Sebastian Vettel jüngster Formel-1-Weltmeister

Herzschlagfinale in Abu Dhabi

Sebastian Vettel ist beim letzten Formel-1-Rennen der Saison am Sonntag in Abu Dhabi zum Weltmeistertitel gefahren. Der Heppenheimer vom Red Bull-Team siegte souverän und konnte am Ende sein Glück kaum fassen.

Er schluchzte und schrie vor Glück, er ballte die Fäuste, schlug die Hände vors Gesicht und konnte es auch Stunden danach nicht fassen: Sebastian Vettel hat im nervenzerreißenden Herzschlag-Finale die Sensation geschafft und sich zum jüngsten Weltmeister der Formel-1-Geschichte gekrönt. Mit seinem souveränen Sieg beim Großen Preis von Abu Dhabi holte der Heppenheimer Red-Bull- Pilot am Sonntag die 15 Punkte Rückstand auf den flatternden Ferrari- Star Fernando Alonso auf, der den notwendigen vierten Platz am Sonntag klar verpasste und nach einer Taktik-Pleite nur Siebter wurde.

Vettel erhält Glückwünsche von Merkel

"Ich kann noch nicht glauben, dass dies passiert ist", meinte Vettel, dem auch Bundeskanzlerin Angela Merkel zum historischen Triumph gratulierte. "Ich beglückwünsche Sebastian Vettel sehr herzlich zum Weltmeistertitel. Im letzten Rennen noch nervenstark das Blatt zu wenden - das zeigt die Klasse eines wahren Champions."
Im heimischen Heppenheim schrien und brüllten sie ihre unbändige Freude beim Public Viewing hinaus, Vettel selbst stockte nach der Zieldurchfahrt dagegen erstmal die Stimme. "Unglaublich. Danke Jungs. Ich liebe euch", brachte er gerade noch so heraus. "Ich wusste wirklich bis zur Ziellinie nicht, ob das reicht, was wir hier abliefern oder nicht", erklärte Vettel.

"Ich habe glaub' ich vergessen zu atmen in den letzten Runden", meinte Teamchef Christian Horner, der vor einer Woche mit Vettel und Mark Webber schon den WM-Titel bei den Konstrukteuren feiern durfte. "Es ist ganz einfach wirklich gewaltig gewesen. Sebastian ist unglaublich", betonte Red-Bull-Besitzer Dietrich Mateschitz ergriffen.

Spannendster Finale der Formel 1-Geschichte

Nach einer Saison auch mit Pleiten und Pannen lief im spannendsten Finale der Formel-1-Geschichte für Vettel alles nach Plan. Hinzu kam, dass Ferrari sich eine taktische Fehlzündung leistete, die sogar in Italiens Regierung Rufe nach einem Rücktritt von Ferrari-Präsident Luca di Montezemolo aufkommen ließen. Der auf Platz sieben geschlagene Alonso, der nach dem zermürbenden Duell mit Witali Petrow (Renault) dem Russen sogar drohte, gab sich nach einer kurzen Abkühlung im über 30 Grad heißen Wüsten-Emirat aber sportlich: "Es war alles fair und sauber. Da kannst Du nur gratulieren."

Nicht nur von Petrow und dessen Renault-Teamkollegen Robert Kubica profitierte Vettel. Auch Schumacher und dessen Mercedes-Mitstreiter Nico Rosberg leisteten Schützenhilfe. Die Safety-Car-Phase nach dem Crash des siebenmaligen Weltmeisters in der ersten Runde nutzte Rosberg zum frühen Reifenwechsel. Er sicherte sich dank der pfiffigen Strategie den vierten Platz. Genau der hätte Alonso zum dritten WM- Triumph nach 2005 und 2006, damals noch im Renault, gereicht.

Während die weiteren deutschen Piloten Nick Heidfeld (Mönchengladbach/Sauber) als Elfter, Adrian Sutil (Gräfelfing/Force India) als 13., Nico Hülkenberg (Emmerich/Williams) als 16. und Timo Glock (Virgin/ausgeschieden) nur eine Nebenrolle spielten, machte Vettel das Märchen vor der atemraubenden Kulisse aus 1001 Nacht wahr. Es reichte zur schier unglaublichen Punktlandung des Überfliegers, der bis dahin noch nie die WM-Wertung angeführt hatte. "Super gemacht", gratulierte ihm Rekordweltmeister Schumacher im Hafen von Abu Dhabi: "Er hat ein fantastisches Jahr hinter sich."

Vettel zweiter deutscher Weltmeister

Vettel ist erst der zweite deutsche Weltmeister der Formel 1 überhaupt - zur Feier des besonderen Tages lief er mit Deutschland- Fahne durchs Fahrerlager. Und mit 23 Jahren und 134 Tagen löste er Lewis Hamilton, der als Zweiter ins Ziel beim 19. und letzten Saisonlauf kam, ab. "Er hat es sich verdient. Aber wir werden nächstes Jahr zurückkommen", kündigte Hamilton an. So wie der Brite verneigte sich praktisch das gesamte Fahrerlager und der deutsche Sport vor dem neuen Superstar, der sich seinen Lausbuben-Charme bewahrt hat. "Mit Talent, Selbstbewusstsein und Disziplin hat er in jungen Jahren Sportgeschichte in der Formel 1 geschrieben", sagte Fußball-Bundestrainer Joachim Löw.

Beim ersten Showdown mit vier WM-Kandidaten wurde schon der Start zum Thriller. Vettel kam eher mäßig in die Gänge, Hamilton versuchte gleich in der ersten Kurve innen vorbeizukommen. Während Alonso die Attacke von Ex-Champion Jenson Button (McLaren) nicht abwehren konnte und nach nur wenigen Metern auf Rang vier zurückfiel, verteidigte Vettel energisch seine zehnte Pole in dieser Saison. Webber, der am Ende Achter wurde, blieb auf Platz fünf.

Nach Schumachers Einlage, die das Safety Car bei dessen 250. Renneinsatz auf den Plan rief, wurde der Große Preis von Abu Dhabi in Runde sechs wieder freigegeben. Zwischenzeitlich drohten Probleme mit den Reifen einen Strich durch die gewagte Triumph-Rechnung Vettels zu machen. "Gib dein Bestes", funkte Vettels Renningenieur, dem die Nervosität deutlich anzumerken war. So viel habe dieser in den vorherigen Rennen nie mit ihm gesprochen, erzählte Vettel mit verschmitztem Grinsen. Bei Ferrari herrschte ein anderer Ton: "Ich weiß, dass Du dein Bestes gibst, aber es ist kritisch", bekam der Spanier Alonso via Boxenfunk zu hören. Genau wie das: "Nutze Dein Talent, wir wissen doch wie groß es ist."

Mit Vettels Boxenstopp à la carte wuchs die Hoffnung des Hessen auf den Sieg weiter. Als auch Button die Reifen wechseln ließ, lag Vettel wieder in Führung auf dem 5,554 Kilometer langen Kurs. Die Mechaniker schickten Stoßgebete gen nächtlichem Himmel und Vettel machte nach 55 Runden und in 1:39:36,837 Stunden sein Meisterstück perfekt. Vier Punkte Vorsprung nach 19 Rennen auf Alonso. Webber wurde WM-Dritter mit 14 Punkten weniger. "Wir haben einen Typen im Team, der alle Formel-1-Weltmeister seit 1950 aufzählen kann, man muss ihn nur nach dem Jahr fragen. Jetzt Teil dieser Liste zu sein, zusammen mit Michael (Schumacher) und (Ayrton) Senna - mir fehlen die Worte", meinte Vettel. (dpa)

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Frank Mertens
Nach dem Studium hat er in einer Nachrichtenagentur volontiert. Danach war er Sportjournalist und hat drei Olympische Spiele begleitet. Bereits damals interessierten ihn mehr die Hintergründe als das Ergebnis. Seit 2005 berichtet er über die Autobranche.

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