GM will Opel scheinbar behalten

Spektakuläre Wende möglich

Ein Verkauf des Rüsselsheimer Autobauers Opel kommt möglicherweise doch nicht zustande. Der Mutterkonzern plant scheinbar, seine deutsche Tochter zu behalten.

Im Ringen um Opel ist eine spektakuläre Wende möglich: Der amerikanische Autokonzern General Motors (GM) prüft laut Zeitungsberichten, ob er seine bisherige Tochter doch noch behalten sollte. Der GM-Verwaltungsrat habe das Management beauftragt, Alternativen zu einem Opel-Verkauf zu prüfen, schrieb das «Wall Street Journal» am Dienstag unter Berufung auf informierte Personen. Dazu gehöre ein Finanzierungsplan im Volumen von 4,3 Milliarden Dollar (rund 3 Mrd Euro), um Opel und die britische Schwestermarke Vauxhall als GM-Tochter wieder auf Trab zu bringen. GM-Chef Fritz Henderson solle die Finanzierung bis Anfang September in Gang setzen, hieß es.

Warnung vor Werksschließungen

Die Milliarden könnten den Überlegungen zufolge vom US-Staat sowie Regierungen europäischer Länder, unter anderem Großbritanniens und Spaniens kommen, berichtete die «Financial Times». In diesen Ländern hatte es vergangene Woche Kritik an der Entscheidung der deutschen Regierung gegeben, den Kredit für Opel von 4,5 Milliarden Euro im Alleingang vorzustrecken, wenn GM sich für Magna entscheidet. An den Opel-Standorten in Belgien, Polen, Großbritannien und Spanien wird befürchtet, dass sie stärker als die deutschen Werke von Spaßmaßnahmen betroffen sein könnten.

Opel-Betriebsratschef Klaus Franz warnte vor Werkschließungen in Europa, falls General Motors doch noch die Kontrolle über Opel behält. «Mit drei Milliarden kann dieses Unternehmen nicht zukunftsgerecht aufgestellt werden», sagte Franz dem Audiodienst der dpa. Dies bedeute Streichungen im Modellangebot und Werkschließungen in Europa. Die Arbeitnehmer würden einen Verbleib bei GM nicht akzeptieren, betonte Franz. Die Opel-Belegschaft werde dann die zur Sanierung des Unternehmens geleisteten Beiträge zurückfordern.

Entscheidung vertagt

Der GM-Verwaltungsrat hatte am vergangenen Freitag eine Entscheidung über den auch von Henderson unterstützen Verkauf von Opel an den österreichisch-kanadischen Zulieferer Magna und seine russische Partner vertagt. Das hatte für Verärgerung bei der deutschen Regierung gesorgt, die das Opel-Problem noch vor der Bundestagswahl lösen will. GM sei mit den Kaufangebot von Magna unzufrieden, schrieb die «Financial Times».

Berlin forderte GM am Montag zu einem Spitzentreffen auf. Der US- Konzern will dazu noch diese Woche einen Top-Manager nach Deutschland schicken. Dabei dürfte es sich nach Angaben aus Konzernkreisen um Henderson oder den GM-Verhandlungsführer John Smith handeln. Ein Gespräch mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ist aber nach Informationen aus Berlin nicht geplant.

Opel ist für GM unter anderem wegen des Entwicklungszentrums in Rüsselsheim wichtig, dort wird die Plattform für alle GM- Mittelklassewagen entwickelt und auch der Hoffnungsträger des Konzerns, das Elektroauto Chevy Volt, wurde maßgeblich von deutschen Ingenieuren entworfen.

Politisch wird die Angelegenheit dadurch noch heikler, dass der neue GM-Konzern seit der Insolvenz im Sommer mehrheitlich von der US- Regierung kontrolliert. Washington hat rund 50 Milliarden Dollar in das seit Jahren verlustreiche Unternehmen gepumpt. Auch in Russland dürfte der neue GM-Kurs für Verstimmung sorgen, da Moskau über die staatliche Sberbank in den geplanten Deal involviert ist.

US-Regierung hält sich raus

US-Präsident Barack Obama will sich nach offiziellen Angaben nicht in die Entscheidung von GM über die Zukunft von Opel einmischen. Obama denke, dass die aktuellen unternehmerischen Entscheidungen des Autobauers von den GM-Managern selbst gefällt werden müssten, betonte der stellvertretende Sprecher des Weißen Hauses, Bill Burton, am Montag auf der Atlantik-Insel Martha's Vineyard, dem Ferienort der Präsidentenfamilie. Angesichts der neuen Mehrheitsverhältnisse waren mehrere Mitglieder des Verwaltungsrates von der US-Regierung ernannt worden.

Die Hängepartie hat laut Bundesregierung keine Auswirkungen auf das operative Geschäft von Opel. Dank der staatlichen Brückenfinanzierung - der Autobauer erhielt ein Darlehen von 1,5 Milliarden Euro - reiche die Liquidität aus, sagte Merkels Sprecher Ulrich Wilhelm. Der Rüsselsheimer Autobauer gehört zu jenen Herstellern, die in den vergangenen Monaten beim Absatz von der staatlichen Abwrackprämie deutlich profitierten. (dpa)

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