«Gerade jetzt ist die Zeit von Skoda»

Škoda-Chef Winfried Vahland

«Gerade jetzt ist die Zeit von Skoda»
Winfried Vahland verantwortet bald das Nordamerika-Geschäft. © Skoda

Winfried Vahland will nach dem Rekordabsatz des Vorjahres auch in diesem Jahr mit Škoda stärker als der Gesamtmarkt wachsen. Im Interview mit der Autogazette spricht der Škoda-Chef über die Finanzkrise, den Wachstumsmarkt China und neue Modelle.

Škoda-Chef Winfried Vahland setzt trotz der Schuldenkrise in Europa auf weiteres Wachstum. «Unser Ziel bleibt es, stärker als der Weltmarkt zu wachsen. Wenn der Weltmarkt beispielsweise um fünf Prozent wächst, ist das unsere Messlatte», sagte Vahland im Interview mit der Autogazette.

«Sind eine preiswerte und werthaltige Marke»

Dass die VW-Tochter in den ersten beiden Monaten des Jahres mit 147.500 Fahrzeugen ein Plus von fast zwölf Prozent erzielt hat, führt Vahland unter anderem auf das gute Preis-Leistungsverhältnis der Marke zurück. «Škoda ist toll aufgestellt, denn wir sind eine preiswerte und werthaltige Marke. Gerade in einer Zeit, in der der Geldbeutel besonders nah am Körper hängt, denken die Menschen an Qualität, Wertbeständigkeit und Preiswürdigkeit. Gerade jetzt ist die Zeit von Škoda.»

«Mit unserer Modellpalette sind wir gut aufgestellt »

Autogazette: Herr Vahland, Sie wollen nach dem Rekordabsatz von fast 879.200 Fahrzeugen in 2011 auch in diesem Jahr wieder deutlich zulegen. Haben Sie keine Angst, dass die Finanzkrise in Europa Ihnen einen Strich durch die Rechnung macht?

Winfried Vahland: Wir sind sehr gut ins neue Jahr gestartet. Im Januar und Februar konnten wir 147.500 Fahrzeuge absetzen und damit ein Plus von fast zwölf Prozent erzielen. Zugleich konnten wir Marktanteile in fast allen Märkten hinzugewinnen. Damit trotzen wir der Nachfrageschwäche einiger Märkte, vor allem in Südeuropa.

Autogazette: Krise ist für Sie also kein Thema?

Vahland: Auch wir merken natürlich die Schwäche des Gesamtmarktes in Westeuropa. Bisher sind wir für diesen Markt von einem Minus für die ersten beiden Monate des Jahres von fünf Prozent ausgegangen, nun deutet es eher darauf hin, dass ein deutlicheres Minus im Gesamtjahr nicht auszuschließen ist. Die Entwicklung in Italien, Frankreich, Spanien, Portugal und auch Griechenland bereiten uns Sorgen. Aber mit unserer Modellpalette sind wir gut aufgestellt, der Octavia ist zum Beispiel nahezu ausverkauft. Weiteren Schub werden uns in den kommenden Monaten die neuen Modelle wie der Škoda Citigo oder unsere neue kompakte Limousine bringen.

«Talsohle in Westeuropa erreicht»

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Autogazette: Im Januar lag das Minus in Europa bei 7,1 Prozent. Ist die Talsohle damit erreicht?

Vahland: Ich glaube, dass die Talsohle in Westeuropa damit erreicht ist, denn die Politik hat die Weichen vernünftig gestellt. Wenn man genau hinschaut, kann man nicht von einer Krise in der Industrie sprechen. Viele Unternehmen haben ihre Erfolgszahlen vorgelegt, auch der Volkswagen Konzern hat dies mit beeindruckenden Zahlen getan. Letztlich geht es um eine Schulden- und eine Vertrauenskrise auf den Finanzmärkten, die die Menschen verunsichert. Diese Verunsicherung hält sie teilweise davon ab, in ein Auto zu investieren...

Autogazette: ...wovon Škoda noch nicht sehr betroffen zu sein scheint...

Vahland: ...Škoda ist toll aufgestellt, denn wir sind eine preiswerte und werthaltige Marke. Gerade in einer Zeit, in der der Geldbeutel besonders nah am Körper hängt, denken die Menschen an Qualität, Wertbeständigkeit und Preiswürdigkeit. Gerade jetzt ist die Zeit von Škoda.

Autogazette: Die Bundesregierung hat gerade das zweite Hilfspaket in Höhe von 130 Milliarden Euro für Griechenland geschnürt und die Gläubiger haben dem Schuldenschnitt zugestimmt. Ist die Schuldenkrise damit überwunden?

Vahland: Wir müssen vorsichtig bleiben. Griechenland fehlen wohl noch die eigenen Kräfte, um schnell aus dieser Krise herauszukommen. Allerdings glaube ich, dass die politischen Weichen richtig gestellt sind. Frau Merkel hat hier mit einer ruhigen Hand sehr weitsichtig und ohne Hektik gehandelt. Ich kann mir nicht vorstellen, dass ein kleines Land wie Griechenland die EU zerreißen kann. Hier haben auch Hedgefonds und die Finanzwirtschaft ihre Auswüchse getrieben. Wenn erst einmal Beruhigung eintritt, beruhigt sich auch die Situation um Griechenland.

Autogazette: Sprechen Sie sich für eine Finanztransaktionssteuer aus?

Vahland: Ich unterstütze alle Maßnahmen, die eine supranationale Finanzspekulation verhindert.

Autogazette: Sehen Sie den Blitzstart mit 147.500 Fahrzeugen für ŠKODA im Januar und Februar als Momentaufnahme oder schon als Wegweiser für das Restjahr?

Vahland: Ich würde es nicht als einen Blitzstart bezeichnen, auch wenn wir unseren Mitbewerbern Marktanteile abnehmen konnten. Wir setzen die Entwicklung des Vorjahres fort. 2011 haben wir mit fast 879.200 verkauften Fahrzeugen und einem Plus von 15,3 Prozent beendet. Es ist ein Beleg für die Stärke der Marke und ein Ergebnis dessen, was wir für die Weiterentwicklung der Marke getan haben.

«Die Schuldenkrise fokussiert sich auf Europa»

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Autogazette: Die Prognosen für den weltweiten Automarkt gehen von einem Wachstum von vier Prozent aus. Wie stark wollen Sie nach den 15,3 Prozent des Vorjahres in diesem Jahr zulegen?

Vahland: Ich denke, dass der weltweite Automarkt nur leicht wachsen dürfte. Hier gibt es einige positive Tendenzen, die vor allem in den USA liegen, auch wenn wir dort nicht vertreten sind. Zudem wächst der Markt in Asien weiter. Wir haben einen guten Start in Indien erlebt, wir wachsen in China, wir wachsen in Russland und dem mittleren Osten. Die Schuldenkrise fokussiert sich vor allem auf Europa.

Autogazette: Wie schauen Ihre Erwartungen für dieses Jahr denn konkret aus?

Vahland: Unser Ziel bleibt es, stärker als der Weltmarkt zu wachsen. Wenn der Weltmarkt beispielsweise um fünf Prozent wächst, ist das unsere Messlatte. Ob wir in der Größenordnung der ersten beiden Monate weiter wachsen können, weiß ich nicht, doch wir sind auf weiteres Wachstum ausgerichtet. Wir haben zudem einen längerfristigen Horizont...

Autogazette: ...das Jahr 2018...

Vahland: ...genau, in diesem Jahr wollen wir mindestens 1,5 Millionen Fahrzeuge verkaufen. Wenn Sie das herunter brechen, bedeutet das ein durchschnittliches jährliches Wachstum um die zehn Prozent.

Autogazette: Dann wollen Sie in diesem Jahr mindestens um zehn Prozent wachsen?

Vahland: Wir sind die ersten beiden Monate zweistellig gewachsen, das ist ein gutes Polster, doch abgerechnet wird am Jahresende.

Autogazette: China ist für Sie der wichtigste Wachstumsmarkt. Im Vorjahr konnten Sie dort über 220.000 Fahrzeuge verkaufen, ein Plus von fast 22 Prozent. Doch auch in China kühlt sich das Wachstum ab. Müssen Sie die Ziele da etwas zurücknehmen?

Vahland: Ich habe ein paar Jahre China-Erfahrung. Und es gab immer Unkenrufe zur Abkühlung des Marktes, denen will ich mich aber nicht anschließen. Wir haben in den zurückliegenden 30 Jahren in China ein Wachstum des Bruttosozialproduktes von durchschnittlich zehn Prozent erlebt. Das kann man nicht immer aufrechterhalten. Deshalb ist es verständlich, dass die Wachstumsraten mit Blick auf eine nachhaltige Entwicklung jetzt moderater ausfallen. Das ist nur vernünftig. Jeder andere Staat würde sich über ein Wachstum von 7,5 Prozent, dem Ziel für das Jahr 2012, freuen.

«Legen außerhalb Europas dynamisch zu»

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Autogazette: Was trauen Sie sich in China zu?

Vahland: Auch hier trauen wir uns zu, stärker als der Markt zu wachsen. Wir haben in China zurzeit allerdings noch zu wenige Kapazitäten. Das bremst unser Wachstum etwas ein.

Autogazette: Sie erweitern entsprechend die Kapazitäten deutlich...

Vahland: ...zusammen mit Volkswagen und den chinesischen Joint-Venture-Partnern werden die Kapazitäten zurzeit ausgebaut. Sie werden 2013 ans Netz gehen und dann ab 2014 ihre volle Wirkung für weiteres Wachstum entfalten.

Autogazette: Das bedeutet in Zahlen?

Vahland: Basis sind über 220.000 Fahrzeuge, die wir im Vorjahr in China verkauft haben. Hierauf bauen wir auf. Vor allem für den Octavia brauchen wir mehr Produktion. Der Octavia ist das Kernprodukt der Marke Škoda. Er ist nicht nur das Idealprodukt für Europa, er ist auch das Idealprodukt für die ‚Emerging Markets‘. Fast überall sind wir mit dem Octavia Segmentführer.

Autogazette: Wie viele Autos sollen denn perspektivisch in China produziert werden?

Vahland: Ich traue der Marke Škoda bis zum Jahr 2018 einen Marktanteil von mehr als drei Prozent zu.

Autogazette: Derzeit werden 60 Prozent aller Škodas in Europa gebaut. Wird sich dieses Verhältnis verändern?

Vahland: Wir haben ein klares Ziel für Europa: Hier liegt unser Marktanteil derzeit bei rund drei Prozent. Bis zum Jahr 2018 sehe ich ein Potenzial von fünf Prozent für Škoda. Damit werden wir in Europa aus meiner Sicht zu einem echten Volumenplayer. Gleichzeitig legen wir außerhalb Europas dynamisch zu: Das Absatzverhältnis Europa und dem Rest der Welt wird sich daher von derzeit 60:40 genau umdrehen.

Autogazette: Bis wann?

Vahland: Bis zum Jahr 2018 wollen wir dann 60 Prozent aller unserer Fahrzeuge außerhalb Europas verkaufen. Wenn die Konjunktur besser als erwartet läuft, ist das vielleicht auch schon etwas früher als 2018 zu erwarten.

Autogazette: Müssen Sie aufgrund ihres Wachstums vor allem in China das Händlernetz von jetzt 300 ausbauen?

Vahland: Wir brauchen 600 Händler, um in China vernünftig aufgestellt zu sein. Wir schaffen es derzeit pro Jahr 100 neue Händlerbetriebe zu eröffnen.

«Indien kann man nicht mit China vergleichen»

Der Skoda Rapid Skoda

Autogazette: In Indien haben Sie mit 30.000 Einheiten im Vorjahr ein Plus von 50 Prozent erzielt. Wird Indien für Sie ein zweites China?

Vahland: Die indische Autoindustrie befindet sich noch auf einem anderen Entwicklungsstand. Ich glaube an ein starkes Wachstum, doch das Land kann man nicht mit China vergleichen.

Autogazette: Der Rapid ist ein für den indischen Markt und auch vor Ort gebautes Fahrzeug. Bedeutet das, dass Škoda zukünftig nicht nur Weltautos bauen wird, sondern spezifische Fahrzeuge für einzelne Märkte?

Vahland: Ich bin kein automatischer Befürworter von Weltautos. Angesichts unserer Wachstumsziele müssen wir bei Škoda Modelle anbieten, die möglichst auf allen Weltmärkten für unsere Kunden interessant sind. Der Octavia ist ein solches Beispiel. Irgendwann könnte er einmal in den Bereich von 500.000 Einheiten pro Jahr kommen, damit wären wir mit diesem Fahrzeug unter den ‚Top Ten‘ der weltweit am meisten verkauften Pkw. Auch der Yeti ist ein solches Beispiel, der aufgrund der starken Nachfrage auch in China, Indien und Russland in Bereiche von 150.000 bis 170.000 Einheiten jährlich kommen könnte. Wenn man die Projekte global angeht und die Modelle dann den lokalen Bedürfnissen anpasst, gibt es hierfür einen Bedarf. Deshalb kann ich mir vorstellen, bei Škoda auch einen zweiten SUV anzubieten.

«Sehen, dass Nachfrage nach größeren SUV besteht»

Der Skoda Yeti erfüllt die Erwartungen Skoda

Autogazette: Ab wann ist mit einem solchen SUV zu rechnen?

Vahland: Wir prüfen gerade die Möglichkeiten und sehen, dass Nachfrage nach einem etwas größeren SUV besteht. Die endgültige Entscheidung ist noch nicht gefallen.

Autogazette: Sie haben die besondere Bedeutung des Octavia angesprochen, jetzt bringen Sie den Citigo auf den Markt. Wird der ihr wichtigstes Modell?

Vahland: Nein, es ist ein für Europa konzipiertes Modell, das uns auf diesen Märkten neue Kundensegmente eröffnen soll. Er passt aber glänzend zur Marke: klar, frisch, jung, dynamisch. Mit dem Citigo sprechen wir Kunden an, die sich ihr erstes Auto kaufen, aber auch Familien, die ein Zweitauto brauchen, und auch ältere Menschen.

Autogazette: Welchen Absatz erwarten Sie im ersten vollen Jahr weltweit vom Citigo?

Vahland: Wir sind hier sehr optimistisch. Das Volumenmodell wird bei uns sicherlich der Fünftürer werden, auf den etwa 70 Prozent der Verkäufe entfallen dürften. Genaue Absatzprognosen geben wir nicht, doch eines kann ich sagen: Škoda geht keine Projekte an, die unter einem Absatzvolumen von 50.000 Einheiten liegen.

Autogazette: Herr Vahland, der Vertrag von VW-Chef Winterkorn endet 2016. Verraten Sie uns, welchen Job Sie gern im Jahr 2017 machen würden?

Vahland: Die Marke Škoda leiten.

Das Interview mit Winfried Vahland führte Frank Mertens

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Frank Mertens
Nach dem Studium hat er in einer Nachrichtenagentur volontiert. Danach war er Sportjournalist und hat drei Olympische Spiele begleitet. Bereits damals interessierten ihn mehr die Hintergründe als das Ergebnis. Seit 2005 berichtet er über die Autobranche.

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