Umweltbundesamt: Dieselpreis um 70 Cent erhöhen

Zur Erreichung der Klimaziele

Umweltbundesamt: Dieselpreis um 70 Cent erhöhen
Das Umweltbundesamt fordert größere Anstrengungen für die Erreichung der Klimaziele. © dpa

Zur Erreichung der Klimaziele fordert das Umweltbundesamt Maßnahmen wie ein Tempolimit und eine Erhöhung des Dieselpreises. Kritik kommt aus dem Bundesverkehrsministerium.

So spricht sich das UBA für Tempo 120 auf Autobahnen, höhere Steuern vor allem auf Diesel, ein Aus für die Pendlerpauschale und eine höhere Lkw-Maut aus: Um die deutschen Klimaziele im Verkehr zu erreichen, hat das Umweltbundesamt (UBA) drastische Einschnitte empfohlen.

Die Behörde veröffentlichte am Donnerstag ein entsprechendes Positionspapier, das allerdings schon ein halbes Jahr alt ist. Demnach empfiehlt die Behörde unter anderem, die Steuern auf Diesel bis 2030 um mehr als 70 Cent pro Liter zu erhöhen. Benzin müsste demnach um etwa 47 Cent teurer werden. Zuerst hatte die «Süddeutsche Zeitung» aus dem Papier zitiert.

Kritik vom Verkehrsminister

Vom Verkehrsminister kam Kritik. «Die Bürger erneut mit Verzicht, Verbot und Verteuerung à la Bundesumweltamt in Panik zu versetzen, ist der falsche Ansatz», sagte Andreas Scheuer (CSU). «Wir sind gerade mitten in der konkreten Umsetzung des ausgewogenen Klimapakets. Das ist gemeinsam so beschlossen – und nichts anderes.»

Beim Verkehr hat sich seit 1990 im Klimaschutz wenig getan – zwar verbrauchen Autos heute weniger Sprit, aber es wird mehr gefahren. Das UBA fordert deswegen ein generelles Tempolimit von 120 Kilometern pro Stunde auf Autobahnen.

Steuerprivilegien etwa für Dienstwagen sollten gestrichen und die Pendlerpauschale abgeschafft werden. Der Zeitpunkt der Veröffentlichung ist bemerkenswert: Gerade erst hat die große Koalition beschlossen, die Pendlerpauschale ab dem 21. Kilometer zu erhöhen, um auszugleichen, dass ein CO2-Preis Diesel und Benzin teurer machen soll.

Soziale Härtefalle ausgleichen

CO2 steigt weiter an. Foto: dpa
Die CO2-Belastung ist weiter angestiegen. Foto: dpa

Dieser CO2-Preis könnte den UBA-Berechnungen zufolge in Form einer Energiesteuer bis auf 205 Euro pro Tonne steigen. Wichtig sei dabei, soziale Härtefälle auszugleichen. Einnahmen etwa aus der Energiesteuer könne der Staat an die Bürger ausschütten. Allerdings hat die Koalition ein anderes Modell gewählt: Sie will die Energiesteuern gar nicht erhöhen, sondern einen Handel mit Verschmutzungszertifikaten einführen, an dem sich Unternehmen beteiligen, die in Deutschland Sprit verkaufen. Der Einstiegspreis der Zertifikate soll 2021 bei nur 10 Euro liegen, was Benzin um etwa 3 Cent verteuern dürfte – Klimaschützer halten das für viel zu wenig.

Die direkte Rückzahlung an die Bürger, die Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) wollte, konnte sie im Klimapaket nicht durchsetzen. «Grundsätzlich sind die in der UBA-Studie genannten Maßnahmen geeignet, um die Klimaziele im Verkehrsbereich zu erreichen», sagte ein Sprecher des Umweltministeriums. «Die vorgeschlagenen Maßnahmen sind aber im Grunde nichts Neues.» Wenn das Klimapaket – das neben einem moderaten CO-Preis vor allem auf Fördermaßnahmen setzt – nicht ausreiche, müsse nachgesteuert werden, das sehe das neue Klimaschutzgesetz vor.

Auch Lkw-Maut soll steigen

Auch die Maut für Lkw müsste aus Sicht des Umweltbundesamts stark steigen. Dahinter steht das Ziel, Waren verstärkt auf der Schiene statt auf der Straße zu transportieren. Klimafreundliche Verkehrsalternativen müssten stärker gefördert werden als bisher. Das UBA schlägt unter anderem eine Quote für neue Elektroautos vor. Sinnvoll wäre demnach, Hersteller zu verpflichten, 2030 einen 70-prozentigen Anteil an Elektroautos auf den Markt zu bringen.

Umweltorganisationen sehen sich mit dem Bericht in ihrer Kritik am Klimapaket der Bundesregierung bestätigt. «Das aktuelle Gutachten des UBA unterstreicht eindrücklich, wie notwendig grundlegende Nachbesserungen des Klimapakets sind», sagte Benjamin Stephan von Greenpeace. Jens Hilgenberg vom BUND sagte, die Pläne des UBA deckten sich «in weiten Teilen» mit Standpunkten seiner Organisation.

Das Papier, das viele bereits bekannte Forderungen des Umweltbundesamtes sammelt, war im Juni erstellt worden, als die Bundesregierung ihr Klimapaket vorbereitete. Inzwischen ist das «Klimaschutzprogramm 2030» beschlossen, allerdings sucht der Vermittlungsausschuss von Bundesrat und Bundesrat noch Kompromisse zu bestimmten Plänen wie der Pendlerpauschale.

Klimaziele der Regierung

Deutschland will seinen Ausstoß an klimaschädlichen Treibhausgasen bis 2030 um 55 Prozent reduzieren im Vergleich zu 1990. Im Verkehrssektor soll der Ausstoß laut Umweltbundesamt um 40 bis 42 Prozent sinken. Berücksichtige man die bereits beschlossenen Maßnahmen – etwa günstigere Bahntickets im Fernverkehr -, würden die klimaschädlichen Abgase 2030 aber weit über diesem Wert liegen.

Der ADAC kritisierte die Vorschläge, sie gingen an der Lebenswirklichkeit vieler Menschen völlig vorbei. FDP-Fraktionsvize Frank Sitta sagte, die Forderungen seien ein «Vorgeschmack dessen, was auf die Bürger zukommen wird» – weil das Klimapaket der Koalition scheitern werde, würden die Menschen künftig «mit solchen radikalen Maßnahmen drangsaliert» werden. Der CSU-Verkehrspolitiker Ulrich Lange betonte dagegen: «Ein Tempolimit und drastische Energiesteuererhöhungen gehören ebenso wenig zum Klimaschutzprogramm wie die Abschaffung der Pendlerpauschale.» Es scheine sich um einen «Diskussionsbeitrag» aus dem Sommer zu handeln. (SP-X)

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