Noch keine Entscheidung zu Opel-Zukunft

Nach Gipfel im Kanzleramt

Die 26.000 Opelaner müssen weiter bangen: Bund, Länder sowie potenzielle Investoren und Vertreter der US-Regierung haben sich weder auf eine staatliche Brückenfinanzierung noch auf ein Treuhand-Modell für Opel verständigen können.

Die 26 000 Opel-Beschäftigten in Deutschland müssen weiter bangen: Bund, Länder sowie potenzielle Investoren und Vertreter der US-Regierung haben sich bei einem Spitzentreffen im Berliner Kanzleramt weder auf eine staatliche Brückenfinanzierung noch auf ein Treuhand-Modell für Opel verständigen können. Eine Lösung wird nun für diesen Freitag angestrebt.

Kritik an US-Regierung

Vertreter von Bundesregierung und Länder übten am Donnerstagmorgen nach den gut achteinhalbstündigen Verhandlungen scharfe Kritik an der Verhandlungsführung der US-Regierung. Die Amerikaner hätten gleich zu Beginn der Gespräche neue Forderungen gestellt. Das Bieterrennen um Opel entscheidet sich nun nur noch zwischen Fiat und Magna. Der US-Finanzinvestor Ripplewood ist nicht mehr im Spiel. Auch ein chinesisches Unternehmen hatte zuletzt Interesse gezeigt.

Der Opel-Mutterkonzern General Motors (GM) meldete den Angaben zufolge einen zusätzlichen Liquiditätsbedarf für Opel von 300 Millionen Euro an. Bisher war von einem Überbrückungskredit von Bund, Ländern und Banken von 1,5 Milliarden Euro die Rede. Auch die potenziellen Investoren müssten nacharbeiten, hieß es nach dem Treffen, an dem auch die Konzernchefs vom italienischen Fiat-Konzern und dem kanadisch-österreichischen Zulieferer Magna teilnahmen.

Mit neuen Zahlen konfrontiert

Wirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) kritisierte, dass Berlin mit neuen Zahlen und Überraschungen konfrontiert worden sei. Es seien weitere Forderungen an das US-Finanzministerium gestellt worden. Bis Freitag würden Antworten erwartet. Eine Opel-Insolvenz stehe weiter im Raum für den Fall, dass Sicherheiten fehlten. Das Ausfallrisiko der Finanzhilfe müsse gering bleiben.

Gelegentlich habe man sich über die Verhandlungsführung «des einen oder anderen Gastes» gewundert, sagte Guttenberg. «Wir dürfen schon feststellen, dass die Treasury (US-Finanzministerium) sich auch noch etwas mehr Mühe hätte geben können, was die Auswahl ihrer Vertreter anbelangt», sagte ein sichtlich verärgerter Wirtschaftsminister.

Es würden nun für Freitag Lösungen erhofft, die zumindest eine Perspektive böten, sagte Guttenberg weiter. «Wir haben noch nicht die Sicherheiten, die wir brauchen, um bereits heute eine Brückenfinanzierung zusichern zu können.»

Magna favorisiert

Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) nannte es überraschend, dass GM einen «erheblich höheren» Finanzbedarf angemeldet und einen kurzfristigen Zahlungstermin genannt habe. Dies sei eine «gewisse Zumutung» gewesen. Nach seinen Angaben wird nur noch mit Magna und Fiat weiterverhandelt. Beide müssten nun weitere Hausaufgaben machen. Der US-Finanzinvestor Ripplewood sei «abgewählt» worden.

Aus Teilnehmerkreisen hieß es, Bund und Länder favorisierten zunehmend Magna. Nach Angaben des hessischen Ministerpräsidenten Roland Koch (CDU) ist der Zulieferer auf Forderungen aus Nordrhein- Westfalen eingegangen, in Bochum durch neue Autoprojekte weniger Personalabbau anzustreben als bisher geplant. Betriebsbedingte Kündigungen sollen vermieden werden. Laut Guttenberg haben Magna und Fiat die gleichen Chancen. Vom chinesischen Unternehmen BAIC sei eine zweiseitige Absichtserklärung eingegangen, die ausbaufähig sei.

Unzureichende Sicherheiten

Auch Steinbrück nannte die bisherigen Sicherheiten für einen Überbrückungskredit unzureichend. Magna wolle helfen, den zusätzlichen Finanzbedarf eventuell mit zu lösen. «Das scheint mir sehr attraktiv zu sein, was dieser Investor dort vorgelegt hat.» Voraussetzung sei, dass der Treuhandvertrag stehe und die Sicherheiten übertragbar seien, sagte Steinbrück weiter. Auch müsse klar sein, auf welches Konto ein Überbrückungskredit überwiesen werden könne. Das Geld dürfe nicht aus Deutschland abfließen.

Koch sagte, ein großer Teil der Probleme in der Spitzenrunde sei durch die neuen Zahlen von GM und «einer nicht gerade sehr hilfreichen Verhandlungsweise der amerikanischen Seite» entstanden. Er betonte, dass eine Zwischenfinanzierung nicht sinnlos sein dürfe. «Das bedeutet, dass es eine Perspektive für einen Investor am Ende der Zeit gibt.»

Bochums Betriebsrat zufrieden

Die zwischen Bund und Ländern vereinbarte Obergrenze von 1,5 Milliarden Euro werde auf jeden Fall beibehalten. Mit der Lücke müsse nun GM umgehen. «Nicht jede Verantwortung von General Motors kann auf die zusätzliche Rechnung von Bund und Ländern gehen.» Magna-Gründer Frank Stronach bekräftigte das große Interesse seines Unternehmens, zusammen mit russischen Partnern bei Opel einzusteigen und den Autobauer zu einer Weltmarke zu führen.

Der Betriebsratschef des Bochumer Opelwerks, Rainer Einenkel, hat sich positiv über das Opel-Spitzentreffen in der vergangenen Nacht in Berlin geäußert. «Es ist wichtig, dass die Politiker bereit sind zu helfen», sagte Einenkel der Deutschen Presse-Agentur dpa am Donnerstag in Bochum. Wichtig sei, dass der mögliche Investor Magna sein Konzept nachgebessert habe, was den zunächst geplanten Stellenabbau in Deutschland und vor allem in Bochum betreffe. «Das ist die Mindestvoraussetzung gewesen, dass keine betriebsbedingten Kündigungen kommen.» Nun müsse man hoffen, dass sich das im Laufe der weiteren Verhandlungen bestätige. (dpa)

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