Der «Autokönig» wird mit Spannung erwartet

Was wusste Piëch in der VW-Affäre – diese Frage wird sich in Gänze wohl nicht beantworten lassen, auch nachdem der Ex-Chef an diesem Mittwoch vor Gericht ausgesagt hat. Als «Highlight des Prozesses» gilt der Auftritt allemal.

Die Angeklagten sind eigentlich längst zu Randfiguren geworden. Im Prozess um die VW-Affäre gegen Ex-Betriebsratschef Klaus Volkert und den früheren Personalmanager Klaus-Joachim Gebauer ist eine andere heikle Frage in den Mittelpunkt gerückt: Was wusste Ferdinand Piëch? An diesem Mittwoch hat die zentrale Figur bei Volkswagen gezwungenermaßen einen großen Auftritt - vor dem Landgericht Braunschweig muss der frühere Konzernboss und heutige Aufsichtsratschef als Zeuge aussagen.

Jede Verwicklung abgestritten

Piëch - von 1993 bis 2002 VW-Vorstandsvorsitzender - bestreitet jede Verwicklung in die Affäre um Untreue, Bordellbesuche und Lustreisen auf Firmenkosten. Die Rolle des VW-Patriarchen gilt vielen aber dennoch auch zweieinhalb Jahre nach Bekanntwerden des Skandals nicht als geklärt.

Prozessbeobachter erwarten jedoch von Piëchs Aussage inhaltlich nicht viel Neues. Das Medienaufkommen aber dürfte gewaltig werden, wenn der 70-Jährige auf dem Zeugenstuhl Platz nimmt, begleitet von seinem Rechtsbeistand Matthias Prinz. «Es wird eines der Highlights des Prozesses, alleine durch seinen Auftritt», sagt Gebauer-Verteidiger Wolfgang Kubicki. Die Staatsanwaltschaft wollte sich nicht entlocken lassen, welche Erwartungen sie an die Zeugenaussage Piëchs hegt. Ein Behörden-Sprecher sagt lediglich: «Wir erwarten, dass er erscheint und Fragen beantwortet.»

«Herr Piëch hat die Autos entwickelt»

Piëch will von missbräuchlichen Sonderzahlungen an Volkert nichts gewusst haben. Der in der Affäre inzwischen wegen Untreue zu einer Bewährungs- und Geldstrafe verurteilte Ex-Personalvorstand Peter Hartz stützte die Aussage Piëchs. Hartz hatte vor Gericht eigene Schuld eingestanden und die volle Verantwortung übernommen. Piëch sei über die Einzelheiten der Sonderbehandlung Volkerts nicht informiert gewesen, sagte Hartz kurz vor Weihnachten als Zeuge

Volkert soll Hartz dazu angestiftet haben, ihm Sonderboni in Höhe von fast zwei Millionen Euro zu zahlen. Der Ex-Betriebsratschef weist diesen Vorwurf zurück. Hartz sagte aus, Volkert habe wie ein Markenvorstand behandelt werden sollen. Wie das umzusetzen war, sei Sache des Personalvorstands und damit seine Entscheidung gewesen. «Herr Piëch hat die Autos entwickelt.»

Für Wirbel hatte Ende November allerdings die Staatsanwaltschaft gesorgt. Sie führte aus, nach Aussagen eines unbekannten Informanten könnte Piëch doch von Unregelmäßigkeiten bei VW gewusst haben. Der Informant habe gesagt, der ehemalige VW-Finanzvorstand Bruno Adelt könnte Piëch auf die ominöse Kostenstelle «1860» angesprochen haben - wegen der «Belastungen» dieses Sonderkontos. Über dieses Konto hatte Gebauer unter anderem Bordellbesuche auf Firmenkosten abgerechnet.

Nächste Woche ist Pischetsrieder dran

Adelt jedoch wies mittlerweile bei seiner Vernehmung vor dem Landgericht im Dezember die Vorwürfe gegen Piëch zurück. Er habe Piëch nicht auf Unregelmäßigkeiten hingewiesen. Er habe selbst keine Kenntnis über mögliche Unregelmäßigkeiten gehabt, sagte Adelt. Auch Volkswagen hatte die Vorwürfe gegen Piëch scharf zurückgewiesen.

Nach den Angaben des Informanten soll Piëch den damaligen Leiter seines Sekretariats, den heutigen Audi-Chef Rupert Stadler, damit beauftragt haben, die Kostenstelle zu überprüfen. Es sei zwar nicht bekannt, wie das Ergebnis ausgefallen sei, hatte Oberstaatsanwalt Ralf Tacke gesagt. Es sei allerdings «lebensnah», wenn Piëch über ein Ergebnis der Überprüfung informiert worden wäre.

Um die Sache zu klären, wurden neben Adelt auch Stadler sowie ein weiterer Ex-VW-Manager als zusätzliche Zeugen benannt. Stadlers Aussage ist für die nächste Woche geplant. Am selben Tag soll auch Piëchs Nachfolger als VW-Chef, Bernd Pischetsrieder, aussagen. Ob weitere Zeugen geladen werden, will das Gericht erst noch entscheiden. Noch also sind nicht alle Fragen in der VW-Affäre beantwortet. (Von Andreas Hoenig und Anita Pöhlig, dpa)

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