Von Tränen, Trotz und Pannen

Kleine Zwischenbilanz zur Detroit Motorshow

Noch dauert die Automesse in Detroit bis zum 25. Januar an. Sie hat sich, wie erwartet, nicht als die große Weichenstellung erwiesen, sondern stand im Zeichen des heraufziehenden schwierigen Automobiljahr 2009. So bietet unsere Sammlung kleiner Nebensächlichkeiten denn auch kein einheitliches Bild, lässt aber dennoch tief blicken.

Von Martin Woldt

Die Absatzkrise der Automobilindustrie war in Detroit natürlich das alles bestimmende Thema. Allerdings beschrieb sie keiner der Autogewaltigen in so bedrohlichen Worten und mit so finsteren Blicken; um wiederum zugleich im nächsten Atemzug seine noch unerschütterlichere Überzeugung kundzutun, mit seinem Unternehmen besser als alle anderen über Zeit zu kommen: VW-Chef Martin Winterkorn.

Zetsches Stolperer

Zu den Publikumslieblingen in Detroit gehörte ohne Zweifel das von Audi vorgestellte Sportback Concept, das in zwei Jahren als A7 in Serie gehen dürfte. Als Daimler-Chef Dieter Zetsche wie nebenbei an der Audi-Ausstellungsfläche vorüber stürmte, missglückte sein angestrengtes Bemühen, von Audi eher keine Notiz zu nehmen, mehrfach. Wohl mindestens dreimal schraubte sich sein Kopf unwillkürlich in Richtung Sportback. Sein anschließender Stolperer ist unter Umständen kein gutes Omen für Mercedes im kommenden, dann wohl schärferen Wettbewerb unter den schicken, viertürigen Coupes, dessen Referenzmodell momentan noch Zetsches CLS ist.

Tränen bei Ford

Der Ford Mustang Shelby GT 500 Foto: Ford

Für den vielleicht berührendsten Moment auf der Messe sorgte Ford bei der Vorstellung des Mustang Shelby GT500. Das Auto wurde von seinem Namenspatron und früheren ersten Designer Caroll Shelby hereingefahren. Der feierte an diesem Tag seinen 85. Geburtstag und bat aus tiefstem Herzen, unter Anspielung auf die Existenzbedrohung auch seines einstigen Arbeitgebers, dafür zu sorgen, dass Ford auch an seinem 90. wieder einen Shelby vorstellen werde. Was ihm mit feuchten Augen versprochen wurde.

Lehrstunde in italienisch

Der von Walter Di Silva entworfene VW-Roadster BlueSport Concept Foto: Volkswagen

Bei der Präsentation des VW Konzept-Roadsters BlueSport blieb Designchef Walter Di Silva mit der Mikrofonschnur gleich zu Beginn in der Tür hängen. Die Episode brachte ihn so aus der Fassung, dass er bei seinem Vortrag nur noch auf seine Muttersprache - das Italienische - zurückgreifen konnte. Doch obwohl seinem südländischen Schwelgen über Kurven und Formen der Sprachkenntnisse wegen die wenigsten Zuhörer folgen konnten, quittierte das Publikum seine «italienische Lehrstunde» mit heftigem Beifall.

Spaßig und sinnfrei

Das Mini Cabrio kommt 2009 Foto: BMW

Das vielleicht verrückteste Spaßauto, das zugleich nicht den geringsten Anflug von Kritik einstecken musste, war das neue Mini Cabrio. Der schicke Kurze mit Faltdach firmiert als vollwertiger Viersitzer. Allerdings kann jede Reisetasche im Kofferraum im Vergleich zu den Sträflingen auf der Rückbank im Raumgefühl schwelgen. Füße bei Rückbankpassagieren sind hier nicht vorgesehen. Dafür besitzt das Auto aber einen „Allways-Open-Timer“, eine Uhr, die automatisch die Zeit misst, wie lange man das Stoffdach geöffnet hält. Darauf angesprochen zuckte Markenchef Armbrecht nur mit den Achseln. Was wohl so viel heißen sollte: So sind sie eben die Minikunden. Sie geben im Durchschnitt 3.500 Euro für Extras aus.

Skandinavische Schönheit

Die "fließende" Mittelkonsole im Volvo S60 Concept Foto: Volvo

Das womöglich schönste Auto der Messe war der S60 Concept von Volvo. Es besitzt nicht nur keine B-Säule oder Türen, die wie üblich mit Winkeln an der Karosse angeschlagen sind. Vielmehr öffnen Sie sich seitlich auseinander gleitend, an horizontalen Hydraulikhebeln befestigt. Wie Chefdesigner Steve Mattin außerdem erläuterte, symbolisiert die kristallene, dem Fahrer zugeneigte Mittelkonsole des Autos einen der schwedischen Landschaft abgeguckten Bachlauf. Er „entspringt“ demnach im Armaturenträger schlängelt sich an der Handbremse vorbei und verschwindet zwischen den beiden hinteren Sitzen. „Das soll zeigen, was möglich ist“, sagte Mattin in einem Anflug von Bedauern. Denn der Serien -S60, der 2010 auf den Markt kommt, hat wieder familientaugliche fünf, statt vier Sitze, natürlich eine B-Säule und leider auch keine transparente Mittelkonsole aus Kristall. Wie schade.

Keine Beiträge vorhanden