Im VW-Skandal gerät Piëchs Rolle in den Blick

Was wusste Ferdinand Piëch in der VW-Affäre? Angesichts dieser Frage könnte der kürzlich eröffnete Prozess gegen Ex-Betriebsratschef Volkert platzen. Die Staatsanwälte wollen nun Zeugen aus Piëchs Umfeld hören.

In der VW-Affäre um Schmiergelder und Lustreisen auf Firmenkosten gerät der frühere VW-Vorstandschef und jetzige Aufsichtsratsvorsitzende Ferdinand Piëch unter Druck. Laut Staatsanwaltschaft könnte der Ex-Vorstandschef doch von den Unregelmäßigkeiten bei Volkswagen gewusst haben. VW reagierte umgehend und wies am Montag «rufschädigende Behauptungen» zurück. Der Konzern und Piëch hätten «keinerlei Kenntnis» von Veruntreuungen gehabt. Der Porsche-Enkel bestreitet eine Verwicklung in den Skandal.

Auf Antrag der Staatsanwaltschaft sollen nun in dem Prozess gegen Ex-Betriebsratschef Klaus Volkert und den früheren Personalmanager Klaus-Joachim Gebauer vor dem Landgericht Braunschweig drei weitere Zeugen gehört werden, und zwar aus dem Umfeld Piëchs. Dabei handelt es sich um Ex-VW-Finanzvorstand Bruno Adelt, den heutigen Audi-Chef Rupert Stadler sowie Ex-VW-Finanzmanager Rutbert Reisch.

Neuen Informationen zufolge könnte laut Staatsanwaltschaft Adelt als Finanzvorstand den damaligen Vorstandsvorsitzenden Piëch auf eine ominöse Kostenstelle hingewiesen haben. Über dieses Sonderkonto sollen ohne Kontrolle etwa Lustreisen auf Firmenkosten abgerechnet worden sein. Daraufhin soll Piëch den damaligen Leiter seines Sekretariats, den heutigen Audi-Chef Stadler, angewiesen haben, die Kostenstelle zu überprüfen. Oberstaatsanwalt Ralf Tacke sagte, es sei «lebensnah», wenn Piëch über ein Ergebnis der Überprüfung informiert worden sei. Damit aber hätte Piëch von der Kostenstelle und den Lustreisen von Betriebsräten gewusst.

Neue Zeugen

Piëch sei allerdings «derzeit» kein Beschuldigter in der VW- Affäre, sagte Tacke. Sollten sich jedoch aus den Zeugenvernehmungen konkrete Anhaltspunkte ergeben, käme ein Ermittlungsverfahren gegen Piëch in Betracht. Nach dem jetzigen Terminplan soll Piëch Anfang Januar als Zeuge vor dem Braunschweiger Landgericht vernommen werden. Am Mittwoch, dem nächsten Verhandlungstag, will die Vorsitzende Richterin Gerstin Dreyer die Termine für die Zeugenvernehmungen abstimmen.

Ex-Personalmanager Gebauer, der die Lustreisen auf Firmenkosten organisiert hatte, war nach eigenen Angaben davon ausgegangen, dass der komplette VW-Vorstand von dem Konto gewusst haben musste. Von seinem früheren Chef, dem ebenfalls in die Affäre verwickelten Helmuth Schuster, habe er erfahren, dass die Revision keinen Zugriff auf das Abrechnungskonto gehabt habe. Nur der Vorstandsvorsitzende habe die Revision ausschalten können.

Mehr im Vorstand wussten Bescheid

Die Verteidiger von Gebauer und Volkert begrüßten den Vorstoß der Anklagebehörde über die weiteren Zeugen. Die Aufklärung des Sachverhalts könne sich strafmildernd für Volkert und Gebauer auswirken. Volkerts Verteidiger Johann Schwenn sagte, es scheine sich zu konkretisieren, dass Piëch etwas gewusst habe. Volkert und Gebauer sind wegen Untreue und Anstiftung zur Untreue angeklagt. Volkert soll unter anderem Ex-Personalvorstand Peter Hartz dazu angestiftet haben, ihm Sonderboni von knapp zwei Millionen Euro zu zahlen.

Hartz war im Januar im ersten Prozess des Skandals nach einem umstrittenen Justiz-«Deal» zu zwei Jahren Haft auf Bewährung sowie rund 576.000 Euro Geldstrafe verurteilt worden. Der ehemalige VW- Betriebsrat Hans-Jürgen Uhl war im Juni im zweiten Prozess zu einer Geldstrafe von 39.200 Euro verurteilt worden. Er hatte gestanden, an Sexpartys auf Firmenkosten teilgenommen zu haben. (dpa)

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