Neue Schlüsselerlebnisse

Intelligente Zugangssysteme

Dem Zündschlüssel droht das Aus. Schon jetzt lassen sich Geheimdienst-Manier Türen öffnen und Motoren starten.

Von Thomas Geiger

Autofahrer können sich auf neue Schlüsselerlebnisse einstellen. Denn der Zugang zu künftigen Neuwagen wird sich - das zeigen aktuelle Design- und Technologie-Studien - gravierend verändern: Während die einen Hersteller den Zündschlüssel am liebsten vollends abschaffen wollen, rüsten die anderen ihn zu einem multifunktionalen Werkzeug für den Alltag auf. Vieles davon ist zwar noch Vision, doch zumindest die ersten Schritte haben die Entwickler bereits gemacht.

Chip im Mobiltelefon

So will Nissan erstmals den Chip für das sogenannte Intelligent Key System in einem Mobiltelefon integrieren. Statt der Plastikkarte am Schlüsselbund reicht dann das Handy, um die Türen zu öffnen, erläutert Firmensprecher Michael Schweitzer in Brühl bei Köln. Eine entsprechende Kooperation mit dem Gerätehersteller Sharp und einem Mobilfunk-Anbieter sei bereits vereinbart, sagt Schweitzer. Noch vor dem Sommer sollen sich so in Japan die ersten Autos öffnen und starten lassen. Wann die Technik auch in Europa angeboten wird, teilte Nissan noch nicht mit.

Einem ähnlichen Ansatz folgt Audi mit dem sogenannten Mobile Device, das in zwei Designstudien zum A1 eingebaut wurde. In seiner jüngsten Entwicklungsstudie können Fahrer nach Download und Installation einer speziellen Software viele Funktionen des Fahrzeugs mit dem Mobiltelefon steuern: Über eine WLAN-Verbindung lassen sich dem Hersteller zufolge neben den Kontaktdaten des Handys auch Musikdateien, Videoclips und Navigationsinformationen ins Auto übertragen und mit dessen Bedien- und Anzeigesystem organisieren.

Druck auf Armbanduhr

Ebenfalls auf das Handy setzt Chrysler für das Prinzip «uconnect». Wie der Konzern auf der Motorshow in Detroit in der Designstudie 200C demonstrierte, sollen sich damit einzelne Fahrzeuge zum Informationsaustausch vernetzen. Darüber hinaus soll der Fahrer mit dieser Technik seinen Wagen auch auf dem Telefon verfolgen und im Falle eines Diebstahls per SMS stilllegen können.

Dass es allerdings auch stilvolleren Ersatz für den Zündschlüssel gibt, beweist der britische Sportwagenhersteller Aston Martin. Wer zum rund 240.000 Euro teuren Sportwagen DBS für weitere 30.000 Euro eine spezielle Armbanduhr der Manufaktur Jaeger LeCoultre bestellt, kann seinen Wagen allein mit einem Druck auf das Deckglas des Chronometers öffnen - da würde selbst James Bond neidisch.

Multifunktionsschlüssel als Alternative

Während Nissan oder Audi mit ihrer Technik langfristig an der Abschaffung des Zündschlüssels arbeiten, rüsten ihn andere Hersteller weiter auf. So haben BMW-Forscher mit einem Elektronik-Zulieferer erstmals den Chip einer Kreditkarte im Schlüsselgehäuse integriert: Wer sein Portemonnaie vergessen hat, muss künftig an der Tankstelle nur noch seinen Schlüssel an ein Lesegerät halten, schon ist die Rechnung beglichen, erläutert Projektleiter Hans-Jörg Vögel. «Den Geldbeutel lässt man schon mal zu Hause, aber ohne Schlüssel fährt keiner los», erläutert er die Motivation für diese Erfindung, die kurz vor dem Start der Serienentwicklung steht.

Mittelfristig sieht Vögel noch mehr Anwendungen für den Schlüssel der Zukunft: Je nach Kundenprofil könne man künftig einen Schlüssel für mehrere Fahrzeuge vom Zweit- bis zum Leihwagen freischalten, und selbst elektronische Tickets für den öffentlichen Personen-Nahverkehr ließen sich darauf speichern.

Teurer und komplizierter

Nicht bei allen Autofahrern allerdings wird die Aufrüstung von Zündschlüsseln und Bordelektronik gut ankommen. Denn erstens dürfte es künftig noch teurer und komplizierter werden, wenn Schussel ihren Schlüssel verlieren. Und zweitens haben Hersteller wie Ford und Chrysler weitreichende Möglichkeiten der Einflussnahme eingeplant.

Bei Ford lässt sich schon jetzt in einigen Modellen der Schlüssel so programmieren, dass zum Beispiel der Nachwuchs eine gewisse Höchstgeschwindigkeit nicht überschreiten kann. Und Chrysler plant mit «uconnect» sogar eine Überwachung des Aktionsradius: Sobald die Teenager ein zuvor definiertes Gebiet verlassen, schlägt das Auto auf dem Handy von Mama und Papa Alarm. Die Eltern, so liest man in den amerikanischen Medien, sind von diesen Möglichkeiten begeistert. Doch der Jubel bei den Teenagern ist eher verhalten. (dpa/tmn)

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