«Spüren einen deutlichen Anstieg des CNG-Absatzes»

Seat-Deutschland-Chef Bernhard Bauer

«Spüren einen deutlichen Anstieg des CNG-Absatzes»
Seat-Deutschlandchef Bernhard Bauer. © Seat

Seat hat in 2019 versucht den Absatz seiner Erdgasmodelle zu pushen. Dazu gehörte auch eine Gleichpreisstrategie. Sie wird 2020 fortgesetzt, wie Deutschland-Chef Bernhard Bauer ankündigte.

«Wir planen unsere Preispolitik beizubehalten. Es gibt auch keinen Grund, die Preise anzuziehen», sagte Bauer im Interview mit der Autogazette. Wie der Manager hinzufügte, würde die Entwicklung der Absatzzahlen für CNG und deren Akzeptanz im Markt die eigenen Erwartungen deutlich übertreffen. Nachdem zu Beginn des Jahres nur rund zwei Prozent der Neuzulassungen auf CNG-Modelle entfielen, stiegen sie im November bereits auf fast elf Prozent.

«In absoluten Zahlen heißt der Sprung von zwei Prozent auf rund elf Prozent, dass wir unseren Absatz an erdgasbetriebenen Seat-Fahrzeugen um mehr als das Siebenfache steigern konnten. Damit sind wir sehr zufrieden, sehen aber gleichzeitig noch Potenzial», sagte Bauer weiter. Nachdem gerade die Kaufprämie für Elektroautos um 50 Prozent erhöht wurde, fordert Bauer so etwas auch für Erdgasautos. «Das wäre nicht nur wünschenswert, sondern – gerade unter umwelttechnischen Aspekten – zwingend notwendig.»

«Entwicklung der Absatzzahlen übertrifft Erwartungen»

Der Seat Arona wird auch als CNG-Variante angeboten. Foto: Seat

Autogazette: Herr Bauer, Sie haben 2019 versucht, mit einer so genannten Gleichpreisstrategie den Absatz von Erdgasfahrzeugen zu steigern. Ist diese Strategie aufgegangen?

Bernhard Bauer:: Wir wollen unseren Kunden die Entscheidung so einfach wie möglich machen und bieten unsere CNG-Modelle auf dem Preisniveau eines vergleichbaren Benziners. Wenn wir uns die Zahlen im Jahresverlauf ansehen, spüren wir seit dem Start unserer CNG-Offensive einen deutlichen prozentualen Anstieg des CNG-Absatzes – egal ob Ibiza, Arona, Leon oder Leon ST.

Autogazette: Ist es ein Anteil, der Ihren Absatzerwartungen entspricht?

Bauer: 2019 haben wir intensiv an unserem CNG-Angebot gefeilt. Wir bieten mit dem Seat Arona als ersten SUV mit CNG Antrieb weiterhin den Kleinwagen Seat Ibiza und die kompakten, 130 PS starken Seat Leon und Leon Sportstourer an. Die Entwicklung der Absatzzahlen für CNG und deren Akzeptanz im Markt übertrifft unsere Erwartungen sogar deutlich. In absoluten Zahlen heißt der Sprung von zwei Prozent auf rund elf Prozent, dass wir unseren Absatz an erdgasbetriebenen Seat Fahrzeugen um mehr als das Siebenfache steigern konnten. Damit sind wir sehr zufrieden, sehen aber gleichzeitig noch Potenzial.

«Wir planen unsere Preispolitik beizubehalten»

Autogazette: Bis November konnten Sie den Gesamtabsatz von Seat um 14,5 Prozent auf fast 131.000 Fahrzeuge steigern. Auf welchen prozentualen Anteil kommen dabei Ihre Erdgasmodelle?

Bauer: Die Marke Seat hat sich 2019 überragend entwickelt, anteilig haben sich unsere Fahrzeuge mit TGI-Motor sogar überproportional gut entwickelt und wir sind wieder Marktführer. Zum Vergleich: Zu Beginn des Jahres entfielen noch rund zwei Prozent der Neuzulassungen auf CNG-Modelle, im November hingegen waren es bereits fast elf Prozent. Und das, obwohl uns mit der Einstellung des kleinen Seat Mii Ecofuel seit Mitte des Jahres ein Modell im CNG-Portfolio fehlt. Der Seat Mii wird dafür nun mit vollelektrischem Antrieb als Mii electric fortgeführt.

Autogazette: Wie geht es denn weiter mit der Gleichpreisstrategie? Setzen Sie sie auch in 2020 fort?

Bauer: Ja, wir planen unsere Preispolitik beizubehalten. Es gibt auch keinen Grund, die Preise anzuziehen: Unsere TGI-Motoren basieren auf den ausgereiften und bewährten Turbobenzinern und sind an entsprechender Stelle für den Betrieb mit komprimiertem Erdgas optimiert und verstärkt. Wegen dieser technischen Verwandtschaft halten sich Entwicklungskosten in Grenzen – und damit auch der Aufpreis.

«Arbeiten mit Nachdruck daran, diese Hürden abzubauen»

Seat Ibiza TGI. Foto: Seat
Der Seat Ibiza TGI beim Tankstopp. Foto: Seat

Autogazette: Laut Zahlen des Kraftfahrt-Bundesamtes steigen die Neuzulassungen von Erdgasmodellen prozentual zwar signifikant, aber in Summe kommen sie im November gerade einmal auf einen Marktanteil von 0,3 Prozent. Wo liegen für Sie trotz aller bekannten Vorteile von CNG dafür die Gründe?

Bauer: Ich bin davon überzeugt, dass es viel zu lange unberechtigte Berührungsängste mit der Technologie gab und dass sich das hartnäckig hält. Wir arbeiten bei Seat mit Nachdruck daran, diese Hürden abzubauen und die Technologie verständlich und zugänglich zu machen. Der Mensch ist nun mal auch – wie sagt man so schön – ein Gewohnheitstier. Weder beim Tanken noch beim Fahren – dazu zählt auch die Reichweite – gibt es bei CNG signifikante Unterschiede zum konventionellen Benziner- oder Dieselmotor. Genau das kann das Problem sein: Bei den alternativen, umweltfreundlichen Antrieben steht der Elektroantrieb im Fokus. Und das, obwohl laut einer Studie des ADAC der Erdgasantrieb in Summe umwelttechnisch sogar besser abschneidet. Vielleicht wird der bereits seit Jahren erhältliche und technisch weit entwickelte CNG-Antrieb nicht als revolutionär genug wahrgenommen, um von Kunden als Alternative angesehen zu werden. Genau das ist aber der Vorteil: Der Antrieb ist bewährt, technisch ausgereift und ausgesprochen günstig im Unterhalt und kann mit Biomethan betankt sogar CO2-neutral betrieben werden. Letzten Endes müssen es die Kunden einfach selbst ausprobieren. Es gibt jedenfalls keinen Grund, vor CNG Angst zu haben. Das Kraftstoffsystem ist ausgesprochen sicher und für ein Vielfaches seiner tatsächlichen Belastung ausgelegt. Die Infrastruktur ist praxistauglich. Mit modernen Tankapps ausgestattet, sind auch weitere Strecken meist kein Problem.

«Arona mit 1300 Neuzulassungen als TGI-Variante»

Autogazette: Welches ist unter den von Ihnen angebotenen Erdgasfahrzeugen wie dem Arona, Ibiza und Leon das derzeit populärste Modell?

Bauer: Unter unseren CNG-Modellen ist aktuell der Kompakt-SUV Seat Arona der beliebteste, dicht gefolgt vom Leon. Die Zahlen sind aber auch beim Arona beeindruckender: Entfielen zum Start im Februar nur 2,6 Prozent auf den TGI, waren es im November bereits 12,6 Prozent. Der Leon bekam dieses Jahr einen neuen, noch stärkeren Motor und kommt auf immerhin 11,5 Prozent im November. Über das Jahr gesehen, lief der Seat Leon (inklusive Leon Sportstourer) mit insgesamt knapp 1600 neuzugelassenen Fahrzeugen sogar noch besser.

Autogazette: Sie haben sich gerade vom City-SUV Arona eine Menge versprochen, von dem bis November 21.428 Fahrzeuge abgesetzt wurden. Wie viele davon haben denn einen CNG-Antrieb?

Bauer: Prozentual haben wir ja bereits über die Entwicklung des Seat Arona TGI gesprochen. Im Jahresdurchschnitt kommt der Arona auf einen Durchschnitt von rund 6,2 Prozent und damit auf über 1.300 Neuzulassungen als TGI-Variante.

«Sind froh über Unterstützung der Handelspartner»

Autogazette: Neben der Gleichpreisstrategie haben sie für die Erdgasfahrzeuge auch eine so genannte Fast Lane eingerichtet. Wer ein Erdgasfahrzeug bestellt, bekommt es in 21 Tagen ausgeliefert. Trägt das beim Kunden als Verkaufsargument?

Bauer: Genau sagen lässt sich das natürlich nicht, es ist aber definitiv ein zusätzlicher Anreiz. Wir wissen ja wie das ist: Sie kaufen sich ein schickes neues Auto und wollen dann nicht monatelang drauf warten. 21 Tage von der Bestellung bis zur Auslieferung sind ganz sicher ein Argument – gerade, wenn es um schwer verfügbare Modell-Motor-Kombinationen geht.

Autogazette: Wie reagiert denn der Handel auf ihre Strategie, CNG derart zu pushen?

Bauer: Wir sind froh über die breite Unterstützung bei unseren Handelspartnern. Auch, oder gerade bei der Kommunikation der CNG-Offensive sehen wir, dass viele unserer Partner an vorderster Front voll und ganz hinter der Strategie stehen, CNG und Fast Lane zu kombinieren. Ich denke, dass es auch eine Rolle spielt, dass die zunehmende Akzeptanz und das wachsende Interesse an unseren CNG-Antriebskonzepten im Handel deutlich spürbar ist.

«Wünschen uns mehr Unterstützung durch staatliche Förderungen»

Der Seat Mii eelctric ist das erste reine E-Auto der Spanier. Foto: Seat

Autogazette: Sie haben ihre Händler ja mit Erdgasmodellen ausgestattet, die als Ersatzfahrzeuge beim Werkstattbesuch an Kunden vergeben werden. Nimmt das Vorbehalte beim Kunden gegen den Antrieb?

Bauer: Ganz sicher sogar. Nehmen wir an, ein Kunde wird nicht darauf hingewiesen, dass er ein CNG-Fahrzeug fährt: Das Fahrgefühl ist identisch, auch hinsichtlich des Motorgeräuschs sind Benziner und TGI nicht voneinander zu unterscheiden, die Reichweite beträgt auch beim CNG-Motor mehrere hundert Kilometer. Muss der Kunde nicht nachtanken, merkt er es nicht. Muss er nachtanken, stellt er allenfalls fest, wie unkompliziert Tanken mit komprimiertem Erdgas ist – nämlich genau so einfach wie normales Benzin. Und das ist genau das Feedback, das uns bei unseren Fahrveranstaltungen mit CNG-Modellen erreicht.

Autogazette: Die Kaufprämie für E-Autos wurde gerade um 50 Prozent erhöht. Wäre es nicht wünschenswert, eine solche staatliche Prämie auch für Erdgasmodelle auszuloben?

Bauer: Das wäre nicht nur wünschenswert, sondern – gerade unter umwelttechnischen Aspekten – zwingend notwendig. Im Allgemeinen wünschen wir uns mehr Unterstützung durch staatliche Förderungen. Das bezieht sich nicht nur auf Prämien beim Kauf eines umweltfreundlichen Antriebs, sondern auch auf den Ausbau der Infrastruktur. Steuerliche Vorteile gibt es ja, das will ich an dieser Stelle auch noch einmal positiv hervorheben.

Das Interview mit Bernhard Bauer führte Frank Mertens

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Frank Mertens
Nach dem Studium hat er in einer Nachrichtenagentur volontiert. Danach war er Sportjournalist und hat drei Olympische Spiele begleitet. Bereits damals interessierten ihn mehr die Hintergründe als das Ergebnis. Seit 2005 berichtet er über die Autobranche.

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