Stauresistente Deutsche

Osterverkehr

Die deutschen Autofahrer werden von den klassischen Reiserouten zu Verkehrs-Hochzeiten angezogen. Gehandelt wird sehr oft nach dem Motto, „die Hoffnung stirbt zuletzt“, sagt AvD-Verkehrssoziologe Alfred Fuhr. Zumeist stirbt die Hoffnung schon nach wenigen Kilometern.

Am kommenden Wochenende werden kilometerlange Autoschlangen das Bild auf den Fernstraßen prägen. Vor allem an Feiertagen oder in der Ferienzeit legen sich die Autofahrer das "Stau-Ei" jedoch oft selbst ins Nest, teilt der Automobilclub von Deutschland (AvD) mit. Denn trotz aller Appelle, antizyklisch zu fahren, starten die meisten gleichzeitig – nach Feierabend vor einem Feiertag oder am ersten und letzten Feriensamstag. AvD-Verkehrssoziologe Alfred Fuhr beobachtet eine gewisse "Stauresistenz": "Die deutschen Autofahrer haben eigene Verdrängungs-Mechanismen entwickelt, mit der Stauthematik umzugehen. Das vielzitierte und angekündigte Staurisiko ist ihnen zwar bewusst. Insgeheim hofft jedoch jeder immer wieder, dass es ihn nicht treffen und er auf seiner Route gut durchkommen wird. Gehandelt wird sehr oft frei nach dem Motto, 'die Hoffnung stirbt zuletzt'. Die Erfahrung zeigt jedoch, dass diese 'Hoffnung' oft nicht in Erfüllung geht", so Alfred Fuhr.

Eigene Kultur im Stau

Und auch beim Verhalten im Stau haben viele deutsche Autofahrer eine eigene Kultur entwickelt, die allerdings nicht unbedingt Zeit einspart. "Im Stau ist es im Prinzip wie an der Supermarktkasse", sagt Fuhr. "Am Ende macht es kaum einen Unterschied, in welche Schlange man sich einreiht. Fahrer, die sich durch permanentes Hin- und Herspringen nach vorne drängeln wollen, erreichen am Ende nur, dass der Stau für alle noch länger dauert. Wer forsch jede Lücke nutzt, sorgt dafür, dass die Hintermänner abbremsen müssen, um ihn hinein zu lassen."

Ebenso bringt es selten einen Zeitgewinn, wenn der Stau umfahren werden soll. Dies lohnt sich nur bei einer Vollsperrung. Denn selbst gut ausgebaute Nebenstrecken haben meist nur ein Drittel des Fassungsvermögens einer Autobahn. Da statistisch fast jeder Zweite von der Autobahn abfährt, lässt sich schnell ausrechnen, dass auch auf der Ausweichstrecke bald nichts mehr gehen wird, außer sich halt "Frohe Ostern" zu wünschen. (AG)

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Thomas Flehmer
Der diplomierte Religionspädagoge arbeitete neben seiner Tätigkeit als Gemeindereferent einer katholischen Kirchengemeinde in Berlin in der Sportredaktion der dpa. Anfang des Jahrtausends wechselte er zur Netzeitung. Seine Spezialgebiete waren die Fußball-Nationalelf sowie der Wintersport. Ab 2004 kam das Autoressort hinzu, ehe er 2006 die Autogazette mitgründete. Seit 2018 ist er als freier Journalist unterwegs.

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