Triumph Sprint ST: Perfekter Dreiklang

Die Triumph Sprint ST versprüht nobles britisches Understatement. Auf der Straße legt das Modell des Jahrganges seine Zurückhaltung aber ab. Die Britin tut dies mit überzeugenden Fahrleistungen.

Thilo Kozik

Sportlicher und eigenständiger - auf diese Kurzformel lässt sich die aktuelle Strömung im Motorradlager verdichten. Gute Beispiele sind das dominante Endrohr der neuen bärenstarken Suzuki GSX-R 1000 oder die maskuline Front der aktuellen Hornet 600.

Doch bei kaum einem Bike erreichen die Neuerungen eine solch durchschlagende Wirkung wie bei der Triumph Sprint ST der Jahrgangs 2005: Ihr Stil unterwirft sich ohne Wenn und Aber der Formel «Extra Drei» - drei Zylinder, drei Frontscheinwerfer, eine Dreiergruppe Uhren im Cockpit und zum guten Ende lugen drei Auspuffrohre aus dem luftigen Heck. Wer jetzt immer noch nicht weiß, dass Triumph das Dreizylinder-Konzept favorisiert, dem ist wirklich nicht mehr zu helfen.

Nobles Understatement

Dabei versprüht das nach wie vor dezent-elegante Äußere mit der edlen Einarmschwinge eine Art nobles britisches Understatement, die es locker mit der Attitüde von James Bond aufnehmen kann. Dem bekannten Dreizylinder haben wohlfeile Maßnahmen gemäß dem eingangs erwähnten Credo zu mehr Sportlichkeit verholfen, sprich: zu mehr Leistung und Drehmoment. Kurbelwelle, Kurbelgehäuse, Zylinderkopf, Kolben, Steuerzeiten und Zentralrechner sind neu und verhelfen dem mit 6,4 Millimeter längeren Hub versehenen Triple zu verbrieften 125 PS bei 9250 U/min und einem Drehmoment von 104 Newtonmeter, das der lässige Lumberjack bei 5000 Kurbelwellenumdrehungen über eine O-Ring-Kette ans Hinterrad liefert.

Laufmanieren und Leistungsentfaltung erinnern an ein weiches Toffee-Bonbon, das im Munde zergeht: Ohne unangenehme Begleitumstände entfaltet dieser höfliche Kraftprotz seine Leistung derart gleichförmig und ohne irgendwelche Schwächeanfälle, dass man sich ihm gerne anvertraut. Selbst im oberen Drehzahldrittel legt er noch zu und erfreut mit sattem Druck bei ansehnlicher Drehfreude. Die einzigen Flecken auf der blütenreinen Weste sind ein keiner Lastwechselschlag beim Gasanlegen im Antriebsstrang und die etwas langen Schaltwege, die den makellosen Auftritt des englischen Gentleman aber nur peripher zu stören vermögen.

Sportive Art

Die drei Auspufftöpfe der Triumph Sprint ST. Foto: Werk

Zumal die Abgase G-Kat-gereinigt in die Umwelt gelangen und die Sprint trotzdem ein Spitzentempo von 260 km/h erreicht. Im Gegensatz zu vielen Konkurrenten besitzt die Sprint kein verstellbares Ergonomie-Paket. Dafür integriert sie ihren Fahrer auf sportive Art für eine aktive Teilnahme am Fahrgeschehen. Einzig die Kröpfung der Lenkerstummel ist nicht perfekt gelungen, die Enden stehen etwas zu weit hinten und unten. Obwohl die Scheibe nicht sonderlich gut vor Wind und Wetter schützt, fühlt sich die Besatzung weder gerührt noch geschüttelt, im Gegenteil: Die Federelemente reagieren sensibel schon auf kleinste Unannehmlichkeiten des Asphalt-Alltags und filtern ordentlich was weg, ohne den Fahrer vom Zustand unterm Bridgestone-Gummi zu entkoppeln.

Sehr spurstabil und richtig leichtfüßig biegt die Sprint um die Ecken, Wechselkurven meistert sie fast mühelos. Und sollten einmal Korrekturen in der Kurve notwendig werden - no problem, Sir, die Engländerin gehorcht aufs Wort. Durch den kleinen Wendekreis verlieren sogar Verfolgungsjagden in der City ihren Schrecken. Nur bei der Gabel haben die Briten den Sanftmut etwas übertrieben; das mit stabilen 43er Standrohren versehene Teil hebt sich beim Gasgeben schnell aus den Federn und nächtens leuchtet die Front den Nachthimmel aus, umgekehrt taucht sie schon beim Antippen des Bremshebels tief ein.

ABS im Angebot

Apropos Bremsen: Die Stopper überzeugen mit einer ausgezeichneten Wirkung, die sich exakt dosieren lässt und den 241-Kilo-Brocken fast nach Belieben anhält. Ab sofort gibt’s übrigens ein speziell entwickeltes Zweikanal-ABS von Nissin zum (Auf-)Preis von 800 Euro. Bei Verarbeitung und Details wechseln sich kleine Geniestreiche wie die Umrandung der Cockpituhren, die das Scheinwerfer-Thema wiederholt, mit nachlässiger Arbeitsweise ab. Siehe die unschön sichtbar verlegte Elektrik am linken Heck.

Ausstattungsmäßig bleiben nur wenige Wünsche offen, und was nicht serienmäßig ist wie die einstellbaren Hebeleien oder die hydraulische Federvorspannung gibt’s im Zubehör. Serienmäßig sind Beifahrerreling und Hauptständer. Da fällt das immer noch schwere Aufbocken der Triumph nicht mehr so lästig.

Beim Stauraum hält die ST zugunsten ihrer schlanken Linie lediglich Notlösungen für kleine Utensilien parat. So befindet sich statt des üblichen Freiraums unter der Sitzbank ein gut zugängliches Staufach in der rechten Frontverkleidung, das mit dem Bordwerkzeug allerdings praktisch ausgefüllt ist. Für längere Trips kommt man um die farblich angepassten und optisch integrierten Koffersätze (619 Euro) ohnehin nicht herum, dank serienmäßiger Halterungen erfordert deren Anbau keine weiteren Montagearbeiten.

Kein Zweifel, für die verlangten 11460 Euro bekommt der Kunde mit der Sprint ST ein fahraktives und souveränes Motorrad, das seine guten Touringqualitäten mit einer gehörigen Portion Sportsgeist veredelt.

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