Kontinentaler Kuchen schon aufgeteilt

Indiens Autogiganten

Indien macht mobil, und die Welt macht mit. Suzuki betreibt beim Autogiganten Maruti eine Zweitverwertung alter Modelle. Auch Fiat hat sich ein großes Stück vom Kuchen abgeschnitten – beim größten indischen Autobauer Tata Motors.

Von Sebastian Viehmann

Während sich in Europa Umweltlobby und Autoindustrie einen Kleinkrieg um jedes Kilogramm eingesparten CO2s liefern, macht ihnen die Globalisierung längst einen Strich durch die Rechnung. Schwellenländer wie Indien stehen vor der Massenmotorisierung. Das Billigauto Tata Nano soll sozusagen Indiens T-Modell werden.

Nano für die Mittelschicht

Der Wagen kostet umgerechnet 1800 Euro. Das Pro-Kopf-Einkommen liegt in Indien bei etwa 500 Euro pro Jahr, und noch besitzen nur acht von tausend Indern ein Auto. Selbst der billige Nano wird also vor allem für die Mittelschicht in den Städten erschwinglich.

Diese konsumfreudige Mittelschicht wird sich allerdings bis zum Jahr 2025 von 50 auf 583 Millionen Menschen verzehnfachen. Zu diesem Ergebnis kommt eine Untersuchung der internationalen Unternehmensberatung McKinsey. Der Subkontinent werde die Bedeutung des deutschen oder anderer europäischer Verbrauchermärkte weit übertreffen.

Drei Unternehmen teilen den Markt auf

Auch Booz Allen Hamilton, eine der weltweit führenden Strategie- und Technologieberatungsfirmen, hat sich intensiv mit der Wirtschaftsmacht Indien beschäftigt. «Wachsende Einkommen breiter Bevölkerungsteile werden den Absatz auf dem Automobilmarkt bis 2010 verdoppeln. Der Zug für viele westliche Hersteller und Zulieferer ist fast schon abgefahren, denn einige attraktive lokale Kooperationspartner sind bereits vergeben», hieß es schon vor knapp zwei Jahren in einer Studie der Beraterfirma. Rund zwei Drittel des indischen Automarktes sind in einheimischer Hand und teilen sich zwischen drei großen Unternehmen auf.

Zu den indischen «Big Three» gehören Tata Motors sowie die Firma Mahindra and Mahindra, doch die Nummer Eins im PKW-Bereich ist Maruti. Der Autogigant baut Fahrzeuge in Suzuki-Lizenz und beherrscht fast die Hälfte des indischen Marktes. Zu den Modellen gehören der Alto 2, der Minibus Omni und der Kleinwagen Maruti 800, der weitgehend baugleich mit dem Suzuki Alto der 80er Jahre ist.

Fiat lange dabei

Der Fiat Palio Foto: Fiat

Auch frisches Blech wirft Suzuki auf den Markt - ab Oktober zum Beispiel einen modernen Kleinstwagen, der unter dem Namen A-Star vorgestellt wurde und auch nach Europa kommen soll. Bis jetzt hat Maruti-Suzuki nach eigenen Angaben bereits 6,75 Millionen Autos gebaut. Und die Motorisierung Indiens steht erst in den Startlöchern. Selbst deutsche Premiumhersteller rechnen sich Chancen aus. BMW etwa baut im südindischen Chennai Fahrzeuge der 3er und demnächst auch der 5er-Reihe.

Fiat ist schon lange auf den Zug aufgesprungen und ein Joint-Venture mit Tata Motors eingegangen. Der Fiat-Konzern will in seiner indischen Fabrik Ranjangaon, in der bereits das Weltauto Palio vom Band läuft, zusätzlich die Stufenhecklimousine Linea und den Grande Punto bauen. Der erfolgreiche Palio soll in Kürze auch mit Fiats 1.3-Multijet-Dieselmotor angeboten werden. Fiat will die Produktionskapazitäten in Ranjangaon in den nächsten Jahren verdoppeln. Zurzeit rollen pro Jahr etwa 100.000 Autos und 200.000 Motoren vom Band. Auch den Fiat 500 und den Bravo wollen die Italiener nach Indien bringen, allerdings als reine Importfahrzeuge.

Tata größter Autobauer Indiens

Der Tata Indica V2 mit Turbomotor Foto: Tata

Tata Motors ist Indiens größter Autobauer, Nummer Eins bei Nutzfahrzeugen und hinter Maruti die Nummer Zwei bei Personenwagen. Zu den interessantesten Autos zählen der kompakte Viertürer Indica und der modern gestylte Kombi Indigo SW. Auf der Delhi Motor Show wurde der Indigo CS (Compact Sedan) vorgestellt, der trotz seiner Länge von knapp vier Metern über 400 Liter Kofferraumvolumen verfügt. Tata sieht im CS das ideale Auto für junge Geschäftsleute. Mit dem Indica V2 kommen die Inder in den Genuss modernen Turbo-Vergnügens - der Wagen hat einen 1,4 Liter großen Common Rail-Turbodiesel mit 70 PS unter der Haube.

Im SUV-Bereich baut Tata den Safari und hat in Delhi den «Sumo Grande» mit drei Sitzreihen vorgestellt. Im Nutzfahrzeugbereich konstruiert Tata so ziemlich alles, was vier oder mehr Räder hat - von Pickups und Minitrucks über LKW und Busse bis hin zu Militärfahrzeugen.

Kein europäischer Standard

Ratan Tata und der Tata Nano Foto: dpa

In Europa ist Tata noch eine Randerscheinung, doch das muss nicht so bleiben. Aufsehen erregte eine Studie, die vor rund einem Jahr auf der Bologna Motor Show zu sehen war. Der 4,85 Meter lange Crossover Concept erinnert ein wenig an den Minivan Mitsubishi Grandis und wurde laut Tata speziell für den europäischen Markt entworfen. Unter der Haube sieht Tata Motoren von 150 bis 245 PS vor, die zumindest die Euro 4-Norm erfüllen sollen.

Mit einem solchen Fahrzeug dürfte Tata auch in Deutschland bessere Chancen haben als mit einem Billigzwerg wie dem Nano, der ganz klar für den indischen Markt konzipiert ist und weder über Gurtstraffer noch Airbags oder ABS verfügt. Gerade die Sicherheit ist für deutsche Autokäufer ein wichtiges Thema. Zuletzt ist der chinesische Newcomer Brilliance auf die Nase gefallen, als die Limousine BS6 in einem Crashtest des ADAC extrem schlecht abschnitt.

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