Depression in Detroit

Düstere Stimmung auf Traditionsmesse

Die Autobranche steckt in einer schweren Krise. Das spürt man auch auf der ersten Automesse des Jahres, der Detroit Motorshow. Selbst der Mythos Toyota ist entzaubert.

Wenn sich die Autoindustrie vom kommenden Wochenende an zur Traditionsmesse in der US-Autostadt trifft, steckt sie mitten in einer der schwersten Krisen ihrer Geschichte. Kaum eine andere Branche hat die Folgen der internationalen Wirtschafts- und Finanzkrise so schnell und heftig zu spüren bekommen wie die Autobauer. Dazu kommen große hausgemachte Probleme.

Absatzzahlen im Keller

Die Absatzzahlen rauschten national wie international in atemberaubendem Tempo in den Keller. Vor allem der US-Automarkt erlebte ein Horrorjahr: Der gesamte Autoabsatz stürzte 2008 auf den tiefsten Stand seit mehr als 15 Jahren. Die Folgen des Debakels waren bereits massive Produktionskürzungen und Gewinnwarnungen - auch bei ansonsten erfolgsverwöhnten Herstellern wie Daimler, BWM oder Toyota, ganz zu schweigen vom Beinahe-Kollaps einstmals so mächtiger US-Autoriesen wie General Motors (GM). Das neue Jahr - das haben alle bereits klargemacht - wird kaum besser, eher schlimmer.

«So düster wie im Jahr 2009 dürfte die Stimmung in Detroit noch nie gewesen sein», schreibt der Automobilexperte Ferdinand Dudenhöffer in einer Studie. Besonders die drei US-Hersteller General Motors, Ford und Chrysler - die einst stolzen «Big Three» - stecken in einer tiefen Krise. So verkaufte der Opel-Mutterkonzern GM im vergangenen Jahr so wenig Autos wie zuletzt vor 50 Jahren. Dudenhöffer rechnet damit, dass die Produktion in Nordamerika 2009 noch einmal um eine Million Fahrzeuge heruntergefahren werden muss.

Die US-Hersteller hat es zuletzt zwar mit Abstand am härtesten getroffen, doch Probleme haben eigentlich alle. In den Boomzeiten machten den Herstellern vor allem die hohen Spritpreise, Materialkosten und die rabiaten Rabattschlachten auf den etablierten Märkten wie den USA und Westeuropa zu schaffen. Als dann im Herbst auch noch reihenweise die Banken zusammenklappten und die Überlebenden den Geldhahn zudrehten, kam es richtig dicke für die Autobauer. Kredite verteuerten sich und viele bekamen Schwierigkeiten, Geld für die Finanzierung oder das Leasing neuer Autos aufzutreiben. Gleichzeitig stellten viele Verbraucher aus Verunsicherung die Anschaffung eines neuen Wagens erst einmal zurück.

Doch bei allen externen Schwierigkeiten waren viele Probleme hausgemacht. Dies fängt bei der Absatzpolitik an. Einige Hersteller drückten in den vergangenen Jahren zu günstigen Konditionen massiv neue Autos in die Märkte. Die kalkulierten Restwerte stellten sich in der Krise allerdings als zu optimistisch heraus. BMW zum Beispiel musste allein in den ersten neun Monaten 2008 gut eine Milliarde Euro für Restwertrisiken und Kreditausfälle zur Seite legen. «BMW hatte in den vergangenen Jahren ein sehr gutes Stückzahlenwachstum, aber das wurde zum Teil auch mit niedrigen Leasingraten erkauft», sagt Autoexperte Willi Diez, Leiter des Instituts für Automobilwirtschaft an der Hochschule Nürtingen-Geislingen. «Aber tendenziell ist bei den anderen Premium-Herstellern die Situation nicht wesentlich besser.»

Verfehlte Modellpolitik

Außerdem bemängeln viele Experten eine verfehlte Modellpalette in den vergangenen Jahren. Zu groß, übermotorisiert, zu durstig lauten die häufigsten Kritikpunkte. In erster Linie galt das für die US-Hersteller mit ihrer Vorliebe für schwere Pick-Ups, deren Verkaufszahlen dramatisch eingebrochen sind.

Doch auch Deutsche und Japaner müssen in diesem Punkt Kritik einstecken. «Die Deutschen müssen ihre Modellpalette weiter umstellen», sagt Diez. Kleinere, sparsamere Motoren und kleinere Autos seien nach dem Wettrüsten der vergangenen Jahre oberstes Gebot. Auch bei den Japanern, allen voran Toyota, sieht Diez Nachholbedarf.

Diese hätten in den vergangenen Jahren zwar geschickt Kleinwagen und Hybridfahrzeuge wie den Prius vermarktet, aber durchaus auch durstige Modelle verkauft. «Der Mythos Toyota ist ein stückweit entzaubert worden, denn Toyota hat sein Geld in den USA nicht mit Hybrid-Autos verdient, sondern mit SUV.» Das Krisenjahr 2008 war deshalb auch für die erfolgsverwöhnten Japaner denkwürdig: Erstmals in der Geschichte des Unternehmens wurde ein operativer Verlust in Aussicht gestellt - Toyota-Chef Katsuaki Watanabe sprach von einer «beispiellosen Notsituation». (dpa)

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