Speed aus Tradition

Triumph Speed Triple

Mit der Neuauflage der Speed Triple beschert uns der britische Motorradhersteller Triumph ein Bike, das seit seiner Geburt nur einen Zweck kennt: Fahrspaß bereiten.

Von Thilo Kozik

Großbritannien ist ein Land mit vielen Traditionen, die Briten hegen und pflegen ihre Bräuche und Angewohnheiten mit einer geradezu liebenswürdigen Sturheit. Sei es das Königshaus, die Bridge-Nachmittage, das Pfund oder die Sperrstunde, die allerdings langsam von Engländern, die auf dem Kontinent waren und das Feiern ohne Ende genossen haben, marodiert wird.

Englischer Vorreiter

Doch diesen Gewohnheitsmenschen verdanken wir Festlandseuropäer seit vierzehn Jahren ein Motorrad, dass nur in der Abgeschiedenheit dieser Insel entstanden sein kann: Die Triumph Speed Triple. Was war das damals eine Schau, als Triumph seinen Sportler Daytona nackisch machte und ihm ein Paar hässlich schielende Glupschaugen verpasste! Seit dem hat sich viel getan in der Zweiradwelt, verrückte Streetfighter wie die Speed Triple sind gar nicht mehr verrückt, im Gegenteil, selbst die Mainstream orientierten Japaner und konservativen Deutschen versuchten sich an solchen Modellen. Und kamen doch nicht gegen diese Britin an.

Die Seitenansicht des Triumph Speed Triple Foto: Triumph

Damit das so bleibt, gingen die Triumph-Entwickler in sich und wollten die Speedy für 2008 sinnvoll überarbeiten. Was muss das für ein Schock gewesen sein, als sie feststellten, dass sie gar nicht so viel verändern durften, um den Charakter dieses Bikes nicht zu verwässern! Insofern wundert es nicht, dass der erste Sichtkontakt mit der Neuen erst einmal überhaupt nicht überraschend ausfällt: Nach wie vor bellt sie den Betrachter mit ihrem gedrungenen Aussehen und dem Stummelheck einschließlich der beiden hoch gelegten Endschalldämpfer an, natürlich versehen mit der charakteristischen Einarmschwinge und Doppelaugen.

Feine Änderungen

Der Dreizylinder-Motor der Triump Speed Triple Foto: Triumph

Erst bei näherem Hinsehen offenbaren sich feine Änderungen zur Vorgängerin: Neue filigrane Felgen, eine schwarze Gabel, neue Hitzeschilder der Endtöpfe. Hinter neuen Kühlerverkleidungen sind nun Kühlschläuche und Leitungen versteckt, das Rücklicht besitzt nun eine Klarglasabdeckung und die Blinker kommen im aggressiven Pfeil-Design daher. Doch das große Ganze bleibt gewahrt.

Auch beim Aufsitzen. Der Fahrer sitzt vergleichsweise weit oben, Kurzbeinige haben’s an der Ampel immer noch schwer mit beidfüßigem Bodenkontakt. Der neue, konische Magura-Alulenker zwingt den Fahrer automatisch in die aggressive Vorhalte, der Kniewinkel ist sportlich eng geschnitten. Durch die flache Sitzbank fühlt sich der Fahrer ausgezeichnet integriert und bläst innerlich sogleich zum Angriff.

Diese Geisteshaltung wird vom glücklicherweise unveränderten Motor mit Druck aufs Knöpfchen vehement unterstützt. Heiser röchelt der mächtige Triple im Stand, wohl dosierte Gasstöße sorgen für steigende Motortemperatur und zunehmende Adrenalinausschüttung, geht’s auf die Piste, kommt zum typischen Dreizylinder-Brüllen ein kongenialer Sound-Partner in Form des süchtig machenden Ansaugschlürfens aus der Airbox hinzu - Gänsehaut-Feeling garantiert.


Gelungene Allianz

Das Cockpit der Triumph Speed Triple Foto: Triumph

Bei der Triple gehen Sound und Vision eine Allianz ein, denn Dreizylinder-Aggregat schiebt schon aus niedrigen Drehzahlen vehement voran respektive nach oben - Wheelies sollten mit dieser Leistungscharakteristik selbst Ungeübten leicht von der (Gas-)Hand gehen. Was diesen 1050er so bekömmlich macht, ist sein ausgesprochen breites Drehzahlband.

Am Kindergarten und der Grundschule vorbei rollt er lässig im fünften oder gar sechsten Schongang vorbei, nur um am Ortsende freudig erregt verschluckfrei auf herzhaft geöffnete Drosselklappen mit wunderbar gleichmäßigem Schub zu reagieren. Einziges Manko: Der erste Schub setzt doch ziemlich ruppig ein, je nachdem in welcher Schräglage man sich befindet, gilt es kräftig die Linie zu korrigieren. In den oberen Drehzahlregionen erlahmt der Vortrieb zwar nicht, aber der Drilling teilt seiner Besatzung das Maß seiner Anstrengungen zunehmend mit - je höher das Aggregat dreht, um so spürbarer werden die Vibrationen.

Auch wenn dieser Motor nicht viel Schaltarbeit verlangt, hier lag großes Verbesserungspotenzial - das Triple-Sechsganggetriebe war schon länger als knochig verschrieen. Der überarbeitete Schaltmechanismus indes kann nicht vollends überzeugen, die Streubreite der Testexemplare reichte von «sanft schaltbar» bis «genau so wie vorher».

Die zwei Auspufftöpfe der Triumph Speed Triple Foto: Triumph

Großer Auftritt

Liegt die Ausfallstraße einmal hinter der Speed Triple und nähern sich wie auch immer geschwungene Radien, kommt der große Auftritt der Triumph. Hier imponiert sie mit unnachahmlich satter Straßenlage, typisch britischer Unbeirrtheit und einer Sanftmut, die sie den japanischen Federelementen von Showa verdankt. Um nicht missverstanden zu werden: Sanft und komfortabel beziehen sich auf Sportlermaßstäbe, die Britin hält ihre beiden Räder sauber am Boden und sorgt für ein klares, straffes Feedback.

Zielgenau und neutral wie ein Taschenmesser aus Schweizer Fertigung schneidet sie den Asphalt in feine Scheibchen. Überhandlichkeit kann man ihr dabei jedoch nicht vorwerfen. Je kleiner die Wege, je enger das Geläuf, umso mehr Körper verlangt sie. Korrekturen in Schräglage stellen kein Problem für sie dar, schon eher das Bremsen: Die Dunlop Qualifiers, neben Metzeler Sportec in der Erstausrüstung verbaut, zeigen auch hier das schon mehrfach bemerkte Aufstellmoment.

Apropos Bremsen. Ein weiterer Bereich, in dem die Hinckley-Mannen für Verbesserungen sorgen wollten. Dafür implantierten sie die hoch gelobten Vierkolben-Festsattelzangen aus dem Hause Brembo bewehrt mit vier Einzelbelägen und selbstverständlich radial montiert, zur Betätigung gab’s eine Radial-Hauptbremspumpe hinzu. Der versprochene stärkere «initial bite, also das feste Zupacken direkt zu Beginn der Bremsung, fällt aber eher harmloser aus.

Gute Bremsen

Die Bremsen der Speed Triple sorgen für gute Verzögerungswerte Foto: Triumph

Sehr zur Freude der Normalfahrer, die bei auch wenig optimalen Witterungsverhältnissen vernünftig stoppen möchten; Sportfahrer äußern sich hingegen leicht enttäuscht. Doch am eigentlichen Bremsvermögen gibt es nichts zu kritteln, ein knackiger Druckpunkt gepaart mit tadelloser Wirkung sorgen für beste Bremsmanöver.

Die hier beschriebenen Eigenschaften machen den Charakter der Speed Triple aus. Nicht mehr, aber auch nicht weniger. Die Triumph ist als sportives Naked Bike konzipiert, als Landstraßenjäger der Streetfighter-Klasse. Dafür ist sie ausgerüstet und gönnt sich lediglich den Luxus eines ebenso umfangreichen wie informativen Cockpits, das auf Knöpfchendruck alle möglichen Informationen ausspuckt - auch solche, auf die Speed Triple-Fahrer qua Natur verzichten können wie beispielsweise der Durchschnittsverbrauch auf hundert Kilometer. Dieser spielt für solche Motorradfahrer eine Rolle, die Distanzen überbrücken möchten.

Der Speed Triple-Fahrer möchte ein Höchstmaß an Fahrspaß, sofort. In diesem Konzept ist auch der Zweierbetrieb nicht wirklich vorgesehen - trotz der kompromissförderlich optimierten Beinfreiheit für den Sozius. Triple-Treiber jagen allein und suchen auf der Landstraße Single-Herausforderungen. Dieser Spaß sollte ihnen etwas wert sein - 11.690 Euro, um genau zu sein. Und auch das ist ein guter, alter Brauch: Für das exklusive Vergnügen, eine Triumph Speed Triple um die Ecke hetzen zu dürfen, musste man schon immer etwas mehr ausgeben.

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