«Audi profitiert am meisten von der Krise»

Interview mit Audi-Vertriebsvorstand Peter Schwarzenbauer

«Audi profitiert am meisten von der Krise»
Audi-Vertriebsvorstand Peter Schwarzenbauer © Foto: Audi

Audi will bereits in diesem Jahr erfolgreichster Premiumhersteller in Europa werden. Im Interview mit der Autogazette spricht Vertriebsvorstand Peter Schwarzenbauer über die Absatzkrise, Elektromobilität, den Kleinwagen A1 und den Zusammenschluss von VW und Porsche.

Der Ingolstädter Autobauer Audi will bereits in diesem Jahr erfolgreichster Premiumhersteller in Europa werden. «Audi ist bereits nach den ersten sechs Monaten dieses Jahres mit seinen Absatzzahlen in Europa die Nummer eins. Und wir wollen es über das Gesamtjahr bleiben. Ich bin zuversichtlich, dass uns das gelingen wird», sagte Audi-Vertriebsvorstand Peter Schwarzenbauer im Interview mit der Autogazette. Ursprünglich wollte Audi dieses Ziel erst im Jahr 2010 erreichen.

«Profitieren am meisten von der Krise»

Schwarzenbauer geht zudem davon aus, dass Audi im Jahr 2015 mit 1,5 Millionen Fahrzeugen weltweit zum erfolgreichsten Autobauer im Premiumsegment aufsteigen wird. «Diese Aussage bleibt bestehen. Wir glauben, dass Audi die Marke ist, die
am meisten von der Krise profitiert», sagte der Manager. «Wir werden auch in diesem Jahr ordentlich Geld verdienen, entsprechend können wir unserer Produktplanung unabhängig von der Krise konsequent folgen. Bei den Wettbewerbern sehe ich da doch die ein oder andere Bremsspur.»

«Zusammenschluss für beide Seiten gut»

Der Audi TT RS Raodster Foto: Audi

Autogazette: Herr Schwarzenbauer, sind Sie erleichtert, dass Porsche den Übernahme-Machtkampf verloren hat und als zehnte Marke in den VW-Konzern integriert werden soll?

Peter Schwarzenbauer: Ich bin erleichtert, dass es endlich zu einer Entscheidung gekommen ist.

Autogazette: Das Ergebnis müsste Sie doch freuen. Denn bei einem anderen Ausgang hätten Sie einen Einfluss von Porsche auf die Modellpolitik von Audi befürchten müssen.

Schwarzenbauer: Ich habe das weder vorher als Befürchtung gesehen noch sehe ich das jetzt. Wieso sollte man denn Einfluss auf ein derart erfolgreiches Geschäft wie Audi nehmen?

Autogazette: Weil Sie beispielsweise mit dem Audi R8 oder dem TT RS Konkurrenzprodukte zu Porsche im Angebot haben.

Schwarzenbauer: Jedes Produkt, das Geld verdient, macht Sinn. Und bei Audi gibt es nur solche Produkte.

Autogazette: Wer profitiert am meisten von dem Zusammenschluss?

Schwarzenbauer: Es ist für beide Seiten gut, diesen Zusammenschluss zu vollziehen. Für Porsche bietet sich der Vorteil, von den Möglichkeiten eines Großkonzerns zu profitieren. Aber auch von Porsche können Anreize für den Konzern kommen.

«Ausgezeichnet aufgestellt»

A5 Cabrio Foto: Audi

Autogazette: Verfügt der VW-Konzern mit Audi, Porsche, Bugatti, Lamborghini und Bentley damit nicht über ein fast schon beherrschendes Luxuswagensegment?

Schwarzenbauer: Produktseitig sind wir ausgezeichnet aufgestellt. Ich kenne kein anderes Unternehmen, das derart gut aufgestellt ist wie der VW-Konzern. Und dank der Bandbreite erfolgreicher Produkte wird VW mittelfristig zum erfolgreichsten Automobilhersteller der Welt aufsteigen.

Autogazette: Der Erfolg eines Autoherstellers in der Zukunft wird davon abhängen, welche Antworten man den Kundenzum Thema nachhaltige Mobilität anbieten kann. Reicht es da aus, wie Audi nur auf effiziente Motoren zu setzen und Alternative Antriebe zu vernachlässigen?

Schwarzenbauer: Wir arbeiten intensiv an der Entwicklung alternativer Antriebe; unmittelbar erreicht man Effizienzsteigerungen aber durch konsequente Arbeit an den Benzin- und Dieselmotoren, die jetzt auf die Straße kommen. In Zukunft wird man beides benötigen, um Erfolg zu haben: Hocheffiziente Motoren und nachhaltige elektrische Mobilität. Wir reden vielleicht weniger als die Konkurrenz darüber, dafür handeln wir zielgerichtet.

«Das kann jede Bastelbude um die Ecke»

Audi Q7 Foto: Audi

Autogazette: Machen Sie es nicht zu einfach? Daimler erprobt den Elektro-Smart, BMW den Elektro-Mini. Sie haben so etwas nicht zu bieten.

Schwarzenbauer: Kleine Flotten mit halbentwickelten, schweren Batterien auszustatten ist relativ simpel. Das kann Ihnen jede Bastelbude um die Ecke machen. Davon hat der Kunde aber wenig - denn die Alltagstauglichkeit ist gleich null. Aus Sicht von Audi ist das nicht die richtige Strategie.

Autogazette: Wie schaut denn bei Audi der Ansatz aus?

Schwarzenbauer: Sehen Sie - auch in der Vergangenheit wurden teure, innovative Technologien Top-Down eingeführt. Anders zu verfahren macht wirtschaftlich keinen Sinn. Ein Kleinwagen kostet heute im Premiumsegment 15.000 bis 20.000 Euro. Wenn Sie dieses Auto mit einer Batterie ausstatten, die für vollelektrisches Fahren erforderlich ist, sind sie bei 30.000 Euro. Welcher Kunde eines Kleinwagens ist bereit, für eine solche Technologie diesen Aufpreis zu bezahlen? Ich kenne keinen. Auf der IAA werden Sie eine Antwort darauf bekommen, wie Audi sich die Einführung der Elektromobilität vorstellt. Lassen Sie sich überraschen.

«Sportliche Interpretation eines Elektroautos»

Der Audi R8 Foto: Audi

Autogazette: Überraschen Sie mich bitte schon jetzt?

Schwarzenbauer: Passend zur Marke wird es eine extrem sportliche Interpretation eines Elektroautos geben - auf Basis eines unserer Top-Modelle.

Autogazette: Ab wann wird dieses Auto auf den Straßen zu sehen sein?

Schwarzenbauer: Wir werden eine erste Testflotte 2012/2013 auf den Straßen sehen, die Serienfertigung ist für 2015 vorgesehen: und zwar voll alltagstauglich, ohne Einschränkungen für unsere Kunden.

Autogazette: Umweltminister Gabriel wollte über ein Marktanreizprogramm den Kauf von 100.000 Elektroautos mit je 5000 Euro fördern, Finanzminister Steinbrück ist dagegen. Ist zur Marktdurchdringung eine solche Förderung nicht dringend erforderlich?

Schwarzenbauer: In der Einführungsphase der Elektromobilität wird es wohl eines gewissen Anreizes für den Endverbraucher bedürfen. Ähnliches gab es ja etwa auch bei der Einführung des KAT. Grundsätzlich bin ich aber kein großer Freund davon, sich beim Absatz auch kostspieliger Technologien nur auf die Politik zu verlassen.

«Kauf staatlich fördern müssen»

Autogazette: Halten Sie die Aussage der Regierung für realistisch, bis 2020 eine Million Elektroautos auf den deutschen Straßen zu haben?

Schwarzenbauer: Aus heutiger Sicht kann ich mir das kaum vorstellen - auch, weil heute noch so viele Fragen beim Thema Infrastruktur offen sind. Und -wenn man bis 2020 eine Million Elektrofahrzeuge auf unseren Straßen sehen will, wird man den Kauf wohl tatsächlich staatlich fördern müssen.

Autogazette: Sie bringen im Sommer 2010 den Kleinwagen A1 auf den Markt. Ist das nicht arg spät?

Schwarzenbauer: Der A1 kommt für uns genau zum richtigen Zeitpunkt. Immer mehr Kunden suchen auch bei einem Kleinwagen - oft ihrem Zweitwagen - nach mehr Komfort. Audi bietet ihnen jetzt ein Premiumauto auch in diesem Segment, und zwar als erste Premiummarke mit unserem eigenen Signet.

«Preis von 16.000 bis 18.000 Euro für A1»

Der Audi A1 Foto: Audi

Autogazette: Wo wird der Preis liegen?

Schwarzenbauer: Wir sind gerade dabei, den Preis festzulegen. Einen Preis in der Größenordnung von 16.000 bis 18.000 Euro kann ich mir gut vorstellen.

Autogazette: Audi konnte im Juni mit weltweit 91.234 verkauften Autos erstmals in diesem Krisenjahr wieder ein Plus von 1,3 Prozent erzielen. Sehen Sie das als Trendwende?

Schwarzenbauer: Bereits seit dem April stellen wir fest, dass die Talsohle erreicht ist und sich die Weltmärkte auf niedrigem Niveau stabilisieren. Wir gehen davon aus, dass es 2010 wieder leicht aufwärts geht. Mit richtigem Schwung rechnen wir aber erst wieder ab 2011.

Autogazette: Der Halbjahresverlust von Audi liegt mit 466.000 Auslieferungen bei 9,7 Prozent. Gehen Sie trotz der positiven Juni-Zahlen weiterhin von einem Absatz von 900.000 Fahrzeugen aus?

Schwarzenbauer: Wir bleiben bei dieser Prognose. Wenn wir in diesem Jahr die 900.000 Fahrzeuge hinbekommen, war es ein erfolgreiches Jahr für uns - und wir haben einmal mehr erreicht, was wir - in diesem Fall zu Beginn des Jahres- angekündigt haben.

Autogazette: Ab wann rechnen Sie damit, wieder eine Million Fahrzeuge wie im Rekordjahr 2008 zu verkaufen?

Schwarzenbauer: Ich denke, dass wir dafür zwei bis drei Jahre benötigen.

«Wollen Nummer eins bleiben»

Der A5 Sportback Foto: Audi

Autogazette: Halten Sie weiter daran fest, in 2010 die Nummer eins unter den Premiumherstellern in Europa zu werden?

Schwarzenbauer: Nein - das sollte uns bereits in diesem Jahr gelingen. Audi ist bereits nach den ersten sechs Monaten dieses Jahres mit seinen Absatzzahlen in Europa die Nummer eins. Und wir wollen es über das Gesamtjahr bleiben. Ich bin zuversichtlich, dass uns das gelingen wird.

Autogazette: Müssen Sie aufgrund der fragilen Marktverhältnisse Ihr Ziel korrigieren, bis 2015 weltweit 1,5 Millionen Fahrzeuge zu verkaufen und damit erfolgreichster Hersteller zu werden?

Schwarzenbauer: Diese Aussage bleibt bestehen. Wir glauben, dass Audi die Marke ist, die am meisten von der Krise profitiert. Wir werden auch in diesem Jahr ordentlich Geld verdienen, entsprechend können wir unserer Produktplanung unabhängig von der Krise konsequent folgen. Bei den Wettbewerbern sehe ich da doch die ein oder andere Bremsspur.

Autogazette: Es bleibt also auch dabei, dass Sie bis 2015 jährlich zwei Milliarden Euro in neue Produkte investieren wollen?

Schwarzenbauer: Dabei bleibt es. Derzeit haben wir 32 Modelle im Angebot, 2015 werden es mit diesen Milliarden-Investitionen mehr als 40 sein. Aufgrund unserer attraktiven Modellpalette rechnen wir mit entsprechenden Verkaufserfolgen - und, für mich die entscheide Maßgabe: Wir werden dabei auch wirtschaftlich erfolgreich sein.

«Eine hervorragende Leistung»

Peter Schwarzenbauer (l.) mit Arnold Schwarzenegger auf der Los Angeles Motor Show 2008 Foto: Audi

Autogazette: In den USA mussten Sie im ersten Halbjahr mit rund 38.000 verkauften Autos ein Minus von 15,9 Prozent hinnehmen. Müssen Sie sich auch im kommenden Jahr auf Verluste in dieser Höhe einstellen?

Schwarzenbauer: Ein Minus von 16 Prozent ist eine hervorragende Leistung, wenn der Gesamtmarkt im gleichen Zeitraum um über 30 Prozent zurückgegangen ist. Alle anderen Wettbewerber sind schlechter unterwegs.

Autogazette: Kann Audi von der neuen Klimapolitik von US-Präsident Obama profitieren, der die Ära der Spritverschwendung beenden will und den Durchschnittsverbrauch bis 2016 von neun auf 6,6 Liter für Autos und Kleinlaster senken will?

Schwarzenbauer: Ich denke, dass wir mit unseren Produkten von der neuen Klimapolitik der USA profitieren werden. Audi hat heute schon Motoren im US-Markt, die die aktuell diskutierten Vorgaben erfüllen. Und mit jeder neuen Motorengeneration realisieren wir weitere Effizienzsteigerungen von etwa 15 Prozent. Zudem haben wir gerade damit begonnen, in einer umfassenden Kampagne unsere effizienten TDI-Motoren in den USA populärer zu machen. Wenn nur ein Drittel der Amerikaner Diesel fahren würde, könnte man 1,4 Millionen Barrel Rohöl pro Tag einsparen. Klimapolitisch wäre es also enorm wichtig, mehr auf Diesel-Antriebe zu setzen: Mit TDI, wie auch mit den effizienten Benzin-Direkteinspritzern, haben wir bei Audi eine Technologie im Angebot, die hier und heute verfügbar ist - und gegenüber den heute auf amerikanischen Straßen fahrenden Spritschluckern einen signifikanten Unterschied machen kann.

Das Interview mit Peter Schwarzenbauer führte Frank Mertens

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