«Mobilität der Zukunft wird über den Platz bestimmt»

Schaeffler auf der CES

«Mobilität der Zukunft wird über den Platz bestimmt»
Schaeffler ist erstmal auf der CES © AG/Mertens

Kilometerlange Staus, eine hohe Feinstaubbelastung, drohende Fahrverbote für Diesel: Die Mobilität der Zukunft wird sich ändern müssen. Wie sie aussehen kann, daran arbeitet der Zulieferer Schaeffler und zeigte auf der CES, wie er sich nachhaltige Konzepte vorstellt.

Von Frank Mertens

Wer heute durch Großstädte wie beispielsweise Berlin oder Frankfurt fährt, macht die gleichen Erfahrungen. Es gibt immer mehr Staus. Statt zu fahren, quälen sich die Menschen im Stop-and-Go-Verkehr durch den Verkehr - um dann doch irgendwann noch ans Ziel zu kommen.

Angesichts der Verkehrsdichte und der zunehmenden Emissionsbelastungen wird derzeit viel über neue Mobilitätskonzepte gesprochen. Befördert wird diese Diskussion von möglichen Fahrverboten für Diesel. Geht es nach den Grünen, sollen spätestens ab 2030 überhaupt keine fossilen Verbrennungsmotoren mehr angeboten werden.

Neue Konzepte gefragt

Die Autobranche ist also gefordert, neue Fahrzeuge anzubieten - und dabei ist es nicht nur mit einem bloßen Elektroantrieb getan, der in ein bestehendes Fahrzeugkonzept integriert wird. Die Mobilität von morgen muss neu gedacht werden. Denn die Menschen wollen auf die individuelle Mobilität nicht verzichten, sonst würden sie statt im Stau zu stehen, öffentliche Nahverkehrsmittel nutzen. Die Branche steht vor enormen Herausforderungen - und damit auch die Zulieferer, die mit Nachdruck an nachhaltigen Mobilitätslösungen arbeiten.

Wie diese aussehen können, zeigt Schaeffler nun auf der CES in Las Vegas unter anderem mit seinem Bio-Hybrid, einem vierrädrigen Elektrobike für zwei Personen. Es verfügt nicht nur über ein bewegliches Dach und kann neben der Muskelkraft auch durch einen Elektroantrieb bewegt werden, sondern lässt sich perspektivisch auch autonom vorfahren und einparken. Doch das ist noch Zukuntfsmusik. Derzeit kann er das noch nicht, aber konzeptionell ist das vorgesehen.

Radspur kann genutzt werden

Der Bio-Hybrid von Schaeffler Schaeffler

Doch bereits in der jetzigen Ausbaustufe stellt der Bio-Hybrid eine interessante Alternative für die urbane Mobilität dar. Denn eines sei klar, sagte Schaeffler-Entwicklungsvorstand Peter Gutzmer: "Die Mobilität der Zukunft wird vom Platz bestimmt." Sprich: Es werden sich Fahrzeuge durchsetzen, die wenig Platz benötigen - und vor allem, die nicht im Stau stehen müssen.

So ist der Bio-Hybrid in der Lage, auch die Radspur zu nutzen. Zudem unterliegt er in den Städten keinen Zufahrtsbeschränkungen. Entsprechend ist das Konzept auch für Lieferdienste ausgesprochen interessant. Entsprechend sei auch eine Cargo-Version des Bio-Hybrid vorstellbar, der über noch mehr Zuladungsmöglichkeiten verfügt als das Konzeptfahrzeug.

Derzeit bringt es der Bio-Hybrid noch auf ein Gewicht von 80 Kilogramm - zu viel, wie Gutzmer sagt. Da besteht noch Verbesserungsbedarf. Derzeit sei der Bio-Hybrid vielleicht etwas overengineerd, wie Gutzmer befindet. Daran arbeite man. Weniger Gewicht, vielleicht kleinere Räder, ein weniger aufwendiger Unterbau - für Modifikationen gibt es viele Ansätze. Doch wann könnte es einen Bio-Hybrid auf den Straßen geben? Vorstellbar sei es in den nächsten fünf Jahren. Der Preis - dazu sagt man nichts Konkretes. Er solle sich im Bereich eines sehr guten E-Bikes, Pedelecs bewegen. Folglich könnte sich der Preis irgendwo im Bereich von 5000 Euro bewegen.

Elektro-Board im Angebot

Schaeffler denkt das Thema Mobilität dabei ganzheitlich - und zeigt auf der CES auch den Ausblick auf ein Elektro-Board. Es fährt nicht nur emissionsfrei, macht den Fahrer unabhängig von Staus und ermöglicht es ihm, so er denn nicht aufs Auto verzichten will, die letzte Meile in der Stadt mit dem Board zurücklegen zu können. Wird das E-Board nicht mehr benutzt, verstaut man es einfach in einem dafür vorgesehenem Stauraum im Fahrzeug.

Doch Schaeffler belässt es nicht bei diesem Konzept, arbeitet ebenso an der weiteren Elektrifizierung des Antriebstranges und der Digitalisierung. Mit Blick auf platzsparende Mobilitätlösungen arbeitet Schaeffler unter anderem am E-Wheel-Drive, einem Konzept, in dem der gesamte Antrieb im Rad untergebracht wird. Damit ermöglicht man neue Fahrzeugkonzepte für die innerstädtische Mobilität. Eines, dass beispielsweise ideal für Robo-Taxis sei, ist Gutzmer überzeugt.

Digitalisierung als wichtiger Business-Case

Windräder sind mit Sensoren ausgestattet Schaeffler

Die Digitalisierung hat Schaeffler perspektivisch als wichtigen Businesscase ausgemacht. So sei es durch die Vernetzung verschiedener Komponenten wie beispielsweise der Achse, Lenkung oder eines Wankstabilisators möglich, Daten beispielsweise zum Straßenzustand zu sammeln. So dient beispielsweise bei den von Schaeffler in Serie verbauten mechatronischem System ein elektrischer Aktuator nicht nur dafür, die Wankbewegungen zu berufen, sondern er ist in einer weiteren Ausbaustufe in der Lage, auch als Sensor zu fungieren, der in der Lage ist, 3-D-Aufnahmen vom Straßenzustand zu machen und mittels GPS-Auswertung eine genaue Lokalisierung von etwaigen Schäden zu erfassen und sie dem nachfolgenden Verkehr oder den Behörden zur Verfügung zu stellen.

"Durch die zunehmende Digitalisierung ist es beispielsweise möglich, auch die Haltbarkeit wichtiger Fahrzeugkomponenten zu prüfen und diese Daten dann rechtzeitig an die Werkstatt zu melden, falls ein Service erforderlich ist", sagt Gutzmer.

Dabei seien die Aspekte der Digitalisierung jedoch nicht nur auf das Auto zu beschränken, sondern auch auf andere Verkehrsträger wie beispielsweise Züge. Aber auch in Windrädern spielt die Digitalisierung eine wichtige Rolle, indem Sensoren im Antriebsstrang dem Betreiber Zustandsinformationen über seine Windenergieanlagen geben. Bislang geschieht dies bei 1000 Windrädern. Perspektivisch sollen lernende Algorithmen zudem dazu beitragen, die Restlebensdauer jeder einzelnen Komponente des Windrades zu berechnen. Damit könnte eine optimierte Betriebsstrategie für jede Turbine erreicht werden. "Ich bin mir sicher, dass die Digitalisierung perspektivisch einen wichtigen Beitrag zu unserem Gewinn beitragen kann", ist Gutzmer überzeugt.

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Frank Mertens
Nach dem Studium hat er in einer Nachrichtenagentur volontiert. Danach war er Sportjournalist und hat drei Olympische Spiele begleitet. Bereits damals interessierten ihn mehr die Hintergründe als das Ergebnis. Seit 2005 berichtet er über die Autobranche.

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