«Unser Jahresziel sind zehn Millionen Verkäufe»

Toyota Deutschland-Chef Toshiaki Yasuda

«Unser Jahresziel sind zehn Millionen Verkäufe»
Toyotas Deutschlandchef Toshiaki Yasuda © Toyota

Toyota will nach zwei Jahren wieder zum größten Automobilbauer aufsteigen. Im Interview mit der Autogazette spricht Toyota Deutschland-Chef Toshiaki Yasuda über Imageprobleme, langweilige Fahrzeuge und mögliche Kooperationen.

Toyota gibt sich wieder selbstbewusst. Nach den Rückrufproblemen in den USA und den Naturkatastrophen in Asien hat der Aufschwung im dritten Geschäftsquartal wieder für positive Stimmung bei den Japanern gesorgt. «Wir möchten sicherlich wieder die Nummer eins werden. Die Nummer eins zu werden bedeutet, dass mehr Kunden zu den Marken Toyota und Lexus kommen. Nach den beiden schlimmen Jahren haben wir nun bei normaler Produktion wieder die große Chance, wieder die Nummer eins zu werden», sagte Toshiaki Yasuda im Interview mit der Autogazette.

Für den Deutschland-Chef von Toyota ist die Marktführerschaft aber nicht «das oberste Ziel. Viel wichtiger ist es für uns, die Nummer eins in Kundenzufriedenheit und Innovationsführerschaft zu sein.» Zugleich aber peile das Unternehmen in diesem Jahr ein Jahresverkaufsziel von zehn Millionen Einheiten an, um wieder weltgrößter Autobauer zu werden.

«VW ist ein schönes Vorbild»

Im Kampf um die Krone der Autohersteller sieht Yasuda besonders «VW als die größere Konkurrenz, aber auch als schönes Vorbild.» Zudem habe man auch Hyundai und Kia im Blick. «Sie sind schon in der Gruppe der besten Vier mit drin.»

Während die Konkurrenten mit einer oder mehreren starken Marken auf dem Markt präsent sind, sieht Yasuda nicht den Zwang, ebenfalls einen starken Partner ins Boot zu holen. «Wir sind auch ohne Partner schon sehr groß. Je nach Region und Technologie können wir aber nicht alles selber machen. Deshalb sind wir zu Kooperationen bereit, aber nicht in dem Ausmaße wie sie bei Hyundai/Kia oder Renault-Nissan ablaufen.»

Toyota-Image hat gelitten

Die Katastrophe von Fukushima legte nicht nur Toyotas Produktion lahm dpa

Autogazette: Herr Yasuda, die Katastrophe von Fukushima jährt sich zum ersten Mal. Ein Jahr zuvor gab es die Rückrufe in den USA. Waren es die zwei schlimmsten Jahre für Toyota?

Toshiaki Yasuda: Die beiden Jahre waren sehr schwierig, auf alle Fälle. Die Rückrufe haben uns gezeigt, wie wir schnell reagieren und die Kunden wieder zufrieden stellen. Die Naturkatastrophen in Japan und auch Thailand
haben das Team Toyota zusammengeschweißt.

Autogazette: Wie kommt es, dass trotz der Hindernisse Toyota im dritten Quartal ein positives Ergebnis liefern konnte?

Yasuda: Unsere Werke in der ganzen Welt arbeiten spätestens seit September wieder normal und sogar mit Sonderschichten. So konnten wir mehr produzieren als vorher geplant und trotz der Katastrophen und dem starken Wechselkurs positive Zahlen schreiben.

Autogazette: Vor der Katastrophe gab es die großen Rückrufaktionen in den USA. Inwieweit kratzen solche Ereignisse am Image, auch wenn Toyota keine Schuld trifft?

Yasuda: Wir sind froh, dass die US-Behörden bescheinigt haben, dass Toyota nicht die Ursache der Rückrufaktionen war. Und ja, unser Image hat gelitten. Allerdings messen wir da jetzt auch bereits wieder deutlich positivere Werte.

«Wir sind auch ohne Partner schon sehr groß»

Toyota-Produktion in Japan dpa

Autogazette: Den Titel als weltgrößter Hersteller hat Toyota allerdings verloren und wurde von GM und VW überholt. Ist es das Ziel, wieder die Nummer eins zu werden?

Yasuda: Wir möchten sicherlich wieder die Nummer eins werden. Die Nummer eins zu werden bedeutet, dass mehr Kunden zu den Marken Toyota und Lexus kommen. Das ist aber nicht immer unser oberstes Ziel. Viel wichtiger ist es für uns, die Nummer eins in Kundenzufriedenheit und Innovationsführerschaft zu sein. Nach den beiden schlimmen Jahren haben wir nun bei normaler Produktion wieder die große Chance, wieder die Nummer eins zu werden.

Autogazette: Wen sehen Sie dabei als größeren Konkurrenten an: General Motors oder Volkswagen?

Yasuda: Das ist von Region zu Region unterschiedlich. Aufgrund der Modelle und Produkte sehe ich VW als die größere Konkurrenz, aber auch als schönes Vorbild.

Autogazette: Dann gibt es noch Hyundai/Kia, die in den letzten Jahren sehr stark aufgeholt haben. Glauben Sie, dass die Koreaner in den Dreikampf zwischen Toyota, VW und GM eingreifen?

Yasuda: Sie sind schon in der Gruppe der besten Vier mit drin.

Autogazette: GM hat mehrere Marken im Konzern vereint, VW ebenso. Hyundai und Kia bilden einen großen Verbund. Toyota ist mit Lexus, Scion und Daihatsu da etwas spärlicher besetzt. Wird es demnächst neue Marken unter dem Dach von Toyota geben?

Yasuda: In diesem Jahr erreicht Toyota knapp acht Millionen Verkäufe, wir peilen die zehn Millionen an. Wir sind also auch ohne Partner schon sehr groß. Je nach Region und Technologie können wir aber nicht alles selber machen. Deshalb sind wir zu Kooperationen bereit, aber nicht in dem Ausmaße wie sie bei Hyundai/Kia oder Renault-Nissan ablaufen.

«Umwelt bedeutet oftmals rationales Auftreten»

Toyota hat mit dem Yaris eine neue Designlinie begonnen Toyota

Autogazette: In Deutschland sind die Koreaner nach den Zulassungszahlen an Toyota vorbeigezogen und weisen mehr als das Doppelte an Marktanteil auf, obwohl Toyota seit 40 Jahren, Hyundai seit gerade Mal der Hälfte auf dem Markt ist. Ist das ein Ansporn für Toyota, frühere Verhältnisse wieder gerade zu rücken?

Yasuda: Die Produktpalette von Hyundai/Kia ist deutlich angewachsen. Auch die Qualität ist deutlich angestiegen. Zudem haben sie stark in Deutschland investiert, zum Beispiel mit dem Designzentrum . . .

Autogazette: . . . während bei Hyundai und Kia besonders das Design gelobt wird, wird bei Toyota die Austauschbarkeit oder Langweiligkeit der Fahrzeuge angeprangert. Muss Toyota beim Design nachlegen anstatt sich nur auf die Karte 'Hybrid' zu konzentrieren?

Yasuda: Unser Ziel war es nicht, langweilige Autos zu bauen. Toyota ist ein wenig zu rational. Aber Umwelt bedeutet oftmals rationales Auftreten. Wir sind aber mit der neuen Designlinie . . .

Autogazette: . . .die mit dem neuen Yaris gelegt wurde . . .

Yasuda: . . . schon emotionaler geworden. Ich hoffe, dass es auch den deutschen Kunden gefällt.

Toyota Yaris Hybrid als Kandidat für europäische Top Ten

Der Toyota Yaris Hybrid als Hoffnungsträger Toyota

Autogazette: Nach über 83.000 Verkäufen im letzten Jahr von Toyota und Lexus stehen nun 90.000 Einheiten als Ziel an, nachdem auch schon 100.000 Stück genannt wurden. Wieso wurde die Zahl gesenkt?

Yasuda: Der deutsche Markt ist stabil, aber die Privatkäufe sind weniger geworden, dafür haben die Flotten zugelegt. Toyota ist eher auf Privatkäufe ausgelegt, der Flottenmarkt wird hauptsächlich von den deutschen
Herstellern dominiert. Daher sind 90.000 eine realistische Planung.

Autogazette: Der Januar begann mit einem Absatzminus von 7,7 Prozent aber nicht gerade verheißungsvoll. Wie wollen Sie dem entgegensteuern?

Yasuda: Wir denken, dass wir ab Mitte des Jahres, wenn zahlreiche neue Modelle eingeführt wurden, auch wieder in die richtige Richtung gehen werden.

Autogazette: In Europa fiel das Minus im Januar mit 13,4 noch größer aus. Wie soll das angesichts einer bevorstehenden oder bereits bestehenden Krise ausgeglichen werden?

Yasuda: Die Eurokrise, besonders in Südeuropa, macht auch uns zu schaffen. In einigen Ländern werden weniger kleine Fahrzeuge verkauft. Das merken wir natürlich.

Autogazette: Unter den zehn bestverkauften Fahrzeugen in Europa ist kein Toyota zu finden. Sollte das nicht ein Ziel sein? Und wenn, mit welchem Modell?

Yasuda: Unsere Volumenmodelle sind Aygo, Yaris und hoffentlich Auris, also die A-, B- und C-Segmente. Nach der Einführung des Yaris Hybrid wird dieses Modell ein Kandidat für die Top Ten werden. Aber das B-Segment ist immer ein sehr harter Markt für alle Hersteller. Und das B-Segment wird auch immer mehr vom Flottenmarkt eingenommen. Deshalb ist es für Toyota nicht ganz so einfach.

Toyota-Häuser als Systemlösung

Der Toyota Avensis wurde für den europäischen Markt überarbeitet Toyota

Autogazette: Mit dem überarbeiteten Avensis hat Toyota einen Anwärter auf den Flottenmarkt . . .

Yasuda: . . . das nachhaltige Wachsen im Flottenmarkt ist unser Ziel. Aber nur mit einer Modelländerung ist es natürlich nicht getan. Aber wir denken, dass wir auch mit der Hybrid-Technologie immer attraktiver für die Flottenmärkte werden.

Autogazette: Sie haben gesagt, dass die Toyota-Händler nicht nur Autos verkaufen, sondern auch Systemlösungen anbieten sollen . . .

Yasuda: . . . das ist die Zukunft . . .

Autogazette: . . . wäre ein Mobilitätsprogramm wie das „Mü“ von Peugeot, bei dem vom Verleih der Schneekette über das E-Bike bis hin zu Kooperationen mit der Bahn angeboten werden, so ein Ansatz?

Yasuda: In Japan gibt es bereits Testläufe. Dort wird zum Beispiel ein Toyota-Haus verkauft, in dem das Auto auch den Strom für den Kühlschrank liefern kann.

«Hybridantriebe erhalten bald den Status 'normal'»

Zukunftsantrieb mit dem Toyota Prius Plugin Hybrid Toyota

Autogazette: Toyota hat einen Vorsprung als Hybrid-Pionier. Jetzt ziehen viele Hersteller nach. Wann wird der Vorsprung aufgebraucht sein?

Yasuda: Ich hoffe nie. In den kommenden Jahren werden sicherlich andere Hersteller Hybrid-Fahrzeuge anbieten – in Japan und den USA ist das bereits der Fall. Ich denke, dass Hybridantriebe bald den Status 'normal' erhalten werden, wie reine Verbrennungsmotoren. Toyota treibt deshalb die Entwicklung immer weiter voran und möchte auch weiter vorne bleiben.

Autogazette: Welcher Antrieb wird für Sie der Antrieb der Zukunft sein?

Yasuda: Ich denke nicht, dass es eine endgültige Lösung geben wird. Wir müssen mehrere Lösungen je nach Region und Kundenwunsch anbieten. Für die kommenden 15 Jahre denke ich aber, dass ein Plugin-Hybrid die ideale Lösung darstellt.

Autogazette: Wieso?

Yasuda: Elektro- und Brennstoffzellenautos stehen noch am Anfang der Entwicklung. Ein Plugin-Hybrid kann schon jetzt eingesetzt werden.

Das Interview mit Toshiaki Yasuda führte Thomas Flehmer

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Thomas Flehmer
Der diplomierte Religionspädagoge arbeitete neben seiner Tätigkeit als Gemeindereferent einer katholischen Kirchengemeinde in Berlin in der Sportredaktion der dpa. Anfang des Jahrtausends wechselte er zur Netzeitung. Seine Spezialgebiete waren die Fußball-Nationalelf sowie der Wintersport. Ab 2004 kam das Autoressort hinzu, ehe er 2006 die Autogazette mitgründete. Seit 2018 ist er als freier Journalist unterwegs.

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