Bescheidene Situation

Automobilindustrie

Rabenschwarze Aussichten für die Autoindustrie: Ein gefährlicher Mix aus Finanzkrise, Kreditklemme und hausgemachten Problemen hat die Hersteller in die schwerste Krise seit Anfang der 90er Jahre gebracht.

Der Abbau tausender Stellen und ein Händlersterben scheinen in der deutschen Schlüsselindustrie mit mehr als 760 000 Mitarbeitern unausweichlich. Der Verband der Automobilindustrie (VDA) ruft nach der Politik. Dennoch ist längst nicht alles verloren: Manche Ökonomen halten die Schwarzmalerei für überzogen und empfehlen den Konzernen, schnell schadstoffarme Autos auf den Markt zu bringen - dann werde sich der Erfolg im Autohaus schon einstellen.

Unsichere Ost-Märkte

Die Finanzkrise hat die Autokonzerne in Bedrängnis gebracht. Zwar dümpelte der Inlandsabsatz auch 2007 schon vor sich hin, doch der Export ließ Ausfuhren und Produktion auf neue Rekorde springen. Jetzt aber brechen die Auslandsmärkte rapide weg. Selbst bei sicheren Abnehmern wie Russland, Osteuropa und China schwindet die Nachfrage nach Autos «Made in Germany». Im Inland springt die Politik der Industrie bei. Als Teil des Konjunkturpakets will die Bundesregierung umweltfreundliche Neuwagen für bis zu zwei Jahren von der Kfz-Steuer befreien. Doch es gibt Kritik: «Wegen 300 Euro Ersparnis kauft sich niemand ein neues Auto», sagt der Sprecher des Zentralverbands Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe (ZDK), Helmut Blümer.

Viele leere Versprechen

Kritiker werfen der Industrie zwei Fehler vor: Sie habe die Klimadebatte verschlafen und biete Neuwagen zu teuer an. Auf der Internationalen Automobilausstellung IAA im September 2007 hatte die Branche mit einem «grünen Image» für sich geworben. Davon ist heute nicht viel zu sehen. Zukunftsantriebe und Sparmodelle wie Hybrid sind mehr als ein Jahr später immer noch nicht serienreif. Dabei war die deutsche Industrie schon vor Jahren ihrer Zeit voraus mit dem Drei- Liter-Auto Lupo von VW und dem ersten Hybrid von Audi. Doch der Lupo floppte - und wenn die Spritpreise auf heutigem Niveau bleiben, könne dies wieder passieren, glaubt Dudenhöffer. Die CO2-Vorgaben von 2012 auf 2015 aufzuschieben, sei ein großer Fehler der Politik gewesen, denn dadurch würden auch Investitionen in Zukunftstechnik vertagt.

Zu teure Endpreise

«Die Hersteller haben zu sehr auf große Wagen wie Geländewagen gesetzt. Das war ein falscher Weg», sagt der Leiter des Instituts für Krisenforschung an der Universität Kiel, Frank Roselieb. Bei großen Wagen mit luxuriöser Ausstattung liegen die Margen höher. «Eine grüne Welle hat es nicht gegeben», kritisiert Roselieb. Zudem sind Wagen in den vergangenen Jahren immer teurer geworden. Laut VDA kostet ein Neuwagen heute im Schnitt 24 600 Euro. Kein Wunder, dass sich derzeit immer mehr Käufer kleinen Flitzern zuwenden. «Die Privatkunden haben sich aus dem hubraumstarken Segment weitgehend verabschiedet», sagt VDA-Präsident Matthias Wissmann. In den ersten zehn Monaten stieg der Absatz von Kleinstwagen um fast ein Viertel. Ganz vorn liegen in diesen Segmenten der smart von Daimler und der VW Polo.

Alarmstimmung bewi den Zulieferern

Die Zulieferindustrie ist in Alarmstimmung. «Wir befinden uns in der eklatant schwierigsten Lage seit 60 Jahren», sagt der Präsident des Zentralverbands Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe (ZDK), Robert Rademacher. Zwei von drei Autohändlern würden das laufende Jahr mit Verlusten abschließen. Trotz der pessimistischen Lage sehen Experten aber keinen Untergang der Autoindustrie. Deutschlands Autobauer haben in den letzten Jahren ihre Kosten gesenkt und Stellen abgebaut. So gehen BMW, Mercedes und Co. aus einer vergleichsweise starken Position in die Krise. «Die Lage ist bei weitem nicht so ernst wie vor einigen Jahren bei der Schiffbau- oder bei der Kohleindustrie», sagt Roselieb.
(dpa/AG)

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