Umweltbundesamt: Spritpreis sozialverträglich erhöhen

Vielzahl von Forderungen

Umweltbundesamt: Spritpreis sozialverträglich erhöhen
Die Spritpreise erreichen immer neue Höchststände. © dpa

Zur Erreichung der Klimaziele hat sich das Umweltbundesamt für einschneidende Maßnahmen beim Verkehr ausgesprochen. Kritik kommt vom ADAC.

So fordert das Umweltbundesamt (UBA) höhere Spritpreise, eine Abschaffung der Pendlerpauschale, einen massiven Ausbau von Bussen und Bahnen, ein Tempolimit und eine Pkw-Maut. Der CO2-Preis sollte demnach ab 2022 im Vergleich zur bisherigen Planung mindestens verdoppelt werden. Das würde deutlich steigende Benzin- und Dieselpreise bedeuten. Im Gegenzug will das Bundesamt einen sozialen Ausgleich.

„Der Verkehr steuert beim Klimaschutz in die falsche Richtung“, sagte der Präsident des Umweltbundesamts, Dirk Messner, der Nachrichtenagentur dpa. „Ohne massive Anstrengungen auch dort wird es insgesamt nichts mit dem Klimaschutz.“ Es seien im Verkehrssektor viel wirkungsvollere Maßnahmen notwendig.

EEG-Umlage senken

„Auch wenn die Spritpreise derzeit sehr hoch sind, sagen die Preise für Benzin und Diesel nicht die ökologische Wahrheit“, erklärte Messner. „Aus Klima- und Umweltschutzsicht ist es sinnvoll, den CO2-Preis weiter zu erhöhen. Und das ist auch sozialverträglich möglich, wenn der Staat die zusätzlichen Einnahmen aus der CO2-Bepreisung nutzt, um die EEG-Umlage deutlich zu senken und gleichzeitig klimaverträgliche Antriebstechnologien zu fördern.“
Messner sagte weiter: „Mir ist bewusst, dass die aktuellen Spritpreise an den Tankstellen viele davon abschrecken, diese Diskussionen zu führen. Wir müssen uns aber ehrlich machen und alle Optionen diskutieren. Dabei gehören steigende CO2-Preise und Rückzahlungen an die Bürgerinnen und Bürger zusammen.“

Der Verkehrssektor sei der einzige Bereich in Deutschland, der seine Treibhausgas-Emissionen gegenüber 1990 nicht gemindert habe. „Was noch schlimmer ist: Wir werden auch die selbst gesetzten Ziele aus dem Klimaschutzgesetz bis 2030 im Verkehrssektor deutlich verfehlen, wenn wir nicht massiv nachsteuern. Mit den aktuell beschlossenen Maßnahmen landen wir im Jahr 2025 bei 28 Millionen Tonnen zu viel und liegen im Jahr 2030 sogar 41 Millionen über den gesetzlichen Zielen.“

Reformpaket des UBA umsetzen

Diese riesige Lücke könne aber geschlossen werden, wenn ein Reformpaket des Umweltbundesamtes umgesetzt werde, so Messner. „Wir setzen stark auf den Ausbau der Alternativen zum Pkw- und Lkw-Verkehr, auf Elektrifizierung und eine verursachergerechte, aber auch sozialverträgliche CO2-Bepreisung des Verkehrs.“

Die Behörde schlägt in einem umfassenden Papier etwa vor, das Dieselprivileg ab 2023 schrittweise abzuschaffen – bisher wird Diesel geringer besteuert als Benzin. Außerdem solle die steuerliche „Subventionierung“ von Dienstwagen ab 2022 schrittweise abgebaut werden. Die Pendlerpauschale solle ab 2027 abgeschafft werden, heißt es weiter. Sie setze Fehlanreize für den Klimaschutz. Die Pauschale unterstützte den Trend zu langen Arbeitswegen. Zugleich würden Arbeitswege überdurchschnittlich häufig in Pkw mit nur einem Insassen zurückgelegt. Um soziale Härten abzufedern, sollten Wegekosten in Härtefällen bei der Einkommenssteuer berücksichtigt werden.

Messner sagte: „Natürlich wird man uns wieder vorwerfen, den üblichen „Giftschrank“ aufzumachen. Es ist aber die bittere Wahrheit, dass wir im Verkehrssektor viel Zeit verloren haben und daher nun viele Stellschrauben gleichzeitig bewegen müssen, damit die Klimawende noch gelingt.“ Das Umweltbundesamt hatte erst vor kurzem eine Liste mit klimaschädlichen Subventionen vorgelegt.

ÖPNV massiv ausbauen

Die Behörde schlägt weiter vor, den Öffentlichen Personennahverkehr, den Rad- und Fußverkehr und die Schiene mit zusätzlichen Milliarden Euro massiv auszubauen. Für neue Pkw solle es strengere, europäische CO2-Flottenzielwerte geben, um die Markteinführung von Elektroautos zu beschleunigen. Die Alternative sei eine nationale E-Quote. Der Kauf neuer CO2-armer und damit klimaschonender Pkw könne durch einen Bonus gefördert werden – und der solcher mit hohem CO2-Ausstoß durch einen Malus verteuert.

Bereits in der laufenden Dekade müssten die Weichen gestellt werden, damit Deutschland bis 2045 klimaneutral werden könne, heißt es in dem Papier. Dazu seien auch Instrumente nötig, die erst nach 2030 wirkten.

UBA für Pkw-Maut

Das Umweltbundesamt schlägt etwa die Einführung einer Pkw-Maut auf allen Straßen ab etwa 2030 vor. „Eine fahrleistungsabhängige Pkw-Maut setzt Anreize, Autofahrten zu verkürzen oder ganz einzusparen oder stattdessen auf klimafreundlichere Verkehrsmittel umzusteigen“, heißt es im Papier. Eine Pkw-Maut würde künftig den größten Beitrag zur Straßenfinanzierung leisten. Dies sei auch nötig, weil eine zunehmende Elektrifizierung des Verkehrs zu sinkenden Einnahmen durch die Energiesteuer führe. Die Einführung einer Pkw-Maut in Deutschland war 2019 vom Europäischen Gerichtshof gestoppt worden.

Messner sprach sich außerdem für ein generelles Tempolimit von 120 Stundenkilometern auf Autobahnen aus. Dieses könnte praktisch sofort und ohne Mehrkosten dem Klima helfen und erhöhe zudem die Verkehrssicherheit. SPD, Grüne und FDP haben in ihrem Sondierungspapier einem generellen Tempolimit aber bereits eine Absage erteilt – die FDP ist gegen ein Tempolimit.

Kritik vom ADAC

Deutlich Kritik kam an den Vorschlägen des UBA vom ADAC. „Hier wird aus dem Elfenbeinturm heraus argumentiert. Der Ausbau von ÖPNV und Ladeinfrastruktur kommt nur langsam voran, die Energiepreise steigen marktbedingt auf neue Höchststände und dennoch will das Umweltbundesamt die Verbraucher mit einer Abgabenorgie zusätzlich belasten“, sagte ADAC Verkehrspräsident Gerhard Hillebrand. „ Als ADAC wenden wir uns nicht gegen gezielte Preissignale für mehr Klimaschutz wie eine vollständige Ausrichtung der Kfz-Steuer an CO2 oder den bereits beschlossenen Hochlauf des CO2-Preises“, so Hillbrand weiter. „Zur Lebensrealität der Menschen passt es aber nicht, die Gesamtbelastung der Menschen aus dem Blick zu verlieren. Derart massive Preissignale treffen die Bevölkerung zu einem Zeitpunkt, an dem sie teilweise bereits an der Belastungsgrenze sind und Alternativen schlichtweg nicht in ausreichendem Maße zur Verfügung stehen.“

Begrüßt werden die Vorschläge von Greenpeace. „Das Umweltbundesamt spricht das Offensichtliche aus: Nur wenn an einer ganzen Reihe Schrauben gleichzeitig gedreht wird, kann der Verkehr seinen Klimarückstand aufholen. Die Vorschläge des UBA sind also kein Angebot, aus dem man sich ein paar aussucht – es braucht jede einzelne dieser Maßnahmen, um die Klimaziele zu erreichen“, so Verkehrsexperte Tobias Austrup. „Klimaschutz im Verkehr scheitert auch nicht an der Sozialverträglichkeit – die horrenden klimaschädlichen Subventionen im Verkehr begünstigen vor allem vielfahrende Gutverdiener, nicht die Krankenschwester im Kleinwagen“, so Austrup. (FM/dpa)

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