Astra-Export auf Weg zum Wohltätigkeitsprojekt

Opel und Saturn werden stärker als bisher zusammenarbeiten. «Sie werden sich zukünftig alle Modelle teilen», kündigte GM-Vizepräsident Bob Lutz in San Diego an.

Von Frank Mertens, San Diego

Bob Lutz war bester Laune. Der Vize-Präsident von General Motors (GM) legte am Rande der Fahrpräsentation des Opel Astra in San Diego die Topmanagern sonst selbst auferlegte Zurückhaltung schnell ab: Der mittlerweile 75-jährige Lutz sprach vor einer kleinen Gruppe deutscher Journalisten Klartext.

Wenig investiert

So gestand Lutz angesichts des Wechselkurses zwischen Euro und Dollar ein, dass GM heute mit Blick auf den Export des Astra von Europa in die USA zu einer anderen Lösung kommen müsste als wie vor zweieinhalb Jahren. Damals hatte man sich entschieden, den Opel Astra auf den US-Markt zu bringen und das Fahrzeug dabei in Europa produzieren zu lassen. «Als wir damals die Entscheidung getroffen haben, war das Euro-Dollar-Verhältnis noch weitaus freundlicher», betonte Lutz. «Wenn der Euro gegenüber dem Dollar weiter steigen sollte, können Sie schreiben, dass das ein Wohltätigkeitsprojekt wird», fügte Lutz hinzu.

Das beste an der damals getroffenen Entscheidung sei gewesen, dass man wenig in dieses Fahrzeug investieren musste. «Hätten wir dieses Auto extra für Saturn entwickeln lassen, wären uns 800 bis 900 Millionen Dollar an Entwicklungskosten und Investitionen ins Werk entstanden. Bei der Preisgestaltung und der angepeilten Stückzahl wäre es unmöglich gewesen, Geld zu verdienen», sagte Lutz.

45.000 Einheiten als Ziel

Der Saturn Astra Foto: General Motors

Doch jetzt, da GM das Auto von seiner deutschen Tochter Opel übernommen hat, entstehen gerade einmal Kosten in Höhe von unter 100 Millionen. So mussten aufgrund der unterschiedlichen Crashbestimmungen beim Astra unter anderen die vorderen und hinteren Stoßfänger angepasst werden, was zu einer kleinen Verlängerung des Fahrzeuges führte. Der Opel Astra, der in den USA als Saturn Astra firmiert, wird dort Ende des Jahres seine Markteinführung feiern. Pro Jahr erwartet Saturn-Chefin Jill Lajdziak einen Absatz von 45.000 Einheiten.

Selbstkritisch räumte Lutz ein, dass ein solcher Modelltransfer jahrelang innerhalb des Konzerns nicht möglich gewesen wäre, da GM acht bis zehn Jahre zu lange eine streng regional ausgerichtete Investitions- und Produktpolitik betrieben habe. Zudem habe man keine erkennbare globale Strategie für den Produktaustausch besessen. «GM war über vier Jahre ein Unternehmen, das aus vier autonomen Autofirmen bestand.»

Dreifacher Profit

Damals, so berichtete Lutz, seien «Projekte bereits frühzeitig gestorben, weil man sich am Ende nicht geeinigt hat, wer welchen Teil vom Gewinn einstreicht.» Doch diese Zeiten gehören bei GM der Vergangenheit an. Man hat gelernt -von der Konkurrenz, die sich schon vor Jahren globaler aufgestellt hat. So stelle man sich bei Mitbewerbern wie Toyota oder Mitsubishi ausschließlich die Frage, ob der Modelltausch für das Unternehmen eine gute Sache sei oder auch nicht.

Wie Lutz sagte, solle die Marke Saturn zukünftig weiter von der Marke Opel profitieren. Durch den Modellaustausch spare man sich die Entwicklungskosten für eine Marke komplett ein. «Saturn und Opel werden sich zukünftig alle Modelle teilen.» Damit profitiert GM gleich dreifach. Nachdem es bisher nur den Austausch zwischen Opel und Vauxhall gegeben habe, komme nun als dritte Marke Saturn hinzu. Hier finden drei Marken zueinander, die sich regional keine Konkurrenz machen und sich gegenseitig Kunden abjagen. Mit diesem Dreigestirn wolle man erfolgreich in die Zukunft blicken.

Erster Rang nicht wichtig

Bob Lutz präsentiert in Detroit den Chevrolet Volt Foto: dpa

Dabei müsse es nicht so sein, wie Lutz sagte, dass die Autos ausschließlich in Europa designt, entwickelt und gebaut werden. Es kann auch umgekehrt funktionieren, wie beim Saturn Sky, der in Deutschland als Opel GT firmiert. Das sei vor allem aufgrund des Wechselkurses wichtig. «Denn sollte der Wechselkurs des Euro zum Dollar so bleiben wie bisher, dann ist der Bau bestimmter Fahrzeuge in den USA oder in Mexiko für den Export viel lukrativer.» Deshalb bleibe es auch zukünftig möglichst bei der Marschroute, dass Autos dort gebaut werden, wo sie auch gekauft werden.

Mit Blick auf den Zweikampf zwischen Toyota und GM um den Titel des größten Autobauers der Welt stellte Lutz fest, dass ihm der Ausgang letztlich nicht wichtig sei. «Man fühlt sich sehr wohl in einer kleineren Firma, der es sehr gut geht. Man fühlt sich indes nicht wohl in einer Riesenfirma, die keinen Fortschritt macht.»

Deshalb ist die Frage, wer die Nummer eins im Volumen wird, nur eine zweitrangige. Viel wichtiger ist es, ob am Ende der Ertrag für die Aktionäre stimme. Deshalb werde man auch kein Geld dafür ausgegeben, am Ende des Jahres weltgrößter Autobauer zu werden.

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