Branche schöpft Hoffnung

Autojahr 2010

In Deutschland wird im Jahr nach der Abwrackprämie mit einem drastischen Absatzeinbruch gerechnet. Doch nicht nur die deutschen Hersteller blicken hoffnungsvoll auf das neue Jahr.

Von Andreas Hoenig und Harald Schmidt

Die Autoindustrie schöpft nach dem Schreckensjahr 2009 wieder Hoffnung. Wenn sich die Branche Anfang der kommenden Woche zur Autoshow in Detroit trifft, stehen die Zeichen wieder auf Wachstum - vor allem dank der boomenden Märkte in Asien. Doch die Krise hat tiefe Spuren hinterlassen: Die Branche wurde gehörig durcheinandergewirbelt, die Neuordnung schreitet voran.

Einbruch in Grenzen gehalten

Absatzeinbrüche in wichtigen Märkten wie den USA, Japan und Osteuropa sowie weltweite Überkapazitäten sorgten im vergangenen Jahr für schwere Turbulenzen in der Autobranche. Der US-Autoriese General Motors (GM) musste Insolvenz anmelden und gehört nun mehrheitlich dem Staat. Die Zukunft der GM-Tochter Opel ist nach wie vor ungewiss, die Tochter Saab steht vor dem Aus. Auch Chrysler durchlief ein Insolvenzverfahren - und wird nun von der italienischen Fiat-Gruppe gelenkt. Zudem gingen zahlreiche Autozulieferer pleite.

Immerhin fiel der weltweite Absatzeinbruch nicht so schlimm wie zunächst befürchtet aus. Insgesamt wurden nach einer Schätzung des Autoexperten Ferdinand Dudenhöffer im vergangenen Jahr rund um den Globus 52,8 Millionen Autos verkauft - 5,4 Prozent weniger als im Jahr zuvor. Dass sich der Einbruch in Grenzen hielt, lag vor allem am Absatzboom in Asien - und an den staatlichen Konjunkturprogrammen wie der deutschen Abwrackprämie.

US-Markt auf Erholungskurs

In diesem Jahr aber wird für Westeuropa ein Absatzeinbruch erwartet. Dagegen ist der US-Markt auf einem Erholungskurs, und China ist nach wie vor ein Boom-Markt. Die deutschen Hersteller werden davon profitieren, ist Autoexperte Willi Diez überzeugt: «China ist eine Bank für VW und Audi, Mercedes und BMW sind stark in den USA.» Ohnehin sei er vor allem für die deutschen Premiumhersteller zuversichtlich, die von den staatlichen Konjunkturprogrammen 2009 kaum profitierten, stattdessen aber unter der Kaufzurückhaltung der Unternehmen litten.

In «Motown», wie die US-Autometropole Detroit auch genannt wird, suchen die Autobauer wie auf allen Messen der jüngsten Vergangenheit Wege für die Zukunft der Branche. Im Fokus bei den rund 50 Neuheiten stehen Elektro- und Hybridautos. So zeigt BMW ein elektrisch angetriebenes 1er Coupé, Mercedes die M-Klasse mit Hybrid und VW eine Studie mit Umwelttechnologie - mehr wollten die Wolfsburger nicht verraten. Gespannt erwartet werden auch Neuigkeiten von GM zum ambitionierten Elektromodell Chevrolet Volt, das Ende des Jahres in Kalifornien auf den Markt kommen soll. Das europäische Pendant, der Opel Ampera, soll von 2011 an verkauft werden.

Bescheidenheit in Detroit

Bis aber Autos mit den neuen, «grünen» Antriebstechnologien massenhaft auf den Straßen fahren, dürften noch etliche Jahre vergehen. Und so sind in Detroit nach wie vor auch viele große und schwere Spritschlucker zu sehen - und Luxuswagen. «Es ist das alte Spiel: Die ausgestellten Autos, die man auch kaufen kann, haben vor allem konventionelle Antriebe», sagt Diez.

In der Cobo Hall in Detroit, der Messe unweit der GM-Zentrale, dürfte allerdings wie bereits zu Beginn des Krisenjahres 2009 erneut Bescheidenheit herrschen. Die Zeiten spektakulärer Shows scheinen vorbei zu sein: Noch ein Jahr zuvor hatte Chrysler sogar extra eine Herde Texas-Rinder vor die Messehalle treiben lassen, um einen neuen Pick-up vorzustellen.

Phase der Neuordnung

Bereits Mitte dieses Jahrzehnts werden die USA laut Prognosen ihre Stellung als Welt-Automarkt Nummer eins abtreten - an China. Auch die chinesischen Autobauer, auf den Branchenmessen lange belächelt, werden immer selbstbewusster, ihre Bedeutung steigt. Jüngstes Beispiel: Der US-Autokonzern Ford verkauft die schwedische Traditionsmarke Volvo an den chinesischen Hersteller Geely.

Weltweit befindet sich die Autobranche derzeit in einer Phase der Neuordnung. Alte Schwergewichte wie die «Big Three», die drei US-Autoriesen GM, Ford und Chrysler, verlieren dramatisch an Bedeutung. Auch der weltgrößte Autobauer Toyota hat ein schwieriges Jahr hinter sich. Gewinner der Krise dagegen war Volkswagen. Die Wolfsburger legten beim Absatz gegen den Trend zu, gewannen den Übernahme-Machtkampf mit Porsche, stärkten durch eine Allianz mit Suzuki ihre Position in Asien und bei Kleinstwagen - und streben an die Weltspitze. (dpa)

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