Verführung auf tschechisch

Faurecia möchte das Schattendasein der Zuliefererbetriebe beenden. Dafür hat der zweitgrößte Autozulieferer in Europa einen Tatra 603 in eine extravagante Luxuslimousine verwandelt.

Von Thomas Flehmer

Faurecia ist wieder zurück. Nachdem der zweitgrößte Automobilzulieferer in Europa vor eineinhalb Jahren wegen einer Schmiergeldaffäre die Schlagzeilen beherrschte, schmiert die Töchter des PSA Peugeot Citroen-Konzerns nun wieder mit eigenen Produkten um die Gunst der Unternehmen. Mit dem Konzeptfahrzeug Premium Attitude, einem umgebauten Tatra 603 aus dem Jahr 1972, soll die Potenz des Zulieferers unter Beweis gestellt werden.

Trend zu Premium

«Die Premium-Idee ist der wichtigste große Trend, der die Automobilindustrie derzeit kennzeichnet», sagt Faurecia-Vizepräsident Jacque Mauge. So hat sich ein rund 20 Mann starkes, Team aus Deutschland, Frankreich und den USA unter der Führung von Chefdesigner Thorsten Süss ein Jahr lang mit der «tschechischen E-Klasse» beschäftigt und das Ergebnis in Los Angeles und Berlin vorgestellt. Der Tatra wurde deshalb gewählt, weil der von den Innenraum-Maßen den deutschen Premiummodellen von Mercedes, Audi oder BMW sehr ähnelt.

Für Süss waren dabei drei Schlüsselpunkte wegweisend: «Es muss eine einfache Bedienoberfläche vorhanden sein, eine Funktionalität, die nicht sichtbar ist, sowie viel Liebe zum Detail.» Insgesamt zehn neue Innovationselemente verbauten die Innenraumspezialisten im Tatra.

Club-Atmosphäre statt schnöder Innenraum

Luxuslounge inklusive Foto: Faurecia

Besonders auffallend ist zunächst der rote Schein im Fußraum, der zum Einsteigen einlädt, wenn die gegenläufig öffnenden Türen weit auseinander schwingen. Der warme Farbton mit den großflächigen Echtholzverkleidungen vermittelt eher Clubatmosphäre denn Fahrzeug-Innenraum.

Das Luxus-Lounge-Gefühl wird dann mit der multifunktionalen Rücksitzbank erweitert. Die Sitze, auch vorn, passen sich dem jeweiligen Passagier an. Eine normale Armlehne fehlt zunächst, sie fährt erst auf Knopfdruck aus.

Neues Lüftungssystem

Lautlose Lüftungsdüsen Foto: Faurecia

Ebenso schwebt die Mittelkonsole zwischen den Vordersitzen mit. Mit dem auf der Innenseite angebrachten Controller können dank neuer Technologie, die sich am Bluetooth-System anlehnt, alle mobilen elektronischen Geräte bedient werden.

Sichtbar wird die Benutzung des jeweiligen Gerätes im Monitor, der in die selbsttragende Instrumententafel integriert wurde. Durch das Fehlen des Querträgers entsteht mehr Platz für die Insassen. Der Luftfahrt entnommen ist das neue Lüftungssystem, das weder rauscht, noch den Insassen den Strom ins Gesicht bläst.

In Dialog mit Herstellern treten

Instrumententafel ohne Querträger Foto: Faurecia

Doch das exklusive Cluberlebnis im Tatra wird ein Traum bleiben. Nicht aber die gezeigten Elemente im Innenraum. «Sie sind realisierbar und es ist natürlich auch gewollt, diese zu realisieren. Einige Hersteller haben bereits ihr Interesse bekundet - und die gezeigten Innovationen sind bereits in der nächsten Fahrzeuggeneration einsetzbar», sagte Faurecia-Pressesprecherin Kirsten Lattewitz.

Über die Designstudie Premium Attitude möchte Faurecia mit Designern und Produktplanern sowie dem Management der Fahrzeughersteller in Dialog treten, bevor neue Fahrzeugprojekte starten, heißt es. Mit dem umgebauten Tatra hätte die Fahrt aber gleich schon losgehen können - so sehr schmiert die Limousine die Sinne.

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