Mehr als 100 Beschuldigte

Schmiergeldaffäre bei MAN

In die Schmiergeldaffäre beim Nutzfahrzeughersteller MAN sind mehr als 100 Personen involviert. Vorstände des Konzerns sind offensichtlich nicht betroffen.

Das Ausmaß der Schmiergeld-Affäre beim Maschinenbau- und Nutzfahrzeugkonzern MAN ist deutlich größer als bisher bekannt. Nach bundesweiten Durchsuchungen gebe es weit mehr als 100 Beschuldigte, teilte die Staatsanwaltschaft München am Montag mit. Betroffen seien sowohl Vertriebsmitarbeiter als auch mögliche Empfänger verdächtiger Zahlungen. Zwei Männer wurden in der vergangenen Woche verhaftet, einer von ihnen kam nach seiner Vernehmung auf freien Fuß.

Vorstände nicht betroffen

Gegenwärtige Vorstandsmitglieder des Konzerns seien nicht betroffen gewesen, erklärte die Behörde. Nähere Angaben machte Oberstaatsanwalt Anton Winkler aber auf Nachfrage nicht. Die Staatsanwaltschaft geht von einem regelrechten Schmiergeld-System bei MAN aus.

An den Durchsuchungen beteiligten sich rund 300 Polizeibeamte aus allen Bundesländern, davon alleine 80 am Konzernsitz in München, sowie 100 Steuerfahnder und 26 Staatsanwälte. Bei den Ermittlungen gehe es um den Verdacht der Bestechung und der Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr sowie Steuerhinterziehung, erklärte die Staatsanwaltschaft. «Aufgrund der bisherigen Erkenntnisse besteht der Verdacht, dass bei der MAN Nutzfahrzeuge AG ein System zur Förderung des Absatzes von Lkw und Bussen im Bundesgebiet existierte.» Die Ermittlungen beträfen die Jahre 2002 bis 2009. Zunächst war lediglich vom Zeitraum 2002 bis 2005 die Rede gewesen.

Zahlungen über eine Million

Die Ermittler gehen dem Verdacht nach, dass vor allem im Lastwagen-Geschäft Verkäufer in den Niederlassungen Bestechungsgelder an Mitarbeiter von MAN-Kunden zahlten, um den Verkauf anzukurbeln. Das Geld sei teilweise über Konten von Angehörigen und Freunden der Empfänger geflossen. Allein in Deutschland werden für die Jahre 2002 bis 2005 Zahlungen von rund einer Million Euro geprüft. Im Ausland geht es dem Vernehmen nach um rund 13 Millionen Euro.

MAN wollte mit Verweis auf die laufenden Ermittlungen keine Stellungnahme abgeben. Ein Sprecher bekräftigte aber, dass der Konzern in vollem Umfang mit der Staatsanwaltschaft kooperiere. Das Unternehmen war selbst bereits in den vergangenen Jahren auf Unregelmäßigkeiten bei Provisionszahlungen gestoßen und hatte sich später auch von einigen Mitarbeitern getrennt. Nach Bekanntwerden der Durchsuchungen leitete MAN in der vergangenen Woche eine Sonderprüfung in die Wege und will dafür auch externe Experten konsultieren. Die Ergebnisse der Untersuchung sollen den Ermittlern zur Verfügung gestellt werden.

Die Staatsanwaltschaft vermutet, dass die Zahlungen unter anderem über Briefkastenfirmen in Malta, auf den Bahamas, den British Virgin Islands, Zypern, London und New York abgewickelt wurden. Auch Barzahlungen soll es gegeben haben. Bei den Ermittlungen müssten nun die Anlässe und Empfänger der Zahlungen festgestellt werden. Bei den Durchsuchungen seien umfangreiche Daten sichergestellt worden, sagte Winkler. Zu den einzelnen Ländern könnten bisher noch keine Angaben gemacht werden.

Zuletzt hatte ein milliardenschwerer Schmiergeld-Skandal beim Elektrokonzern Siemens die deutsche Wirtschaft erschüttert. Die Staatsanwaltschaft München geht aber weiterhin davon aus, dass der Fall MAN von der Dimension her kleiner ist. Siemens hatte sich erst Ende 2008 mit den Behörden in Deutschland und den USA auf Geldbußen von insgesamt einer Milliarde Euro geeinigt. (dpa)

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