Gelassenheit rechnet sich im Stau

Die Zahl der Sommerstaus steigt stetig an. Die Umfahrung der kilometerlangen Blechlawinen lohnt sich meistens nicht.

Von Tobias Schormann

Die Heimreise aus dem Urlaub im Auto verläuft oft schleppend: Alle Jahre wieder ziehen sich zum Ferienende kilometerlange Blechlawinen über die Autobahnen. Nach Angaben des ADAC in München haben Fahrer zur Hauptreisezeit immer öfter mit verstopften Straßen zu kämpfen: So ist 2006 die Zahl der Sommerstaus mit mehr als zehn Kilometern Länge um fast 30 Prozent gegenüber dem Vorjahr gestiegen. Wenn jetzt vielerorts die Rückreisewelle anrollt, sollten Fahrer daher einige Tipps gegen Staufrust beachten.

Drei Fahrertypen

«Viele machen etwa den Fehler, dass sie Staus stets umfahren und dadurch letztlich noch länger brauchen», sagt Stauforscher Prof. Michael Schreckenberg von der Universität Duisburg-Essen. Seinen Untersuchungen zufolge gibt es drei Fahrertypen, die jeweils eine eigene Strategie im Stau verfolgen: Umfahren, taktieren oder einfach weiterfahren. Fast die Hälfte gehöre zur ersten Gruppe - sie nehmen eine Umleitung, wenn ein Stau gemeldet wird. «Das lohnt sich meist aber nicht.» Durchhalten sei dagegen oft das bessere Motto: Wer stur an seiner Route festhält, komme im Schnitt schneller ans Ziel.

Während die Unbeirrbaren Staumeldungen einfach ignorieren, setzen Taktiker darauf, dass sich der Stau aufgelöst hat, bis sie ihn erreichen. Eine Rechnung, die häufig aufgeht, meint Schreckenberg. Das habe auch psychologische Gründe: Fahren viele Urlauber im Stau von der Straße ab, ist diese schnell wieder frei. Dafür sind die Umleitungen in solchen Fällen schnell überlastet. Wer den einen Stau umgeht, fährt also paradoxerweise oft genau in den nächsten hinein.

Radiomeldungen häufig überholt

«Staumeldungen im Radio sind außerdem oft schon wieder überholt, wenn sie laufen», sagt Rainer Hillgärtner vom Auto Club Europa (ACE) in Stuttgart. Auch müssten Fahrer bei solchen Meldungen genau hinhören: «Ein zäh fließender Verkehr ist noch kein Stau», sagt Maximilian Maurer vom ADAC in München. Solange der Verkehr nicht komplett stillsteht, kämen Fahrer immer schneller auf der Autobahn voran als auf der Landstraße.

Oft ist das Umfahren reiner Aktionismus, um dem Staufrust zu entgehen: «Für viele gilt immer noch die Regel: lieber schlecht gefahren als gut gestanden», sagt Bastian Roet vom Institut für Verkehrssoziologie beim Automobilclub von Deutschland (AvD). Wenn die Stimmung im Wagen sich dem Nullpunkt nähert, sei die Umleitung manchmal auch der richtige Ausweg.

Spurwechsel bringen nichts

Stehen Fahrer im Stau, dürfen sie sich nicht von ihrer Wahrnehmung einen Streich spielen lassen. «Natürlich denkt jeder, auf der langsameren Spur zu stehen - das trügt aber», sagt Roet. Ein Spurwechsel bringe definitiv nichts. Auch Drängeln schaffe nur zusätzlichen Stress und erhöhe die Unfallgefahr. Fahrer sollten bei Staus besser nicht versuchen, die verlorene Zeit wieder aufzuholen. Besser sei es, gleich umzuplanen, wenn sich die Ankunft verzögert.

Um weniger im Stau zu stehen, ist vor allen Dingen eine gute Vorplanung nötig. Dazu gehört nicht nur, schon bei der Wahl der Route etwa Baustellen auszuweichen. Auch die Abfahrtzeit sollte gut gewählt sein. Dabei empfehle sich eine antizyklische Planung, rät ADAC-Experte Maurer. Statt also wie so viele am Samstagnachmittag abzureisen, sei es besser, schon vor dem Wochenende loszufahren.

Stauzeit sinnvoll nutzen

Zusätzlich sollten Urlauber es sich im Auto gemütlich machen, um längere Wartezeiten besser zu überstehen: Getränke, Essen und Spiele für die Kinder müssen dafür stets griffbereit im Wagen liegen. Dann falle es leichter, den Stau als Pause zu nutzen und ihm so doch noch etwas Gutes abzugewinnen, so Maurer. (dpa)

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