Pneus verzeihen fahrlässigen Umgang nicht

Pkw-Reifen sind eigentlich auf einen Lebenszyklus von sechs Jahren hin ausgelegt. Dieser kann sich aber drastisch reduzieren, falls man sich nicht an einige wichtige Regeln hält.

Der Verschleiß von Reifen ist je nach ihrer Nutzung unterschiedlich hoch. Während moderne Gürtelreifen mit schmaler Lauffläche, die stets mit moderatem Tempo gefahren werden, durchaus 60.000 Kilometer laufen können, ist die Lebensdauer von Hochgeschwindigkeitsreifen, die auf der Autobahn am Limit ihrer Leistungsfähigkeit sind, erheblich kürzer. Die durchschnittliche Laufleistung liegt bei 25.000 bis 30.000 Kilometer. Unterschieden werden muss zunächst zwischen normalem Reifenabrieb und Verschleiß, der auf Fehlern am Fahrwerk oder direkt am Reifen beruht.

Normaler Verschleiß/Fahrweise

In diese Kategorie fallen alle Ursachen, die während des Fahrens zwangsläufig durch Reibungsverluste und Reifenschlupf beim Anfahren, Bremsen, bei Kurvenfahrten und beim Abrollen entstehen. Einflussgrößen sind unter anderem die Fahrweise, die Beschaffenheit der Fahrbahnoberfläche, der Rollwiderstand und das Reifenprofil. Wie sich unterschiedliche Fahrweisen auf den Abrieb auswirken, geht aus einer Untersuchung des Reifenherstellers Fulda hervor. Demnach ergibt sich bei einem Mittelklassewagen, der konstant mit einer Geschwindigkeit von 100 km/h fährt, allein aus der Kraft zur Überwindung des Luftwiderstands ein Reifenschlupf von ein Prozent. Bei 180 km/h steigt der Schlupf bereits auf das Dreifache und der Abrieb sogar auf das Neunfache. Ein gemäßigter Kavalierstart produziert ca. acht Prozent Schlupf und gegenüber dem weichen Anfahren (ein bis zwei Prozent Schlupf) den 25fachen Verschleiß. Ein wilder Kavalierstart mit quietschenden Reifen erzeugt sogar den 100 bis 200-fachen Abrieb.
Besonders viel Profil geht beim Bremsen verloren.

Wer etwa im Stadtverkehr aus einer Geschwindigkeit von 50 km/h vor einer Ampel so stark auf die Bremse tritt, dass das Fahrzeug nach 50 Meter zum Stehen kommt, verursacht gegenüber dem weicheren Bremsvorgang (100 Meter Bremsweg) den vierfachen Reifenabrieb. Eine Vollbremsung ohne ABS mit stehenden Rädern bedeutet in diesem Fall gegenüber dem weichen Abbremsen das 2000- bis 3000-fache an Verschleiß. Eine Vollbremsung aus einer Geschwindigkeit von 120 km/h verursacht bis zu 4 mm Profilabnutzung. Bei einem solchen Bremsvorgang entstehen zudem durch die Reibung sehr hohe Temperaturen, die zu einer Zerstörung der inneren Struktur des Gummis führen. In diesem Fall müssen die Reifen erneuert werden.

Vorsicht angesagt

Auch Reifen kommen in die Jahre - selbst, wenn sie äußerlich noch wie neu aussehen. Aufgrund physikalischer und chemischer Prozesse sollte man Reifen, die älter als sechs Jahre sind, nur noch benutzen, wenn sie in diesem Zeitraum immer mal wieder bewegt wurden, also beispielsweise im Fahrbetrieb von Wohnwagen oder Anhängern zum Einsatz kamen. Das Reserverad taugt nach sechs Jahren auch nur noch als Notlösung für den Weg bis zum nächsten Reifenfachhändler. Gleiches gilt für Wohnwagen und Wohnmobile: Hier sollten ebenso spätestens nach sechs Jahren neue Reifen montiert werden.

Bei Kurvenfahrten wird das Auto bedingt durch die Fliehkraft nach außen gedrängt. Wie stark die Fliehkraft einwirkt, hängt von der Geschwindigkeit, vom Fahrzeuggewicht und vom Radius der Kurve ab. Um diese Kräfte zu kompensieren, ist der Reifen ebenfalls erheblichen Belastungen ausgesetzt, was sich in erhöhtem Abrieb bemerkbar macht. Auch hierzu nennt der Reifenhersteller Fulda ein Beispiel: Wer demnach eine Kurve (Radius 150 Meter) mit 80 km/h durchfährt, statt mit 50 km/h, erhöht den Abrieb um das 6,5-fache. Bei 100 km/h steigt die Fliehkraft auf das vierfache und der Abrieb sogar auf das 16-fache. Allerdings gilt nicht nur in der Kurve, dass „Tempobolzer“ ihre Pneus schneller ruinieren. Bei hohen Geschwindigkeiten erhöht sich generell der sogenannte Mittenverschleiß. Durch Temperatur und Fliehkräfte dehnt bzw. beult sich der Reifen aus, und je breiter er ist, desto stärker nutzt er sich dabei in der Mitte durch den Schlupf ab. Kurzum: Der natürliche Verschleiß der Reifen kann zwar nicht gestoppt, aber durch eine vorausschauende und defensive Fahrweise erheblich verlangsamt werden.

Anomaler Verschleiß und Reifenschäden

In diese Kategorie fallen eine Reihe von Ursachen für den frühzeitigen Reifenverschleiß, die durch sachgerechte Handhabung und regelmäßige Kontrollen ausgeschlossen werden können. Jeder Neureifen eines Markenherstellers wird vor der Auslieferung sehr eingehend auf etwaige Produktionsfehler hin oder Beschädigungen untersucht. Ein Kriterium dabei ist die Einhaltung der in Normen verbindlich festgelegten Toleranzen für Unwucht und Höhen- bzw. Seitenschlag. Trotz dieser Tests muss jeder Reifen, bevor er mit seiner Felge auf der Radnabe befestigt wird, ausgewuchtet werden. Denn zumindest geringe Unwuchten gibt es fast immer. Unterschieden wir zwischen statischer (in Umfangsrichtung des Reifens) und dynamischer (in Querrichtung) Unwucht. Dabei wirken sich bereits geringe Unwuchten sehr störend aus, da sie durch die Fliehkraft potenziert werden.

Beseitigt werden Unwuchten bei der Erstmontage der Reifen auf der stationären Auswuchtmaschine, und zwar mit Hilfe von Ausgleichgewichten an den Felgenhörnern. Geschieht dies sorgfältig, kann i.d.R. auf ein zusätzliches elektronisches Auswuchten am Fahrzeug verzichtet werden. Treten allerdings trotz der Auswuchtung an der stationären Maschine immer noch Schwingungen auf oder wackelt das Lenkrad, so ist ein Nach- bzw. Feinwuchten am Fahrzeug notwendig. Auch ursprünglich gut ausgewuchtete Reifen können mit der Zeit plötzlich unruhig laufen.

Richtige Lagerung

Reifen sollten möglichst trocken, dunkel und kühl gelagert werden. Auf die Felge montierte Pneus können gestapelt werden oder an der Wand aufgehängt werden, während unmontierte Reifen zum Schutz vor Verformung senkrecht gestellt und hin und wieder gedreht werden sollten. Auf keinen Fall dürfen Reifen mit Öl, Kraftstoff oder Chemikalien in Berührung kommen, da sonst die Gummimischung
zerstört wird.

Gefährliche Fallen

Hohe und kantige Bordsteine sind gefährliche Fallen. Denn zu schnelles oder spitzwinkliges Auffahren führt häufig zu versteckten Schäden, die sich nicht selten erst ein paar tausend Kilometer später bemerkbar machen. Diese Beschädigungen können beispielsweise dazu führen, dass sich die Lauffläche bei hohen Geschwindigkeiten ablöst und der Reifen platzt.

Hin und wieder sollte man den Reifen auf Beschädigungen wie Risse, Beulen oder Schnitte überprüfen. Sollten Fremdkörper wie beispielsweise ein Stein oder Nagel eingedrungen sein, kann der Reifen auch innen zerstört sein. Der Reifenspezialist weiß in diesem Fall, ob der Pneu noch repariert werden kann oder ob er ausgetauscht werden muss. Wichtig: Defekte schlauchlose Reifen dürfen nicht durch Einlegen eines Schlauches abgedichtet werden. Um die Lebensdauer der Reifen zu erhöhen, sollten die Räder in angemessenen Intervallen (etwa alle 10.000 bis 15.000 Kilometer) von vorn nach hinten gewechselt werden. Spätestens, wenn die Sommer- gegen Winterreifen ausgetauscht werden, sollte man an diesen Positionswechsel denken. Dabei die Auswuchtung der Reifen vom Reifenfachhändler überprüfen lassen. Grundsätzlich gilt: Neureifen auf die Hinterachse; diese stabilisieren das Fahrzeug.

Regelmäßige Kontrolle

Ausschlaggebend für Sicherheit und Lebensdauer Hinsichtlich Wartung und Pflege sind Reifen anspruchslos. Nur eines verzeihen sie nicht: wenn der Reifendruck nicht stimmt. In diesem Fall nehmen die Tragfähigkeit und die Seitenführungskraft ab, die Geradeauslaufeigenschaften verschlechtern sich ebenso wie das Kurven- und Bremsverhalten. Zudem steigt der Benzinverbrauch drastisch, und die Reifen verschleißen schneller. Ohne regelmäßige Kontrolle und Korrektur sinkt der Luftdruck selbst bei intakten Reifen unweigerlich ab - pro Jahr um ca. 30 bis 40 Prozent.

Vor allem zu niedriger Luftdruck macht sich negativ bemerkbar. Denn bedingt durch den niedrigeren Druck dämpft der Reifen zwar etwas mehr die Unebenheiten der Fahrbahn ab. Gleichzeitig wird der Pneu aber erheblich stärker durchgewalkt; gleichzeitig nehmen der Rollwiderstand und die Reibung zu. Dadurch erhöht sich die Innentemperatur des Reifens. Bereits eine Temperaturerhöhung von ca. 10 C vermindert die Laufleistung um rund 50 Prozent, denn der Reifen verschleißt erheblich schneller an den Schultern. Reifen nehmen auch einen nur kurzzeitig zu niedrigen Luftdruck übel. Das passiert vor allem oft während der Fahrt in den Urlaub, wenn der Reifendruck nicht auf das vollbeladene Auto abgestimmt wurde. In diesem Fall entstehen leicht vor allem im Gürtelkantenbereich Temperatur- und Spannungsspitzen, die letztlich dazu führen können, dass sich die Gummimischung vom Gürtelcord ablöst. Zu niedriger Reifendruck erhöht also das Unfallrisiko.

Ein geringfügig zu hoher Luftdruck wirkt sich hingegen weitaus weniger dramatisch aus und wird bei Winterreifen sogar empfohlen. Denn eine Druckerhöhung um ca. 0,2 bar gegenüber den Angaben für Sommerreifen nimmt der Schneegrip des Profils deutlich zu; zudem verringert sich der Rollwiderstand. Für Winter- wie Sommerreifen gilt jedoch: Eine wesentlich darüber hinausgehende Erhöhung des Luftdrucks wirkt sich negativ auf die Straßenlage aus.

Reservereifen nicht vergessen

Nach Schätzungen der Reifenhersteller müssen allein aufgrund falschen Luftdrucks jedes Jahr Reifen im Wert von rund einer Milliarde Mark vorzeitig ausgetauscht werden. Deshalb sollte der Luftdruck mindestens alle 14 Tage kontrolliert werden. Die vorgeschriebenen Werte findet man entweder im Serviceheft des Fahrzeugs oder - bei den meisten PKW - auf der Rückseite der Tankklappe. Die Werte beziehen sich auf den kalten Reifen. Bei heißen Pneus nie Luft ablassen, denn sonst sinkt der Luftdruck womöglich unter den Sollwert ab. Wichtig ist auch eine gelegentliche Kontrolle des Reservereifens. Empfehlenswert ist hier ein Luftdruck von 0,5 bar über dem angegebenen Höchstdruck des Fahrzeugherstellers bei Vollast (Beispiel: Höchstdruck 2.4 vorn und 2.8 hinten, dann Füllung des Reserverads mit 3.3 bar). So bleibt für den Fall einer Panne genügend Spielraum für eine Korrektur nach unten.

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