VW lässt Karmann-Mitarbeiter hoffen

Übernahme des Auto-Zulieferers

Beim Auto-Zulieferer Karmann sollen nach der Übernahme durch den VW-Konzern mindestens 329 Jobs erhalten bleiben. Ein entsprechendes Angebot wurde dem Insolvenzverwalter unterbreitet.

Bevor das Drama losging, hatte Deutschlands bekanntester Cabrio-Bauer noch mehr als 4200 Spezialisten unter Vertrag. Eineinhalb Jahre nach der Insolvenz der Traditionsfirma Karmann hat eine kleine Rumpfbelegschaft von 621 Beschäftigten nun gute Chancen, Unterschlupf im Volkswagen-Konzern zu finden. Neben 292 Mitarbeitern aus der Entwicklung will VW auch 329 Kollegen aus dem Presswerk, Werkzeug- und Anlagenbau in sein neues Osnabrücker Werk übernehmen. Ganz sicher sein können sich die "Karmänner" nach der Vorstellung des "Erwerberkonzepts" am Dienstag freilich noch nicht.

Verhandlungen vor dem Abschluss

Sowohl die Insolvenzverwaltung als auch die EU-Kommission in Brüssel müssen den Deal absegnen. Der drittgrößte Autobauer der Welt sieht seine Offerte zudem nicht als Ausdruck purer Mildtätigkeit, sondern als Investition in die eigene Zukunft. "Volkswagen schätzt das vorhandene Wissen am Standort Osnabrück", sagt Hubert Waltl, im VW-Markenvorstand zuständig für Produktion und Logistik. Eine vollständige "Prozesskette" von der Entwicklung über den Werkzeug- und Anlagenbau bis zur Herstellung der Fahrzeuge soll entstehen. Waltl gibt sich optimistisch: "Der traditionsreiche Automobilstandort Osnabrück blickt in eine erfolgreiche Zukunft."

Noch ist nichts in trockenen Tüchern. Die Insolvenzverwaltung glaubt aber fest an einen Erfolg der VW-Strategie. "Das ist ein Tag der Freude - für Karmann, für Osnabrück, für die ganze Region", meint Sprecher Pietro Nuvoloni. Es folge eine Reihe juristischer Prüfungen, die einige Wochen oder Monate dauern könnten. Insolvenzverwalter Ottmar Hermann werde sich jedoch "sorgfältig und wohlwollend" mit dem Wolfsburger Angebot auseinandersetzen. "VW war bislang ja auch ein sehr verlässlicher Partner für Karmann."

Im Sog der Krise

Der Niedergang der Cabrio-Schmiede begann, als Karmann in den Sog der Krise in der Automobilindustrie geriet. Anfang vorigen Jahres beschäftigte die Gruppe noch 4247 Mitarbeiter. Im April musste das Unternehmen dann Insolvenz anmelden. Die Fertigung des Mercedes CLK lief im Sommer 2009 aus, zum Jahresende war die Belegschaft in Osnabrück und Rheine um fast zwei Drittel auf 1489 Menschen geschrumpft. Zahlreiche Kündigungen riefen auch das Arbeitsgericht Osnabrück auf den Plan. Derweil fand fast jeder zweite in die Transfergesellschaft gewechselte Mitarbeiter einen neuen Job.

Zwar beschränkt sich der geplante VW-Einstieg offiziell auf den in der "Metallgruppe" konzentrierten Werkzeugbau, den Anlagenbau und die Pressarbeiten. Einige Mitarbeiter wird es überdies trotzdem treffen, sie können nicht übernommen werden. "Bei der Entwicklungssparte laufen die Gespräche aber weiter", sagt Nuvoloni. Aus Wolfsburg hieß es, die Verhandlungen stünden vor dem Abschluss. Nach Angaben des Konzerns soll die Integration im Frühjahr unter Dach und Fach sein.

"Unsere Aktivitäten zum Start der Golf-Cabrio-Produktion liegen exakt im Zeitplan", beteuert der Osnabrücker VW-Sprecher Ludger Teeke. Spekulationen um einen Kauf der Karmann-Dachsparte durch ein amerikanisch-chinesisches Bieter-Duo wollte die Insolvenzverwaltung keine weitere Nahrung geben: "Es gibt noch keine Entscheidung. Wir prüfen das alles - und zwar völlig ergebnisoffen", betonte Nuvoloni.

Die IG Metall erklärte sich bereit, VW beim Aufbau der Produktion in Osnabrück zu unterstützen. Der bestehende Übernahme-Tarifvertrag sei für den Entschluss entscheidend gewesen, erklärte Bezirksleiter Hartmut Meine in Hannover. Leider habe man nicht alle Arbeitsplätze erhalten können. Die übernommenen Kollegen profitieren laut Gewerkschaft aber von einer Job-Garantie bis 2014 - allerdings bei Verzicht auf Weihnachts- und Urlaubsgeld. Ein Jahr danach soll die Sonderbehandlung vorbei sein: "Ab 2015 gilt der Flächentarifvertrag." (dpa)

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Frank Mertens
Nach dem Studium hat er in einer Nachrichtenagentur volontiert. Danach war er Sportjournalist und hat drei Olympische Spiele begleitet. Bereits damals interessierten ihn mehr die Hintergründe als das Ergebnis. Seit 2005 berichtet er über die Autobranche.

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