Spekulationen um VW-Neuordnung

Geht VW-Markenvorstand Wolfgang Bernhard? Wie werden die Marken des VW-Konzerns neu gruppiert? Nach dem Abgang von Konzernchef Bernd Pischetsrieder ist in Wolfsburg vieles unklar.

Von Eva Tasche

Die Nachricht über die Ablösung von Bernd Pischetsrieder war noch ganz frisch - da wollten schon einige Auguren wissen, dass dies nicht der einzige Abschied im VW-Vorstand bleiben werde. Auch VW-Markenvorstand Wolfgang Bernhard werde wohl gehen, hieß es. Hartnäckig hält sich das Gerücht bereits seit einer Woche. Bernhard selbst hat sich bisher nicht dazu geäußert - zumindest nicht öffentlich, nirgendwo. Die Ansichten unter Beobachtern sind geteilt. Die Mehrheit im Aufsichtsrat würde Bernhard gerne halten, heißt es in Branchenkreisen.

Die Chemie zwischen Bernhard und Winterkorn

Allerdings gibt es auch nicht wenige, die einen Abgang von Bernhard für unwahrscheinlich halten. Der Manager steckt als maßgebliche Kraft mitten in der VW-Sanierung. Weder gebe es in der Auto-Industrie einen anderen vergleichbaren Job für ihn, noch habe er anderswo die Perspektive auf den Chefsessel, argumentieren sie. Bei VW sei diese Aussicht ja trotz der Berufung des 59 Jahre alten Audi-Chefs Martin Winterkorn zum Nachfolger Pischetsrieder nicht verbaut. Der 46-jährige Bernhard könne dort in fünf Jahren noch zum Zuge kommen. Zudem hatte sich sein Freund, Daimler-Chrysler-Boss Dieter Zetsche, bezüglich eines Angebots aus Stuttgart kürzlich sehr zurückhaltend geäußert.

Andererseits gilt das Verhältnis von Bernhard und seinem künftigen Chef Winterkorn als unterkühlt. Die «Chemie» zwischen den beiden Top- Managern stimme nicht, heißt es. Angeblich hat Bernhard bereits im Mai im kleinen Kreis mit seinem Rückzug gedroht, falls Winterkorn VW-Chef würde, schreibt das «Handelsblatt». Im Konzern werden solche Berichte nicht kommentiert. Fest dürfte aber stehen, dass die schwierige VW-Sanierung bei einem Ausstieg Bernhards erst einmal einen Dämpfer erhalten würde.

So sagt der Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer von der Fachhochschule Gelsenkirchen: «Wenn Bernhard weggeht, haben die niemand, der die Sanierung durchführt.» Mit der Neuordnung der Marken, wie sie Winterkorn angeblich plant, sei ja noch nichts gewonnen, sagt Dudenhöffer. «Da werden nur Logos hin und her geschoben.» Es komme vielmehr darauf an, die Fabrikorganisation zu optimieren, hart durchzugreifen in den Arbeitsabläufen und die Konstruktionen zu vereinfachen, um preisgünstigere Autos bauen zu können. Und dafür stehe Bernhard.

Gerade noch im Plus

«Er ist der richtige Mann, um den Laden umzukrempeln», sagt Dudenhöffer. Vor allem müsse VW aufpassen, sich nicht weiter das gesamte untere Segment an kleinen billigen Autos wegschnappen zu lassen. Denn dort liege «das große Wachstum» - vor allem auch in den aufstrebenden Ländern wie China, Osteuropa oder Russland. Dudenhöffer ist überzeugt, dass der große Strippenzieher bei VW, Aufsichtsratschef Ferdinand Piëch, Bernhards Wert für den Konzern zu schätzen weiß. Bezüglich der möglichen Rivalitäten zwischen Bernhard und Winterkorn werde er schon für Ruhe sorgen.

Früher einmal hatte Piëch selbst Bernhard als Nachfolger Pischetsrieders ins Gespräch gebracht. Der scheidende VW-Chef hatte Bernhard Anfang 2005 nach Wolfsburg geholt, um die kränkelnde Marke VW zu sanieren. Er galt als der große Hoffnungsträger und zunächst auch Kronprinz.

Im vergangenen Jahr hat Volkswagen nur durch ein hartes Sparprogramm überhaupt noch Geld verdient. Ohne die 3,5 Milliarden Euro im Programm »ForMotion» wäre VW in die operative Verlustzone geraten. Besonders das Rückgrat des Autobauers - die Kernmarke VW - war nur ganz knapp an roten Zahlen vorbei geschrammt.

«Echte Volkswagen» gesucht

Bei den jüngsten Tarifgesprächen mit der IG Metall wurden zwar Entlastungen auf der Kostenseite vereinbart, wie etwa längere Arbeitszeiten ohne Lohnausgleich. Verbesserungen in Arbeitsprozessen und in der Konstruktion der Autos stehen aber noch aus. Dabei hat Bernhard immer wieder betont, er wolle sich auf frühere Vorzüge von VW besinnen und wieder bezahlbare Autos, eben echte Volkswagen, bauen. Dagegen kommt Winterkorn von der Premiummarke des Konzerns. Und Piëch ist viel kritisiert worden für seinen teuren Ausflug ins Luxussegment mit dem Phaeton. Volkswagen sind immer teurer geworden, und haben der Konkurrenz aus Fernost - allen voran Toyota - damit Marktanteile überlassen.

Wie es jetzt weiter geht bei VW, das muss eine neue Führung entscheiden. Dem Vernehmen nach will die neue Spitze die Markengruppen neu aufteilen. Die Gruppe VW, die von Bernhard geführt wird, bekäme die Zuständigkeit für alle Volumenmodelle. Neben VW und Skoda käme mit Seat ein Sanierungsfall dazu. Das könnte für Bernhard ja auch Machtzuwachs bedeuten, sagt der Autoexperte der Nord/LB, Frank Schwope. An diesem Freitag will der Aufsichtsrat den Führungswechsel bei Europas größtem Autobauer absegnen. Die Ära Pischetsrieder ist damit besiegelt und ein neues Kapitel beginnt. Die Seiten sind noch unbeschrieben und sein Ende ist offen. (dpa)

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