Ford und GM vor dem Abgrund

Aktien im freien Fall

Die Lage für die us-amerikanischen Autobauer Ford und General Motors wird immer bedrohlicher. Am Freitag fielen die Aktienkurse im freien Fall.

Amerikas Autobranche blickt in den Abgrund. Die US-Wirtschaft muss Experten zufolge nach dem Kollaps der Finanzbranche ihren nächsten Infarkt befürchten. Nach bereits jahrelanger Talfahrt und enormen Milliardenverlusten rasen General Motors (GM) und Ford nun immer schneller in die Tiefe - mit ihren deutschen Töchtern auf den Rücksitzen. Durch die Finanzkrise droht den hochverschuldeten Herstellern schlichtweg das Geld auszugehen. Die Börse hat die taumelnden Autoriesen schon angezählt: Die Kurse stürzen noch schwindelerregender in die Tiefe als die Absatzzahlen.

Frisches Geld nicht in Sicht

Die Opel-Mutter GM und Amerikas zweitgrößter Autobauer Ford sind in eine lebensbedrohliche Abwärtsspirale geraten: Schon vor der Kreditkrise schrieben sie wegen ihrer verfehlten Modellpolitik mit zu wenig sparsamen Wagen blutrote Rekordverluste. Obendrein geben neben der katastrophalen Lage in den USA nun auch die weltweiten Automärkte nach. Dringend benötigtes frisches Geld ist für GM und Ford wegen der US-Kreditklemme nur noch sehr teuer zu bekommen - wenn überhaupt.

Und nun erinnert der nochmals dramatisch verschärfte Kurssturz an der Börse fatal an das jüngste Schicksal mancher Banken, denen der nahezu freie Fall ihrer Aktien das Genick brach. Die GM-Aktie liegt so tief wie seit über 50 Jahren nicht mehr. Der gesamte Konzern ist an der Börse gerade noch rund drei Milliarden Dollar wert, Ford etwas mehr.

Keine Hilfe absehbar

Nichts scheint zu helfen: Die Hersteller senkten bereits die Kosten drastisch und strichen zehntausende Stellen. GM will gerade nochmals zehn Milliarden Dollar einsparen und fünf Milliarden durch den Verkauf von Konzernteilen einnehmen - die Geländewagenmarke Hummer soll weg. Ford hält offiziell an der verlustreichen Tochter Volvo fest, nach Ansicht von vielen in der Branche nicht mehr lange. Eine andere Frage ist, ob man für die Marken derzeit überhaupt noch einen Käufer finden würde.

Der jüngste Nackenschlag kam von der Ratingagentur Standard & Poors (S&P). Sie drohte eine weitere Senkung der ohnehin beschädigten Kreditwürdigkeit beider Konzerne an. Für 2008 hätten GM und Ford noch Geld, 2009 aber stünden sie vor ernsten Problemen. Derzeit verbrennen die Hersteller pro Monat jeweils rund eine Milliarde Dollar. «Ihre Liquidität könnte einen Punkt erreichen, an dem sie das Geschäft nicht mehr betreiben können», warnte S&P-Analyst Robert Schulz in Interviews.

Rettung sollten GM und Ford unter anderem die europäischen Töchter bringen. Doch Opel muss nun selbst kämpfen nach einem Absatzrückgang von mehr als sechs Prozent in den ersten neun Monaten. Die Bänder stehen befristet still. Ford entlässt in Deutschland unter anderem Zeitarbeiter früher als geplant.

Aussichten trübe

Und die Aussichten sind noch trüber: Für den US-Markt prophezeiten Marktforscher soeben in diesem Jahr nur noch 13,6 Millionen verkaufte Fahrzeuge. Das wäre ein Einbruch um 16 Prozent und so wenig wie seit fast 20 Jahren nicht mehr. 2009 soll es noch weiter runtergehen. Auch der stets beschworene Boom in Ländern wie China und Indien lässt nach. Selbst Branchenprimus Toyota leidet.

Die dramatische Lage von GM und Ford bedroht laut Experten die gesamte US-Wirtschaft. Niemand mag sich die Folgen ausmalen, wenn die Giganten mit Hunderttausenden von Beschäftigten etwa plötzlich keine Gehälter mehr auszahlen. Eine Insolvenz sei keine Option, betonen GM- Chef Rick Wagoner und sein Ford-Kollege Alan Mulally unisono. Es wäre der größte Fall von Gläubigerschutz nach US-Insolvenzrecht aller Zeiten.

«Die Möglichkeit der Pleite besteht», meinte US-Fachmann David Cole vom Center for Automotive Research in der «New York Times». Die Wahrscheinlichkeit sei dennoch gering. Der Grund: Das Risiko sei für den Staat viel zu groß, so Experten. Spekuliert wird bereits über weiter staatliche Hilfen über die der Branche gerade zugesagten Kredite von 25 Milliarden Dollar hinaus.

In einer bitteren Ironie der Geschichte feierte GM erst vor wenigen Wochen sein 100-jähriges Bestehen. Geradezu symbolisch für die schwerste Krise ausgerechnet zum Jubiläum: In der Not muss der Autobauer nun sogar seine spektakuläre Wolkenkratzer-Zentrale in Detroit zu Geld machen. (dpa)

Keine Beiträge vorhanden