Chinas Autobauer suchen eigenen Weg

Die Zeit der dreisten Plagiate geht bei den chinesischen Autoherstellern langsam ihrem Ende entgegen. Aus dem Reich der Mitte kommen inzwischen eine ganze Reihe von selbstbewussten Eigenentwicklungen.

China bekommt in der Automobilwelt immer mehr Bedeutung. Nirgendwo wird das deutlicher als in diesen Tagen beim Branchengipfel Auto Shanghai (22. bis 28. April). Das «Reich der Mitte» hat nach Angaben der Messeveranstalter mit insgesamt 7,2 Millionen Zulassungen im vergangenen Jahr nicht nur Japan als zweitgrößten Automarkt der Welt überholt, sondern ist auch die Heimat von mehr als 200 Fahrzeugherstellern. Gerade sie machen die Automesse für europäische Besucher zu einem Panoptikum der Kuriositäten.

Weniger Kopien

«Anders als früher ist allerdings die Zahl der dreisten Kopien deutlich zurück gegangen», sagt ein Manager von BMW. Statt einfach nur europäische oder US-amerikanische Autos nachzuahmen, beauftragen die chinesischen Unternehmen nun europäische Designstudios und schlagen die Konkurrenten auf diese Weise mit ihren eigenen Waffen.

Dennoch sieht der europäische Messebesucher an vielen Ständen eine ganze Reihe Autos, die ihm im Ganzen oder zumindest im Detail bekannt vorkommen, etwa den vom Opel Astra inspirierten Haima S1 und eine Coupé-Mischung aus Subaru und Alfa bei Geely. Und kaum jemand imitiert etablierte Marken so unverfroren wie Great Wall Motors, wo sich Nachahmungen von Toyota Auris, Nissan Cube und dem Fiat Panda Cross im Rampenlicht drehen. Dazu kommen die legalen Nachbauten des Rover 75 bei Roewe und die in China wieder aufgelegten MG-Modelle.

Eigenentwürfe sorgen für Aufsehen

Doch immer häufiger stehen bei den Chinesen selbstbewusste Entwürfe aus der eigenen Feder im Rampenlicht. So hat etwa Cherry das nach Schanghai übersiedelte Studio Turino Design mit einem Sportwagen für die Kompaktklasse beauftragt, der als Shooting Sport fast Chancen gegen einen kleinen Alfa hätte. Nebenan dreht sich ein ebenfalls sehr europäisch wirkender A6-CC. Und Roewe beweist als Nachlasverwalter der britischen Marke Rover mit dem Modell W2, dass die Chinesen auch ohne Pläne aus England eine hübsche Limousine bauen können.

Der vermutlich wichtigste Messebeitrag allerdings kommt von Brilliance. Der Joint-Venture-Partner von BMW ist als erster chinesischer Hersteller mit einer europaweiten Organisation am Start und hat in Schanghai als nächste Stufe seines Exportprogramms den seriennahen FRV enthüllt. Er soll schon bald auch in Deutschland gegen Autos wie den VW Golf oder den Kia Cee'd antreten.

Neben dem Design nehmen sich die Chinesen auch der Umwelt an: An jedem dritten Stand findet der Besucher zumindest Dieselmotoren, besonders sparsame Benziner mit Starter-Generator oder selbst entwickelte Hybriden, Elektro-Autos oder Brennstoffzellen.

Zwar gewinnen in China die heimischen Autobauer nach Angaben von Jiang Lei, dem Generalsekretär des chinesischen Herstellerverbandes CAAM, mit neuem Design und Technik zunehmend an Bedeutung. Doch vor allem der prestigeträchtige Behördenmarkt und das Luxusgeschäft sind fest in der Hand der Ausländer, die in Schanghai zum Teil entsprechend selbstbewusst auftreten.

China als «zweiter Heimatmarkt»

Allen voran gilt das für die Deutschen. So sieht Audi-Chef Rupert Stadler «China auf dem Weg zum zweiten Heimatmarkt». Im Vorfeld der Messe enthüllt wurde die Designstudie Cross Coupé Quattro, die als Entwurf für einen kleinen, sportlichen Geländewagen auch weltweite Bedeutung für das Unternehmen hat. Und auch BMW trägt dem Wachstum im «Reich der Mitte» Rechnung und feiert zum ersten Mal eine Weltpremiere in China, sagte Vorstandschef Norbert Reithofer, bevor er das viertürige Luxus-Sportcoupé Concept CS auf die Bühne lotste.

Andere deutsche Hersteller treten dagegen diesmal in China eher leise auf: VW stellt sein Engagement bei den Olympischen Spielen 2008 in Peking in den Vordergrund und zeigt einen für China modifizierten Passat, der dabei zum Modell Magotan wird. Danaben setzt Volkswagen auf Motoren wie den Touran EcoFuel mit Erdgasantrieb oder die sparsamen Twincharger-Benzinmotoren. Porsche zeigt seine aktuelle Modellpalette, und Mercedes lockt eilige Besserverdiener mit dem Maybach 62S sowie der in China neuen AMG-Version der S-Klasse.

Große Limousinen gefragt

Wie wichtig diese großen Limousinen in China sind, beweisen nicht nur die in Deutschland gar nicht erhältlichen Langversionen von Audi A6 und 5er BMW, sondern auch der Stand der General-Motors-Marke Buick. Während sie in den USA ihr Topmodell Park Avenue längst eingestellt hat, feiert die noble Limousine neben der Designstudie Riviera am anderen Ende der Welt gerade ihr Comeback. (dpa)



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