Chip-Tuning fürs Auto per Online-Update

Die Zeiten ölverschmierter Finger für Tuner gehen vorbei. Wer heutzutage sein Auto aufmotzen will, greift zu Chips und besorgt sich das Update aus dem Internet.

Von Felix Rehwald

Um das Auto stärker und schneller zu machen, war früher Schrauben angesagt. Wer heute seinen fahrbaren Untersatz aufmotzen will, muss längst nicht mehr mit ölverschmierten Fingern unterm Wagen liegen: Chip-Tuning liefert die gewünschten PS auf elektronischem Wege. Doch während das Steuergerät dazu bislang noch aufwendig beim Tuner umprogrammiert werden musste, kommt die neue Software für den Motor neuerdings aus dem Internet.

Neues Onlineverfahren

«Direct Port Technology» nennt zum Beispiel das Tuning-Unternehmen Oettinger sein neues Online-Verfahren. Dabei wird mit einem Schnittstellenkabel und einem Laptop bei einem Vertriebspartner eine Internetverbindung zum Firmen-Server hergestellt. Dadurch hat der Händler nach Angaben des Unternehmens aus dem hessischen Friedrichsdorf direkten Zugriff auf die Datenbank, in der alle Steuerprogramme des Tuners gespeichert sind. In einer halben Stunde sei das gewünschte Programm auf das Motorsteuergerät des Kundenfahrzeugs aufgespielt.

«Das beschleunigt die Sache erheblich», sagt Firmensprecher Philip Dorian Blau. Für ein paar PS mehr musste bislang das Steuergerät in einer Vertragswerkstatt ausgebaut, zum Tuner geschickt, dort umprogrammiert, zur Werkstatt zurückgeschickt und wieder eingebaut werden. Das konnte laut Blau schon mal bis zu drei Tage dauern. Der Kunde stand in der Zwischenzeit ohne Auto da.

Übertragung ins Steuergerät

Ein ähnliches Verfahren bietet das Tuning-Unternehmen Oct-Tuning aus Lustenau in Österreich an. Über die Diagnoseschnittstelle des Kundenfahrzeugs werden beim iPRO-Verfahren die neuen Kennfelder für die Motorsteuerung den Angaben zufolge via Internet direkt in das Steuergerät übertragen. Dieses müsse dazu nicht einmal geöffnet werden. Als weiteren Vorteil nennt das Unternehmen eine Verfügbarkeit der neuen Motorsteuerdaten auf dem Firmenserver rund um die Uhr.

Laut Oettinger-Sprecher Blau kann der Tuner mit dem neuen Online-Verfahren auch überarbeitete Software schneller bereitstellen - gewissermaßen als Online-Update. Wird etwa ein Programm für eine Leistungssteigerung im Hinblick auf die Verbrauchswerte verbessert, könnten es die Vertragspartner umgehend bei Kundenfahrzeugen aktualisieren. Weil zudem die Werkstatt Arbeitsschritte spart und weniger Hardware vorhalten muss, lasse sich Motortuning unterm Strich günstiger anbieten. Blau erwartet daher, dass «Online-Tuning» zunehmen wird.

Übertragung aufs Steuergerät

Während das neue Verfahren Tuning-Fans wegen seiner Zeitersparnis begeistern dürfte, birgt es für Gebrauchtwagenkäufer gewisse Risiken. Da an der Fahrzeugtechnik keine mechanischen Änderungen vorgenommen werden, ist Chip-Tuning ohnehin kaum nachzuweisen, sagt Bert Korporal vom TÜV Nord in Hannover. Beim Software-Tuning werde nicht einmal mehr das Steuergerät angerührt.

Das kann bei Garantiefällen zu Problemen führen - etwa wenn am Motor in Folge des Tunings etwas kaputt geht und der Hersteller sich weigert, den Schaden zu übernehmen. «Ein Laie kann solche Manipulationen nicht feststellen», sagt Korporal. Selbst die Sachverständigen hätten damit bei der Hauptuntersuchung Probleme.

Manipulationen nicht ausgeschlossen

Laut Korporal sind beim Online-Tuning auch Manipulationen von Dritten zumindest nicht ausgeschlossen. Bei Oettinger und Oct-Tuning will man das Problem dadurch im Griff haben, dass die Übertragung per gesicherter Internetverbindung erfolgt, teils zusätzlich verschlüsselt. «Selbst wenn sich jemand die Mühe macht, unseren Server zu hacken, hat er damit nur die Steuerprogramme», sagt Oettinger-Sprecher Blau. Ohne das Schnittstellenkabel, das Zugang zum Steuergerät verschafft, könne er diese aber nicht ins Gerät bringen.

«Es wird nicht dazu kommen, dass die Leute ihr Auto in Eigenregie tunen», tritt Blau Befürchtungen über eigenmächtige Manipulationen entgegen. Auch TÜV-Sachverständiger Bert Korporal hält das für wenig wahrscheinlich: «Laien haben in der Regel keine Chance, etwas am Motorsteuergerät zu manipulieren. Dazu sind schon gewisse Kenntnisse der Fahrzeugelektronik und die nötige Ausrüstung erforderlich.» Für wahrscheinlicher hält Oettinger-Sprecher Blau die Möglichkeit, dass sich irgendwann dubiose Anbieter auf dem grauen Markt die Technik zu Nutze machen und eigene, unzuverlässige Tuning-Lösungen anbieten. (dpa)

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