Siemens arbeitet an elektrischer Autobahn für Lkw

Zuschlag in den USA

Siemens arbeitet an elektrischer Autobahn für Lkw
Ein Lkw von Scania elektrisch unterwegs. © Scania

Wie wird die Mobilität der Zukunft aussehen? Möglicherweise elektrisch. Dazu arbeitet Siemens nun an einer elektrischen Teststrecke für Lkws.

Künftig könnten Lkw auf Autobahnen mit Strom fahren, den sie aus Oberleitungen beziehen. Dadurch sollen CO2-Emission im Straßenverkehr verringert werden. Der Technologiekonzern Siemens arbeitet hierzulande bereits seit Jahren an dem zukunftsweisenden Projekt und hat jetzt auch in den USA den Zuschlag für eine elektrifizierte Teststrecke erhalten. Zum Einsatz kommen Hybrid-Lkw, die sowohl elektrisch wie mit Verbrennungsmotor fahren können.

Den Trucks werden dazu neuartige Stromabnehmer verpasst, die automatisch am Fahrdraht andocken. Treten die Brummi-Fahrer auf die Bremse, wird die Bremsenergie als elektrischer Strom wieder in die Oberleitung zurückgespeist und kann von allen anderen Fahrzeugen im System genutzt werden. Im Gegensatz zu Pendants bei Zügen sollen die Stromabnehmer allerdings intelligenter arbeiten, so Siemens. Die Sensorik weiß immer, wann der Lkw die elektrifizierte Spur verlässt. In diesem Fall koppelt er sich automatisch ab, das funktioniert bis zu einer Geschwindigkeit von 90 Kilometern pro Stunden. Wird der Truck schneller, regelt der Motor automatisch ab.

Strenge Abgasregeln in Los Angeles

In Los Angeles könnten die strengen Abgasregeln sich positiv auf die Entwicklung der Technik von Siemens auswirken. Dort sucht die Stadtregierung nach einer emissionsfreien Lösung für den rund 30 Kilometer langen Highway 710. Die überlastete Straße führt mitten durch die Stadt und verbindet den Hafen mit dem Logistikzentrum. Rund 35.000 Lkw-Fahrten verzeichnet die Strecke jeden Tag, Tendenz steigend. Zudem sind die Kapazitäten der Schienen ausgeschöpft, denn durch den dicht bebauten Ballungsraum ist kein weiterer Ausbau möglich. Durch die elektrischen Lkw könnten beispielsweise Hafengesellschaften die Emissionsgrenzen der nah gelegenen Wohngebiete einhalten, denn die Fahrzeuge des Technologiekonzerns fahren emissionsfrei, solange sie sich mit Strom aus Oberleitungen versorgen.

Geht es nach dem Bundesumweltministerium (BMU), könnten solche Trucks auch auf normalen Autobahnen auf Achse sein, wo sie auf der rechten Spur an einer langen Oberleitung ihrem Ziel entgegenstromern. Nach Informationen von Siemens wäre das rein technisch kein großes Problem. Die Integration in ein bestehendes Verkehrssystem soll relativ einfach sein.

CO2-Emmissionen verringern

Die Technik könnte helfen, die steigenden CO2-Emissionen im Güterverkehr in den Griff zu bekommen. Denn die Lkw-Schlangen auf den Fernstraßen werden in Zukunft weiter wachsen, prognostiziert das Schweizer Beratungsunternehmen Progtrans. Demnach soll allein der Güterverkehr in Deutschland bis 2050 um 116 Prozent gegenüber 2005 zunehmen (gerechnet in Tonnenkilometern). So wurden im Jahr 2011 laut Bundesverkehrsministerium knapp 3,4 Milliarden Tonnen an Waren auf Deutschlands Straßen transportiert – rund acht Prozent mehr als noch 2010. Entsprechend steigt auch der CO2-Ausstoß des schweren Straßengüterverkehrs, von heute rund 40 auf 100 Millionen Tonnen im Jahr 2050 – falls sich der Status quo der Technik nicht massiv ändert. Das Ziel der EU-Kommission, die CO2-Emissionen bis dahin um 80 Prozent gegenüber 1990 zu senken, wäre damit nicht realistisch. Die Trucks von Siemens könnten da eine aussichtsreiche Option sein.

Die neue Technik ist allerdings noch teuer – zwischen 1,1 und 2,5 Millionen Euro pro Streckenkilometer wird die neue Infrastruktur inklusive Oberleitung wohl veranschlagen. Ziel ist jedoch nicht die Elektrifizierung einer ganzen Autobahn, sondern lediglich hochfrequentierte Teil-Strecken über mittlere Entfernungen. Dazu zählen der Lkw-Pendelverkehr ohne Bahnanschluss, beispielsweise zwischen Güterverkehrszentren und Häfen. So wie er gerade mit dem „eHighway“ in der Nähe von Los Angeles erprobt wird. (SP-X)

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Frank Mertens
Nach dem Studium hat er in einer Nachrichtenagentur volontiert. Danach war er Sportjournalist und hat drei Olympische Spiele begleitet. Bereits damals interessierten ihn mehr die Hintergründe als das Ergebnis. Seit 2005 berichtet er über die Autobranche.

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