Gottschalk: Stärkung der Biokraftstoffe forcieren

Bernd Gottschalk ruft die Politik zu einer Senkung der Mobilitätskosten auf. In einem Gastbeitrag für die Autogazette fordert der Präsident des Verbandes der Automobilindustrie eine Rücknahme der letzten bei Ökosteuerstufen.

Von Bernd Gottschalk

Das Jahr 2007 wird für die deutsche Automobilindustrie ein Jahr der Herausforderungen, das aber mit begründeter Zuversicht angegangen wird. Im Inland werden wir den „Nachhink-Effekt“ durch die Erhöhung der Mehrwertsteuer zu spüren bekommen - zumindest in den ersten Monaten.

Schlüsselbranche der Konjunktur

Auf den Auslandsmärkten wird der Wettbewerbsdruck nicht gerade nachlassen. Dennoch bin ich zuversichtlich, dass sich die Automobilindustrie ein weiteres Mal als Schlüsselbranche und Stütze der Konjunktur zeigen wird. Unsere Hersteller kommen im IAA-Jahr mit über 60 neuen und attraktiven Modellen und Modellvarianten auf den Markt. Überdies spricht einiges dafür, dass die Wachstumskräfte gestärkt sind, das Konsumklima sich aufhellt und die Verunsicherung der Verbraucher langsam nachlässt. Nicht nur der Ifo-Geschäftsklimaindex ist im Dezember auf den höchsten Stand seit 15 Jahren gestiegen, auch die Aktienkurse zeigen seit vielen Monaten nach oben.

Das abgelaufene Jahr 2006 war ein grundsolides Autojahr, das mit einem neuen Export- und Produktionsrekord, höheren Pkw-Neuzulassungen im Inland und steigenden Marktanteilen auf wichtigen Auslandsmärkten eine Reihe von Highlights gebracht hat. Ein „Abonnement“ allerdings, dass das auch im kommenden Jahr so weitergehen muss, gibt es zwar nicht, aber es gibt durchaus Chancen für die Fortsetzung des positiven Trends.

Senkung der Mobilitätskosten

Entschlossenheit und harte Arbeit werden aber notwendig sein, denn Gegenwind gibt es mehr als genug. Vor allem die Kosten der Mobilität steigen für die Autofahrer, ausgelöst durch ein erneutes Drehen an der Steuerschraube: Neben der Mehrwertsteuer - allein an der Zapfsäule werden dadurch 2 Milliarden Euro zusätzlich fällig - schlagen die Kürzung der Pendlerpauschale, Preiserhöhungen durch die Biokraftstoffquote, die höhere Versicherungsteuer und andere Maßnahmen der „Gegenfinanzierung“ zu Buche.

Dieser bittere Abgaben-Cocktail summiert sich auf über 8 Milliarden Euro und könnte - zumindest zu Jahresbeginn - nach dem letzten Silvester-Knaller zu einem „Kater“ bei der Kaufstimmung führen. Insofern lassen wir uns von den besonders guten Jahresendzahlen keineswegs blenden: Das hat wohl mehr mit dem Vorzieheffekt als mit einer nachhaltigen Erholung im Markt zu tun.

Andererseits lassen wir uns dadurch auch nicht von unserem Kurs abbringen. Wir rechnen damit, dass sich nach den ersten drei Monaten die Unsicherheit im Markt legen wird, dass die Autokonjunktur wieder auf höhere Drehzahlen kommt und im weiteren Jahresverlauf an Robustheit gewinnt. Wir bleiben also zuversichtlich und erwarten vor diesem Hintergrund ein Gesamtergebnis in der Nähe von 3,4 Millionen Pkw. Auch der Export wird sich voraussichtlich stabil entwickeln, ein Volumen in Vorjahreshöhe sollte möglich sein.

Letzte Ökosteuerstufen zurücknehmen

Allerdings wäre die Politik gut beraten, nicht ständig über neue Abgaben für den Autofahrer - wie die Pkw-Maut - öffentlich nachzudenken, sondern alles zu unternehmen, um die Mobilitätskosten zu senken. Eine Rücknahme der letzten beiden Ökosteuerstufen wäre der richtige Schritt, ein klares Signal an die Autofahrer und würde den Kraftstoffpreis um 7 Cent je Liter senken. Wer den Tanktourismus beklagt, sollte auch hinzufügen, dass rund zwei Drittel des Spritpreises in Deutschland auf Steuern und Abgaben entfallen. Da kann die Politik durchaus etwas tun.

Wir haben nicht nur in den letzten Jahren den spezifischen Kraftstoffverbrauch bei Neufahrzeugen um 25 Prozent gesenkt, sondern gehen jetzt auch noch einen entscheidenden Schritt weiter: Mit unserer Strategie „weg vom Öl“ lösen wir uns aus der gefährlichen Abhängigkeit von immer knapper und damit teurer werdenden fossilen Energien und setzen verstärkt auf die Beimischung biogener und weitgehend CO2-neutraler Kraftstoffe. Wer individuelle Mobilität für alle auch in Zukunft ermöglichen will, muss sich auf diese Veränderungen einstellen und neue Wege gehen.

Wir schaffen die technischen Voraussetzungen bei unseren Neufahrzeugen für eine Beimischungsquote von 10 Prozent - und leisten damit auch einen aktiven Beitrag zur Klimaverbesserung, zur Verringerung der CO2-Emissionen und zur Einhaltung des Kyoto-Protokolls. Wir erwarten nun von der Politik, dass sie die entsprechenden Rahmenbedingungen schafft, damit die Investitionen für die Einführung und nachhaltige Durchdringung dieser Zukunftsenergie am Standort Deutschland getätigt werden können. Planungssicherheit und Verlässlichkeit sind hier die Stichworte. Und das gilt nicht nur national, sondern auch europaweit.

Biokraftstoffe fördern

Ab 1. Januar übernimmt Deutschland die EU-Ratspräsidentschaft. Diese Chance sollte genutzt werden. Wir fordern die Bundesregierung auf, die Stärkung der Biokraftstoffe im europäischen Kraftstoffmarkt zu forcieren, um die Abhängigkeit der Europäischen Union von fossilen Kraftstoffen systematisch zu verringern. Der bislang schmale Pfad „weg vom Öl“ wird nur dann zur breiten Straße, wenn sich viele europäische Staaten gemeinsam auf den Weg machen. Wir wollen uns nicht mit einer nationalen „Insellösung“ zufrieden geben, auch wenn wir mit unseren bisherigen CO2-Einsparungen klarer „Europameister“ sind.

Dabei wird eine deutliche CO2-Einsparung vor allem mit dem Clean Diesel geschaffen, dessen Kraftstoffeffizienz um rund ein Viertel höher ist als die eines vergleichbaren Benzinmotors. Wenn also der Dieselanteil am Pkw-Markt steigt, hilft das dem Klima und schont die Ressourcen - und den Geldbeutel des Autofahrers!

Kein Wunder, dass der Diesel weiter „brummt“ - trotz der vorübergehenden Irritationen im Markt durch die Feinstaub-Diskussion. Heute sind 90 Prozent unserer neuen Diesel-Pkw mit Partikelfilter ausgestattet; wir liegen damit deutlich vor unseren Wettbewerbern und haben den technologischen Trend gesetzt.

Auch weltweit ist der Diesel auf dem Vormarsch. Nachdem in Westeuropa bereits jeder zweite Neuwagen ein Diesel ist - und jeder zweite Diesel eine deutsche Marke - , sieht man nun auch in Nordamerika und China mehr und mehr die Vorteile des Selbstzünders. Deutsche Marken bringen in den USA mit „BlueTec“ Diesel-Pkw auf den Markt, die die schärfsten Abgasvorschriften erfüllen. Selbst in China ist das Interesse am Clean Diesel riesengroß: Die Politik konnte sich kürzlich in Peking bei einem Fahrevent, den der VDA zusammen mit deutschen Herstellern und Zulieferern durchführte, von den Clean-Diesel-Vorteilen überzeugen.

Prof. Bernd Gottschalk (63) ist seit Januar 1997 Präsident des Verbandes der Automobilindustrie (VDA). Im Oktober wurde Gottschalk für zwei weitere Jahre im Amt bestätigt. Der 63-Jährige ist u.a. auch Vizepräsident der Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI)

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