«Brauchen mehr Demokratie, nicht weniger»

Großdemonstration bei VW

30.000 VW-Mitarbeiter haben am Freitag in Wolfsburg für den Erhalt des VW-Gesetzes demonstriert. Mehrheitseigner Porsche drängt auf eine ersatzlose Streichung, dennoch zeigt man Verständnis für den Protest.

Bei einer Großdemonstration im VW-Werk in Wolfsburg hat IG Metall Chef Berthold Huber das umstrittene VW-Gesetz vehement verteidigt. «Wir brauchen im Zeitalter von Globalisierung und Finanzmarktkapitalismus mehr Demokratie und nicht weniger», sagte Huber am Freitag vor den rund 30.000 VW-Arbeitern, die sich vor der Konzernzentrale versammelt hatten, um gegen eine Abschaffung des Gesetzes zu protestieren. Das VW-Gesetz gibt dem Land Niedersachsen mit seinem Anteil von gut 20 Prozent an dem Autobauer ein Vetorecht bei bedeutenden Entscheidungen und sichert der Arbeitnehmerseite wichtige Mitbestimmungsrechte.

«Mehr VW-Gesetz»

Notwendig sei «mehr VW-Gesetz» und nicht weniger, betonte Huber. «Wir wollen an wichtigen Unternehmensentscheidungen beteiligt werden», rief er. In der Konzernzentrale tagte gleichzeitig der Aufsichtsrat des Unternehmens. Der jahrelange Streit um die Sonderregelungen bei VW hatte in dieser Woche einen neuen Höhepunkt erreicht. EU-Kommissar Charlie McCreevy will auch gegen die von der Bundesregierung vorgelegte Neuauflage vor den Europäischen Gerichtshof klagen.

Auch der Sportwagenbauer Porsche , der in Kürze die Mehrheit bei VW übernehmen will, drängt seit Monaten massiv auf eine ersatzlose Streichung des Gesetzes.

Attacke von Wulff

Der niedersächsische Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) griff McCreevy am Morgen im ZDF scharf an. Der Kommissar müsse akzeptieren, dass es «ein paar Gesetze» gebe, wo Brüssel kein Mitspracherecht habe. Wulff sagte, die Sperrminorität sei auch wichtig, um zu verhindern, dass Porsche den Sitz des VW-Konzerns von Wolfsburg nach Stuttgart verlagere.

Huber sagte, wenn das VW-Gesetz falle, wäre für Porsche der Weg frei zur Beherrschung von VW. Aufsichtsrat und Management von VW wären dann «Marionetten» an den Fäden des Vorstandschefs von Porsche. «Nicht mit uns, sage ich dazu.» Das VW-Gesetz sei ein «Leuchtturm» der Unternehmens-Mitbestimmung. Huber rief zudem eindringlich dazu auf, den Streit um die Mitbestimmung in der künftigen Porsche-Holding beizulegen. Er erwarte vom Holding-Vorstand, dass er endlich einlenke.

Porsche zeigt Verständnis

Mit Verständnis auf die Demonstration der VW-Beschäftigten reagierte die Porsche Automobil Holding SE in Stuttgart. In einer Pressemitteilung von Freitag heißt es, dass Porsche Verständnis für die Ängste der Belegschaft über einen eventuellen Arbeitsplatzabbau nach dem möglichen Wegfall des VW-Gesetzes zeige. «Auch wenn Porsche - wie bekannt - eine andere Meinung zum VW-Gesetz vertritt als die IG Metall und der Wolfsburger Betriebsrat, nimmt der Konzern die Sorgen der Mitarbeiter ernst. Deshalb habe man ja bereits vor längerer Zeit der VW-Arbeitnehmervertretung zugesichert, bei einem eventuellen Wegfall des VW-Gesetzes Verlegungen oder Schließungen von Werken nur mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit im Aufsichtsrat zuzulassen», heißt es. Zugleich habe die Holding-Spitze der Führungsspitze von VW zugesichert, «solche für Arbeitnehmer existentiellen Fragen nur einvernehmlich mit dem VW-Vorstand zu entscheiden.» Außerdem stünden Werksschließungen oder Verlagerungen auf keiner Tagesordnung.

Sperrminorität bleibt

Die 20 Prozent Sperrminorität des Landes Niedersachsen bei VW bleibt erhalten. Der VW-Aufsichtsrat beschloss am Freitag in Wolfsburg auf Antrag des niedersächsischen Ministerpräsidenten Christian Wulff eine entsprechende Satzungsänderung.

Wulff sagte nach der Sitzung, er gehe davon aus, dass die 20 Prozent-Klausel gerichtsfest sei. Der Beschluss sei einhellig gefallen, nur die Porsche-Vertreter hätten sich enthalten. Die Änderung passt die Satzung an das veränderte VW-Gesetz an. Das vom EuGH im vorigen Jahr beanstandete Entsenderecht von Bund und Land und die Stimmrechtsbegrenzung werden gestrichen, nicht aber die 20- prozentige Sperrminorität Niedersachsens. (dpa)

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