Zustimmung der Familien zu den getroffenen Vereinbarungen dankte. Aber Osterloh will nicht aufgeben und hat jetzt Klage vor dem Landesarbeitsgericht in Stuttgart eingereicht.

VW vor unruhigen Zeiten

VW könnten also bald unruhige Zeiten bevorstehen. «Wiedeking wäre nicht Wiedeking, würde er nicht gnadenlos überhöhte Kostenstrukturen ansprechen», meint etwa Branchenspezialist Ferdinand Dudenhöffer vom Analyse-Institut CAR. Die «heiligen Kühe» in Wolfsburg und die starke IG-Metall hätten ihre besten Zeiten hinter sich. «Wiedeking lässt seine Finger in der Wunde» sagt der Experte.

Branchenbeobachter gehen davon aus, dass sich der Porsche-Chef nach der erwarteten Übernahme deutlich stärker einbringen wird. Prof. Willi Diez vom Institut für Automobilwirtschaft in Nürtingen/Geislingen meint sogar: «Ich gehe davon aus, dass Wiedeking bei VW die Geschicke über kurz oder lang selbst in die Hand nehmen, das heißt Vorstandsvorsitzender von VW werden wird. Als Mitglied des Aufsichtsrates kann er die Dinge nicht so schnell bewegen, wie er das möchte.»

Drastische Renditesteigerungen

Bei VW hat derweil gleich in mehrfacher Hinsicht eine neue Ära begonnen. Nach seinem ersten Jahr als Konzernchef hat VW-Boss Martin Winterkorn eine umfassende Modelloffensive und energische Schritte für eine drastische Renditesteigerung angekündigt. 20 neue Autos sollen in den nächsten Jahren auf den Markt kommen. Bis 2018 will Winterkorn mehr als elf Millionen Autos im Jahr bauen, nach über sechs Millionen in diesem Jahr und 5,7 Millionen 2006. Die Produktivität soll jedes Jahr um zehn Prozent steigen, der operative Gewinn von 5,8 Milliarden Euro in diesem Jahr auf 8,4 Milliarden Euro 2010 wachsen.

Auch die Lücken des Wolfsburger Autobauers auf den internationalen Märkten will Winterkorn ins Visier nehmen und dem erfolgreichsten Mitbewerber Toyota sowohl bei Absatz als auch bei Rendite Paroli bieten. In Russland hat der Wolfsburger Konzern soeben ein neues Werk eröffnet. Indien soll im März 2008 folgen. Auch der seit langem schwächelnde US-Markt soll neu aufgerollt werden.

VW blickt auf ein glänzendes Jahr zurück. Die Talfahrt auf dem deutschen Automarkt und das flaue Geschäft in Westeuropa sowie den USA konnte der Autobauer in anderen Regionen mehr als wettmachen, das Ergebnis stieg drastisch an. Autoexperte Dudenhöffer verweist jedoch darauf, dass VW derzeit eine Sonderkonjunktur durch das gute Lateinamerika- und China-Geschäft habe. Das werde nicht so bleiben. Lateinamerika sei labil, kein langfristiger Wachstumsträger und in China wetzten derzeit alle die Messer. Wenn er ein baldiger Sanierungs-Erfolg von Seat und im US-Geschäft ausbleibe, werde Wiedeking wohl schnell sehr unruhig werden. (dpa)

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