«Wir bieten mit dem Vision X bezahlbare Umwelttechnik»

Martin Hrdlička, Leiter Fahrwerks- und Aggregateentwicklung Skoda

«Wir bieten mit dem Vision X bezahlbare Umwelttechnik»
Martin Hrdlicka leitet die Fahrwerks- und Aggregateentwicklung bei Skoda. © Markus Altmann

Der tschechische Autobauer Skoda hat mit dem Vision X eine vielbeachtete Studie präsentiert. «Mit unserer Studie wollten wir aufzeigen, was machbar ist», sagte Martin Hrdlička.

Wie der Leiter der Fahrwerks- und Aggregateentwicklung bei Skoda im Interview mit der Autogazette sagte, hätte man mit dem «Vision X ein attraktives, sehr effizientes SUV entworfen. Das ist uns mit einem Antriebskonzept aus Benzin-, CNG- und Elektromotor gelungen».

Wie Hrdlička hinzufügte, werde der Skoda Vision X dazu beitragen, den ab 2021 geltenden CO2-Grenzwert von 95 Gramm pro Kilometer zu erreichen. Der Vision X kommt auf einen CO2-Ausstoß von 89 g/km. Er sei zudem in der Lage, «auch mit Bio-Gas beziehungsweise synthetischem Kraftstoff» zu fahren «und mit letzterem wären wir quasi CO2-neutral unterwegs».

«Automobilbranche steht vor großem Innovationssprung»

Der Skoda Vision X vor der Universität des Autobauers in Mlada Boleslav. Foto: Mertens

Autogazette: Herr Hrdlička, wie schwer fällt Ihnen als Experte für Verbrennungsmotoren die Transformation zum Elektromotor?

Martin Hrdlička: Natürlich ist die Mobilitätswende für uns alle eine Herausforderung. Aber derartige Transformationen sind ganz normal: Der Technologiewandel von der Pferdekutsche zum Automobil mit Verbrennungsmotor, von der Dampflokomotive zur Elektrolok, vom Handy zum Smartphone – das sind nur einige Beispiele aus der Vergangenheit.

Autogazette: Also alles ganz unproblematisch?

Hrdlička: Nein, das sicherlich nicht. Die Automobilbranche steht jetzt vor einem großen Innovationssprung. Was uns dabei besonders beschäftigt sind die strengeren gesetzlichen CO2-Vorgaben ab 2020 in Europa und anderen Regionen. Diese stellen uns vor große Herausforderungen, vor noch größere als die Elektrifizierung an sich darstellt.

Autogazette: Sind strenge CO2-Vorgaben nicht ein Wegbereiter für die Elektromobilität? Ohne Elektrifizierung können Sie die Grenzwerte doch nicht erreichen?

Hrdlička: Ohne die Elektrifizierung unserer Modellpalette können wir die strengen Tank to wheel CO2-Vorgaben in der Tat nicht erfüllen. Von der Politik wünsche ich mir ebenfalls ein klares Bekenntnis zur Dekarbonisierung und die Schaffung der notwendigen infrastrukturellen Rahmenbedingungen. Generell ist es ein Trugschluss, dass uns die Elektromobilität angesichts des aktuellen Strommixes eine emissionsfreie Mobilität ermöglicht.

«Vorgaben zur globalen Dekarbonisierung wünschenswert»

Was für ein Kühlergrill: Mit dieser Optik macht der Skoda Vision X mächtig Eindruck. Foto: Mertens

Autogazette: Welche Vorgaben wünschen Sie sich?

Hrdlička: Vorgaben zur globalen Dekarbonisierung wären wünschenswert. Tank to wheel CO2 Vorgaben sind etwas anderes.

Autogazette: Das, was Sie sich als Vorgabe wünschen, gibt es doch in den Klimaschutzzielen bis 2050. Da steht das erforderliche Einsparpotenzial.

Hrdlička: Das ist korrekt, aber diese Ziele beziehen sich nicht direkt auf die Automobile, für die in der EU ab 2020 separate, spezifische Emissionsvorgaben gelten werden.

Autogazette: Aber es gibt Sektorenziele und dazu gehört auch der Verkehr.

Hrdlička: Die Verantwortung für die Stromherstellung oder den Strommix liegt aber nicht in unserer Hand. Wir können nur garantieren, dass wir unsere Fahrzeuge mit bester Effizienz und so umweltfreundlich wie möglich herstellen – sei es mit Verbrenner, Hybrid- oder Elektroantrieb.

«Wir als Wirtschaftsunternehmen bedienen die Nachfrage»

Autogazette: Bereitet es Ihnen mit Blick auf die Erreichung des CO2-Grenzwertes von 95 g/km bis 2021 Sorge, dass die Kunden derzeit so stark SUVs nachfragen?

Hrdlička: Der CO2-Ausstoß eines Fahrzeugs wird offiziell lediglich auf Basis seines Betriebs beurteilt. Natürlich ist dieser Trend hinsichtlich der künftigen CO2-Vorgaben herausfordernd. Doch der Kunde lässt sich bei seiner Kaufentscheidung nicht immer von einer CO2-Vorgabe leiten. Wir als Wirtschaftsunternehmen bedienen die Nachfrage – auch um die Investitionen in die E-Mobilität bewältigen zu können.

Autogazette: Spielten bei der Entwicklung der Skoda Vision X auch die strikten CO2-Vorgaben eine Rolle?

Hrdlička: Wir haben mit dem Vision X ein attraktives, sehr effizientes SUV entworfen. Das ist uns mit einem Antriebskonzept aus Benzin-, CNG- und Elektromotor gelungen. Mit der Serienversion der Studie Skoda Vision X werden wir dem Kundenbedürfnis nach einem Crossover-Modell gerecht. Gleichzeitig trägt er dazu bei, mit unserer Flotte durchschnittlich einen CO2-Grenzwert von 95 Gramm pro Kilometer zu erreichen.

«Mit unserer Studie wollten wir aufzeigen, was machbar ist»

Der Skoda Vision X vor dem Museum des Autobauers in Mlada Boleslav. Foto: Mertens

Autogazette: Ist der Skoda Vision X mit seinem Mix aus drei Antrieben ein zukunftsweisendes Auto?

Hrdlička: Mit unserer Studie wollten wir aufzeigen, was machbar ist. Der Skoda Vision X fährt übrigens auch mit Bio-Gas bzw. synthetischem Kraftstoff und mit letzterem wären wir quasi CO2-neutral unterwegs.

Autogazette: Welche Rolle spielt für Sie bei der weiteren Elektrifizierung das 48 Volt-Bordnetz?

Hrdlička: Das 48 Volt-Bordnetz spielt eine große Rolle und lässt sich mit überschaubarem Aufwand in die Architektur konventionell angetriebener Fahrzeuge integrieren. Damit erreichen wir eine signifikante Unterstützung des Verbrennungsmotors bei der Rekuperation. Eine höhere Spannung ermöglicht zudem mehr Leistung im Fahrzeug.

Autogazette: Sie bringen 2019 den Skoda Superb als Plug-in-Hybrid. Wird es vorher noch in einem anderen Modell ein 48 Volt-Bordnetz geben?

Hrdlicka: Nein.

Autogazette: Was könnte von der Vision X in die Serienfertigung gehen?

Hrdlička: Einen Teil davon werden wir bereits beim Skoda Octavia zum Jahresende sehen. Die CNG-Version werden wir als quasi-monovalentes Fahrzeug anbieten, d.h. wir werden den Motor bei diesen Fahrzeugen hinsichtlich des Erdgasbetriebs optimieren, was zu einer Leistungssteigerung gegenüber dem Benzinäquivalent führt. Darüber hinaus werden wir unseren Kunden deutlich mehr Erdgasreichweite und ein 48 Volt-Bordnetz anbieten. Ein Riemen-Starter-Generator stellt dafür die Basis dar.

Autogazette: Sehen Sie 48 Volt auch in einem Kleinwagen?

Hrdlička: Im Kleinwagen-Segment auf 48 Volt zu setzen macht durchaus Sinn. Allerdings haben wir dazu noch keine Entscheidung getroffen.

Autogazette: Einige Hersteller bringen einen Diesel-Hybrid. Sie können sich einen CNG-Hybrid auch für die Serie vorstellen?

Hrdlička: Das halten wir bei Skoda für sehr interessant. Dass uns diese Variante überzeugt, zeigen wir auch mit dem Skoda Vision X. Auch hierzu wurde noch keine Entscheidung getroffen.

«Highlight des Vision X ist nicht die elektrische Reichweite»

Autogazette: Die Vision X kommt nur auf eine elektrische Reichweite von zwei Kilometer. Warum so wenig?

Hrdlička: Das Highlight des Vision X ist nicht die elektrische Reichweite. Wir bieten mit dem Vision X bezahlbare Umwelttechnik mit besonders niedrigen CO2-Emmissionen von 89 g/km – und das mit Allradantrieb.

Autogazette: Der Citigo wird 2019 mit 300 Kilometer kommen.

Hrdlička: Mit dem elektrischen Citigo werden wir dank neuester Batterietechnik sehr attraktive und kundenadäquate Reichweiten erzielen.

Autogazette: War es logisch, dass ein Kleinstfahrzeug das erste E-Auto von Skoda sein wird, weil die Plattform vorhanden war?

Hrdlička: Wir kochen mit vielen guten Zutaten, die im Konzernverbund gemeinsam entwickelt werden. Es macht durchaus Sinn mit einem Kleinstfahrzeug zu beginnen. Zudem wird der voll-elektrische Citigo wie auch sein Konzernbruder der VW e-up im slowakischen Bratislava produziert. Wir bei Skoda Auto sind überzeugt: Mit dem voll-elektrischen Skoda Citigo, haben wir ein cleveres Angebot für Metropolen wie Prag oder Berlin.

Autogazette: Bis 2025 bringt Skoda zehn reine E-Autos auf den Markt. Was folgt nach dem Citigo und der Vision E?

Hrdlička: Unser CEO Bernhard Maier hat den strategischen Kurs klar vorgegeben: In den nächsten zwei Jahren werden wir insgesamt 19 neue Fahrzeugmodelle auf den Markt bringen, von denen bereits fünf elektrifiziert sind. Bis 2025 werden wir zehn elektrifizierte Fahrzeuge in unserem Programm haben. Details dazu kann ich Ihnen heute leider noch nicht verraten.

«Immer mehr Kunden setzen auf den CNG-Antrieb»

Das ansehnliche Heck des Vision X von Skoda. Foto: Mertens

Autogazette: Wie geht es bei Skoda mit CNG weiter?

Hrdlička: Wir bei Skoda Auto setzen bewusst auf diese umweltfreundliche Technologie. Dazu passt gut, dass auch der Volkswagen Konzern eine große Erdgas-Initiative ins Leben gerufen hat. In der Tschechischen Republik liegt die Erdgas-Einbaurate bei acht Prozent, in anderen Märkten ist sie durchaus weit geringer. Immer mehr Kunden setzen auf den CNG-Antrieb.

Autogazette: Ist CNG der neue Diesel?

Hrdlička: Hinsichtlich der Effizienz ist Erdgas auf jeden Fall dem Diesel ebenbürtig.

Autogazette: Skoda-Entwicklungschef Christian Strube sagte auf dem Autosalon Genf, dass es in jeder Baureihe ein CNG-Modell geben soll. Gibt es dazu schon eine Entscheidung?

Hrdlička: Zunächst werden wir einen quasi-monovalenten Skoda Octavia anbieten. Auch andere Baureihen stehen hinsichtlich eines CNG-Antriebs zur Debatte.

Autogazette: Was fahren Sie heute lieber: Ein Auto mit Verbrennungsmotor oder ein Elektroauto?

Hrdlička: Schon aus beruflichen Gründen fahre und teste ich alle Antriebsvarianten gern. Ganz gleich ob elektrisch, CNG, Ottomotor oder Diesel – alle haben ihre individuellen Vorzüge. Meistens fahre ich einen Kodiaq TDI.

Das Interview mit Martin Hrdlička führte Frank Mertens

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Frank Mertens
Nach dem Studium hat er in einer Nachrichtenagentur volontiert. Danach war er Sportjournalist und hat drei Olympische Spiele begleitet. Bereits damals interessierten ihn mehr die Hintergründe als das Ergebnis. Seit 2005 berichtet er über die Autobranche.

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