Kartellamt untersucht Preistreiberei

Misstrauen gegen Preisbildung

Das Bundeskartellamt nimmt sich des steigenden Kraftstoffpreises an. «Wir haben eine Menge Hinweise, dass wettbewerblich etwas nicht in Ordnung ist», sagte Pressesprecherin Silke Christina Kaul der Autogazette.

Der kontinuierliche Preisanstieg an den Tankstellen hat das Bundeskartellamt auf den Plan gerufen. Nach zahlreichen Verbraucherbeschwerden sowie Eingaben freier Tankstellenbetreiber hat das Amt eine Untersuchung des Wettbewerbs auf den Märkten für Benzin und Diesel eingeleitet. Ziel ist es, zu untersuchen, ob die Kraftstoffmärkte in Deutschland ordnungsgemäß funktionieren, teilte das Bundeskartellamt in Bonn mit.

«Wir wissen alle, dass der Markt homogen und transparent ist. Das homogene Preisverhalten ist normal, dennoch haben wir eine Menge Hinweise, dass wettbewerblich etwas nicht in Ordnung ist», sagte Kartellamtssprecherin Silke Christina Kaul der Autogazette.

«Längst überfälliger Schritt»

Da derzeit kein Verdacht gegen ein bestimmtes Unternehmen ausgesprochen werden könne, wird die Untersuchung auf den gesamten Sektor ausgeweitet. «Im günstigsten Fall können wir nach dem Abschluss des Verfahrens Verdachtsmomente belegen», so Kaul.Ein erster Zwischenbericht soll bis Ende des Jahres veröffentlicht werden.

Als «längst überfälligen Schritt» bezeichnete der ACE Auto Club Europa die Untersuchung. «Wir sehen uns jetzt bestätigt, dass zumindest ein Anfangsverdacht wegen verbotener Preisabsprachen nicht mehr länger von der Hand zu weisen ist und hoffen, dass es der Kartellbehörde dieses Mal gelingt, den Nachweis verbotener Absprachen der Mineralölkonzerne zu führen», sagte ACE-Sprecher Rainer Hillgärtner am Mittwoch in Stuttgart. Schließlich kursierten die entsprechenden Belege, aus denen Anweisungen zur konzertierten Preisanhebung hervorgingen, schon in der Öffentlichkeit.

Misstrauen bei Kraftfahrern

Besonders die heftige Entwicklung auf dem Kraftstoffmarkt hat das Misstrauen vieler Kraftfahrer weiter bestärkt. Die Besitzer freier Tankstellenbetreiber werfen den fünf großen Konzernen Shell, BP/Aral, Esso, Total und Jet (CONOCO) vor, sie mit Beschaffungspreisen über den Tankstellenabgabepreisen in so genannte Preis-Kosten-Scheren zu nehmen.

Im Mai hatte erstmals seit Bestehen der Bundesrepublik Deutschland Dieselkraftstoff das Superbenzin überholt. Im Schnitt mussten die Autofahrer 1,50 Euro für den Liter Diesel zahlen. Diesel wird in Deutschland um 22 Cent niedriger beseuert als Superbenzin.

Fünfer-Oligopol

Da auch die letzte umfassende und bundesweite Erhebung schon einige Jahre zurückliegt, ergreift das Kartellamt nun die Chance, sich eine aktuelle Marktdatengrundlage zu verschaffen. Der Sektoruntersuchung vorangegangen war die Zusammenschlussentscheidung in Sachen «Shell/HPV», wonach die sehr transparenten deutschen Tankstellenmärkte von einem marktbeherrschenden Oligopol von fünf integrierten Mineralölgesellschaften geprägt sind. So entfallen in Deutschland rund 73 Prozent auf die fünf großen Unternehmen.

Erste Schwerpunkte der Untersuchung sind daher die Großhandelsmärkte und die Preisbildung im Kraftstoffsektor. Weitere Gegenstände der Untersuchung sind die wettbewerblichen Auswirkungen von Tankkarten-Systemen und von Markenpartner-Verträgen. Als Markenpartner («branded resellers») betreiben an sich unabhängige Kraftstoffhändler Tankstellen für Markengesellschaften. (AG)

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