«Drei Prozent sind nur ein Meilenstein»

Toyota Deutschland-Geschäftsführer Ulrich Selzer

«Drei Prozent sind nur ein Meilenstein»
Geschäftsführer Ulrich Selzer von Toyota Deutschland © Toyota

Toyota soll laut Ulrich Selzer auf dem deutschen Markt kräftig wachsen. «Es kann nicht sein, dass ein Hersteller, der so viele Autos verkauft, in einem der wichtigsten Automobilmärkte eine Randnotiz ist», sagte der Geschäftsführer von Toyota Deutschland im Interview mit der Autogazette.

Ulrich Selzer setzt hohe Ziele für Toyota Deutschland. «Wir wollen natürlich deutlich mehr als drei Prozent . . . Es kann nicht sein, dass ein Hersteller, der so viele Autos verkauft, in einem der wichtigsten Automobilmärkte eine Randnotiz ist», sagte der Geschäftsführer von Toyota Deutschland im Interview mit der Autogazette.

Vier Prozent Marktanteil als Ziel von Toyota

Im kommenden Jahr peilt das Unternehmen 100.000 verkaufte Einheiten an, wenn dann auch der neue Auris zum Verkauf steht. Nach einer Zwischenetappe mit einem Marktanteil von «drei Prozent plus x» soll Toyota Deutschland die vier Prozent erreichen. Dafür «wollen wir im Flottenmarkt stärker wachsen. Da haben wir uns in der Vergangenheit zurückgehalten, werden es jetzt aber intensivieren.»

Über den Ergebnissen stehe aber die Kundenzufriedenheit. «Daraus ergibt sich dann ein Verkaufsvolumen. Ein Mensch kauft ja nicht ein Auto, weil der Hersteller viele Autos verkauft, sondern weil ihm jemand sagt, dass die Autos gut sind.»

Überraschung mit dem Toyota Yaris Hybrid

Der Toyota Yaris Hybrid kommt am 16. Juni
Der Toyota Yaris Hybrid hat selbst die Manager überrascht Toyota

Zugleich sieht Selzer den Hybridantrieb bei den deutschen Autokäufern angekommen. «Der Juni 2012 könnte der Wendepunkt gewesen sein mit dem Yaris Hybrid, der günstiger als der vergleichbare Diesel angeboten wird.»

Auch wenn die Stückzahlen noch sehr gering sind, haben die Yaris-Verkäufe die Manager optimistisch gestimmt. «Wir verkaufen nun jeden zweiten Yaris als Hybrid. Das hatten selbst wir nicht gedacht. Wir hatten mit einem Drittel gerechnet – im günstigsten Fall.» Mit der Einführung des neuen Prius Plugin Hybrid, der 25 Kilometer rein elektrisch zurücklegen kann, soll nun eine neue Stufe des Hybridantriebs erklommen werden.

«Thema Hybrid wird mehrheitsfähig»

Das Erdbeben in Japan ist abgehakt dpa

Autogazette: Herr Selzer, Sie haben Bergfest gefeiert. Eineinhalb Jahre sind Sie Geschäftsführer von Toyota Deutschland, in eineinhalb Jahren steht ein Wechsel an . . .

Ulrich Selzer: . . . ein Bergfest gibt es nicht. Die drei Jahre sind eine durchschnittliche Verweildauer. Ich habe einen offenen Vertrag.

Autogazette: Sind Sie trotzdem erleichtert, dass die ersten eineinhalb Jahre so glimpflich für Toyota abgelaufen sind?

Selzer: Das erste Jahr war sicherlich aufregend auch durch die außergewöhnlichen Umstände mit der Pedalgeschichte und dem Erdbeben. Deshalb bin ich dankbar, dass 2012 ein normal schwieriges Jahr ist für den Automobilmarkt und für uns. Viele Sachen stehen da auf Grün.

Autogazette: Inwiefern?

Selzer: Die Modellpalette erweitert sich, das Thema Hybrid wird mehrheitsfähig. Von daher ist 2012 ein normaleres Jahr.

Autogazette: Wie kommt es denn, dass Toyota trotz Pedalgeschichte und Erdbeben in diesem Jahr als einer der wenigen Hersteller in Deutschland ein Plus verzeichnen?

Selzer: Da muss man genau hinschauen. Im zweiten Quartal hatten wir natürlich im vergangenen Jahr einen Einbruch gehabt. Deshalb muss man das mental ablegen. Trotzdem legen wir in 2012 zu. Das liegt an einigen wenigen Dingen, die für den normalen Automobilkäufer aber sehr relevant sind. Zum Beispiel beim Thema Hybrid. Wir erreichen mit dem Yaris und auch mit dem Prius Menschen, die eigentlich kein Auto mehr kaufen wollten. Das Thema Hybrid aber ist die Antwort.

«Juni 2012 könnte der Wendepunkt gewesen sein»

Der Toyota Prius Plugin Hybrid schafft bis zu 25 Kilometer rein elektrisch.
Der Toyota Prius Plugin Hybrid kann auch rein elektrisch fahren Toyota

Autogazette: Die Stückzahlen drücken aber noch nicht aus, dass der Hybridantrieb angekommen ist . . .

Selzer: . . . das stimmt, aber der Juni 2012 könnte der Wendepunkt gewesen sein mit dem Yaris Hybrid, der günstiger als der vergleichbare Diesel angeboten wird. Zudem müssen sich die Menschen an neue Techniken erst gewöhnen. Und bei neuen Techniken sind 15 Jahre wenig. So suchen die potenziellen Käufer zuerst nach Gründen, wieso sie die neue Technik nicht kaufen. Das ist jetzt vorbei, der Yaris Hybrid ist sparsamer als der Diesel und günstiger beim Kauf. Wir verkaufen nun jeden zweiten Yaris als Hybrid. Das hatten selbst wir nicht gedacht. Wir hatten mit einem Drittel gerechnet – im günstigsten Fall.

Autogazette: Der Prius Plugin Hybrid wird dann angesichts eines Einstiegspreises von 36.200 Euro ein Nischenmodell bleiben?

Selzer: Das drückt sich aber auch in der Stückzahl aus. Wir rechnen mit 300 Einheiten noch in diesem Jahr und 700 Stück in 2013. Da sind wir sehr zurückhaltend. Für den Umsatz ist es eine Nische, aber das Modell zeigt den Weg in die Zukunft. Und das ist es ja, was Kunden wissen wollen: Wie geht das Thema weiter?

«Leiten nächsten Übergang ein»

Der Toyota Prius Plugin Hybrid schafft bis zu 25 Kilometer rein elektrisch.
Der Toyota Prius Plugin Hybrid nimmt eine ähnliche Rolle wie der erste Prius ein Toyota

Autogazette: Dafür wird aber Geduld gefragt sein . . .

Selzer: . . . Kunden, die in den letzten zehn, zwanzig Jahren Diesel gefahren sind, kaufen jetzt mal einen Hybrid, in zehn Jahren steigen sie dann in einen Plugin ein. Wandel passieren nicht digital, sondern es sind Übergänge. Und wir leiten jetzt den nächsten Übergang ein. Das wird natürlich Jahre dauern.

Autogazette: Der Prius Plugin Hybrid übernimmt also eine ähnliche Rolle wie vor 15 Jahren der erste Prius?

Selzer: So kann man es betrachten.

Autogazette: Das heißt also, in 15 Jahren werden die Stückzahlen des Prius Plugin Hybrid ungefähr vergleichbar mit denen des heutigen Prius sein?

Selzer: Es wird ein bisschen schneller gehen. Bis spät in die neunziger Jahre gab es Benzin und Diesel. Jetzt sind Hybrid und Gas, bald auch Wasserstoff, im Angebot. Die Hemmschwelle wurde dadurch heruntergesetzt, sich neuen Techniken zu nähern. Wir werden bestimmt nicht noch einmal 15 Jahren brauchen, aber ein Jahrzehnt wohl schon.

«100.000 Einheiten für 2013»

Der neue Toyota Auris kommt kurz nach der Automesse in Paris auf den Markt.
Der neue Toyota Auris soll zur Zielerfüllung erheblich beitragen Toyota

Autogazette: Sie sprachen die verschiedenen Antriebsvarianten an. Vor zwei Wochen stellte der Verkehrsclub Deutschlands (VCD) seine neue Umweltliste vor, in der Toyota und Lexus sechs Mal in den Top Ten vertreten ist . . .

Selzer: . . . das ist doch gut . . .

Autogazette: . . .der Sieg ging aber an den VW Up mit Erdgas. Wäre diese Variante auch für Toyota denkbar?

Selzer: Das glaube ich nicht. Für uns ist Hybrid der Antrieb der Zukunft. Beim Erdgas gab es schon viele Anläufe. Und sechs von zehn, da kann man sagen: Ziel erreicht.

Autogazette: Für 2012 haben Sie 100.000 verkaufte Einheiten für Deutschland ausgegeben . . .

Selzer: . . . 90.000 sind für dieses Jahr geplant, im kommenden Jahr wollen wir die 100.000 erreichen. Mit dem Yaris und dem neuen Auris kommen erst die beiden großen Volumenmodelle, mit denen wir 2013 dann die 100.000 Einheiten anpeilen. 100.000 in diesem Jahr ohne den neuen Auris wären unrealistisch. 100.000 Einheiten sind für uns auch eine kritische Größe, auch vom Thema Handel und Handelsnetzwerk betrachtet. Wir haben 550 Standorte in Deutschland, da gibt es eine gewisse kritische Masse, die wir bisher noch unterschreiten. Das ist auch nicht unser Anspruch.

«Wollen im Flottenmarkt stärker wachsen»

Mit dem neuen Toyota Yaris wurde eine Designwende eingeläutet Toyota

Autogazette: Wie lautet denn der Anspruch?

Selzer: Wir gehen von drei Prozent plus x aus.

Autogazette: Vier Prozent waren auch schon mal angedacht . . .

Selzer: Da wollen wir auch hinkommen. Allerdings sind wir im kommenden Jahr mit 100.000 verkauften Einheiten auch noch nicht bei vier Prozent. Soweit waren wir auch schon mal gar nicht weg. Im Privatmarkt haben wir dieses Ziel schon längst erreicht, da sind wir zwischen fünf und sechs Prozent unterwegs. Mit dem Yaris haben wir sogar fast acht Prozent Marktanteil.

Autogazette: Das heißt, im Flottenmarkt klemmt es?

Selzer: Wir wollen im Flottenmarkt stärker wachsen. Da haben wir uns in der Vergangenheit zurückgehalten, werden es jetzt aber intensivieren. Aber auch das benötigt Zeit.

«Wollen natürlich deutlich mehr als drei Prozent»

Autogazette: Toyota will wieder weltgrößter Hersteller werden. Ist für Sie eine Führungsrolle von Toyota als stärkster Importeur ein Ziel?

Selzer: (lacht herzlich) Wir gehen da mit Augenmaß ran. Größe an sich ist bei Toyota kein Ziel. Das jetzige Verkaufsergebnis ist das Ergebnis der Vergangenheit. Für uns zählt, was wir heute tun und wie das Ergebnis dann aussehen wird. Die Ergebnisse der Vorjahre waren die Ergebnisse meines Vorgängers. Was soll ich mit damit brüsten? Wichtiger ist für uns die Kundenzufriedenheit. Daraus ergibt sich dann ein Verkaufsvolumen. Ein Mensch kauft ja nicht ein Auto, weil der Hersteller viele Autos verkauft, sondern weil ihm jemand sagt, dass die Autos gut sind.

Autogazette: An welchen Ergebnissen wollen Sie denn gemessen werden? Haben Sie sich einen Dreijahres-Plan gesetzt?

Selzer: Wir reden nicht über die nächsten drei Jahre, sondern über die nächsten zwölf Monate. Es gibt natürlich einen Dreijahres-Plan und darüber hinaus noch eine längere Planung. Drei Jahre sind in Geschäften dieser Größenordnung schnell rum. Die Lebenszyklen der Autos über fünf, sechs Jahre erfordern allein schon die Blicke auf den nächsten Lebenszyklus. So ist der neue Auris fast schon vor der Tür, aber ich muss schauen, was ich danach noch erreichen will. Aber das machen wir nicht öffentlich.

Autogazette: Sehr bedauerlich.

Selzer: Wir wollen natürlich deutlich mehr als drei Prozent. Die drei Prozent sind nur ein Meilenstein. Es kann nicht sein, dass ein Hersteller, der so viele Autos verkauft, in einem der wichtigsten Automobilmärkte eine Randnotiz ist.

Autogazette: Das heißt, Toyota Deutschland wird noch deutlich zulegen wollen?

Selzer: (lacht) Ja, natürlich. Daran werde ich auch gemessen.

Das Interview mit Ulrich Selzer führte Thomas Flehmer

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Thomas Flehmer
Der diplomierte Religionspädagoge arbeitete neben seiner Tätigkeit als Gemeindereferent einer katholischen Kirchengemeinde in Berlin in der Sportredaktion der dpa. Anfang des Jahrtausends wechselte er zur Netzeitung. Seine Spezialgebiete waren die Fußball-Nationalelf sowie der Wintersport. Ab 2004 kam das Autoressort hinzu, ehe er 2006 die Autogazette mitgründete. Seit 2018 ist er als freier Journalist unterwegs.

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