Luxus hat einen Namen: Rolls Royce

Bei Rolls Royce entstehen die Luxuskarossen fast vollständig nur nach den Wünschen der Kunden. So wird den Komponenten im Innenraum mehr Wert beigemessen als dem eigentlichen Zusammenbau.

Von Thomas Flehmer

Es war spät, aber noch nicht zu spät. Im Januar 2003, im 100-jährigen Bestehen des Unternehmens, begann Rolls Royce mit dem neuen Flaggschiff Phantom den Neustart unter der Federführung von BMW. Im neuen Werk von Goodwood in der Nähe von Southampton verlassen nach einem schweren Start mit lediglich 300 verkauften Fahrzeugen nun gut 800 Luxuskarossen die Hallen. Neben dem Verkaufsprozess musste der absolute Premium-Hersteller vor allem die speziellen Kundenwünsche erfüllen. «Wir haben schnell gelernt, flexible Plattformen für die speziellen Bedürfnisse anzulegen», sagt Ian Robertson, Chairman and Chief Executive von Rolls Royce.

95.000 potenzielle Kunden

Wie wichtig dieser Schritt war, zeigt der steigende Anteil im Super-Luxus-Segment. Gab es 1996 lediglich 5000 Käufer von absoluten Nobelfahrzeugen auf der Welt, ist die Zahl zehn Jahre fast sechs Mal größer. Laut Robertson gibt es derzeit sogar «95.000 Menschen auf der Welt mit einem Vermögen von mindestens 30 Millionen Dollar», die zum engeren Kundenkreis gezählt werden können.

Mit der eigenen Modellpalette konnten die Briten im vergangenen Jahr 33 Prozent Marktanteil im Segment der über 200.000 Euro und gar 58 Prozent im Segment der über 300.000 Euro teuren Limousinen abgreifen. Allein in diesem Jahr steigerte der Hersteller seinen Absatz bis Ende September um 21,9 Prozent. Mit 579 Fahrzeugen konnten schon 104 mehr Autos verkauft werden als zum selben Zeitpunkt im Vorjahr.

Small Car in Planung

Ein Arbeiter passt das Leder an Foto: AG/Flehmer

Hinzu kommt, dass sich das Durchschnittsalter um stolze zehn Jahre auf rund 55 Jahre gesenkt hat. Das offene Cabrio trägt dem «Jugendwahn» Rechnung. Zudem plant RR ab 2009 ein Small Car zu produzieren. Bereits ein Jahr zuvor wird ein Coupé mit festem Dach die Phantom-Familie komplettieren.

Doch viel wichtiger als der eigentliche Fahrzeug-Zusammenbau ist das Eingehen auf die individuellen Bedürfnisse. Von den insgesamt 550 Arbeitern, 100 Leihkräften und 50 Auszubildenden, sind «mehr Arbeiter für die Anfertigung in den Lederwerkstätten, für das Holz, oder für die Lackierung zuständig als für den eigentlichen Fahrzeugbau», sagt Robertson.

Spitzenkräfte für die Komponenten

Knapp vor der Fertigstellung Foto: AG/Flehmer

Dafür hat sich Rolls Royce exzellente Handwerker besorgt. Ehemalige Violinen- und Bootsbauer sind in der Holzverarbeitung tätig, im Lederbereich arbeiten Handwerksmeister, die zuvor Taschen für englische Minister produziert haben.

«Wir benötigen Spitzenkräfte, um den absoluten Premium-Anspruch zu gewährleisten», sagt Kommunikationsdirektor Graham Biggs. Ein Liebhaber langer Zigarren wollte für die Rücksitze einen im Durchmesser 15 Zentimeter großen Aschenbecher anbringen - für die Handwerker kein Problem.

Elf Tage in der Lackiererei

Die "Fliegende Lady" Foto: AG/Flehmer

Allerdings nimmt nicht nur die spezielle Anfertigung eine Menge Zeit in Anspruch. So hat allein ein Modell in der Lackiererei eine Durchlaufzeit von circa elf Tagen - in anderen Fabriken wird diese Zeit in Stunden bemessen. Wenn das aus Dingolfing gelieferte Chassis in Goodwood ankommt, werden dort die Nähte abgeklebt, ehe der Wagen zu zwei Lack-Gängen geschickt wird.

«Vier Mann sind anschließend für ein Auto drei bis vier Stunden beschäftigt, um es zu polieren», sagt Michael Kreuzbach aus der Lackiererei. 24 Standardfarben stehen dem Münchner zur Verfügung, allein «126 Sonderfarben wurden im Jahr 2006 geordert.» Am auffälligsten war ein Auto, dass die Klischeefarben für neugeborene Jungen und Mädchen trug. Zartrosa und blau. «Dieses Auto wird es sicherlich kein zweites Mal geben», sagt Kreuzbach lächelnd.

Teakholz stark gefragt

Die Holzverarbeitung nimmt viel Zeit in Anspruch Foto: AG/Flehmer

Ein besonderes Augenmerk wird auf die Holzverarbeitung gelegt. «RR ist der einzige Automobil-Hersteller, der Teak-Holz für den Innenraum einsetzt», sagt Holzingenieur Michael Ganter. Rund 2,5 Quadratmeter Holz sind im Innenraum verbraucht, zehn Quadratmeter Furnier werden verarbeitet.

So benötigt ein Holzteil 28 Tage bis zur Fertigstellung. «Beim Teakholz dauert es nur 20 Tage», sagt Ganter, «dafür müssen 20 Wochen für die Materialbeschaffung eingerechnet werden.» So müssen sich die Kunden in Geduld üben. Denn rund drei von fünf Kunden bestellen ihren Royce mit Teakholz, «und die Nachfrage steigt an», so Ganter.

Neue Herausforderung

Ein RR am Haken Foto: AG/Flehmer

Von steigender Nachfrage kann auch Rolls Royce insgesamt ausgehen - besonders in China. Im Reich der Mitte werden bald mehr Rolls Royce pro Jahr gekauft werden als in Japan, das hinter den USA und England an dritter Stelle liegt. Da hilft es den Meisterkopierern auch nicht, mit einem eigenem Auftritt, dem in Shanghai vorgestellten «Red Flag», in Konkurrenz zu treten. Robertson sieht diesen Plagiatsversuch gelassen.

Das Werk in Goodwood Foto: AG/Flehmer

Nach gut vier Jahren der Wiederauferstehung peilt er demnächst die Marke von 1000 Verkäufen pro Jahr an und geht in die Offensive: «Mit dem neuen Modell wird auch ein neue Herausforderung an uns gestellt.» Robertson weiß jetzt schon, dass Rolls Royce diese Herausforderung meistern wird.

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