Recycling: Wie die PET-Flasche ins Auto kommt

Verbundmaterial aus Kaffeebohnen

Recycling: Wie die PET-Flasche ins Auto kommt
Der BMW i3s setzte sich als Elektroauto gegen Verbrenner durch. © BMW

Bei der Fahrzeugproduktion kommen immer häufiger Materialien aus Recycling zum Einsatz. So werden beispielsweise Getränkeflaschen aus Polyethylenterephtalat für den Innenraum verwendet.

Grob geschätzt kommen in einem Auto je nach Klasse und Modell rund 10.000 Einzelteile zum Einsatz. Die sind aus den verschiedensten Materialien gefertigt, üblicherweise kommen vor allem Metall, Kunststoff, Holz, Carbon, Leder, Stoff oder Glas zum Einsatz. Doch immer häufiger setzen die Autobauer inzwischen auch auf Recycling-Materialien.

Gang und Gäbe ist längst die Verwendung von Altmetallen in der Stahlproduktion. Doch auch auf dem Kunststoff-Sektor tut sich seit einiger Zeit etwas. Immer wieder im Fokus stehen dabei Getränke-Flaschen aus Polyethylenterephtalat – kurz PET.

Flaschen wiederverwertet

Opel beispielsweise hat sich einst der Deckel der Flaschen angenommen, sie zu einem Granulat verarbeitet und daraus wiederum neue Kunststoffteile gemacht. Unter anderem waren im inzwischen ausgelaufenen Kleinwagen Adam Stoßfängerbefestigungen, die Wasserabweiser zwischen Motorraum und Spritzwand und die Scheinwerferabdeckung aus diesen alten Deckeln. Auch aus den Flaschen selbst lassen sich hervorragend Stoffe herstellen: Die Plastik-Pullen werden geschreddert, getrocknet, geschmolzen und zu einem Faden gesponnen.

Der Mazda MX-30 ist der erste reine Stromer der Japaner. Foto: Mazda

Daraus können dann verschiedenste Textilien gewoben werden, die unter anderem in den Stromern BMW i3 und i8 als Sitzbezug zum Einsatz kommen; gut 50 Flaschen werden pro Fahrzeug benötigt. Mazda bezieht jetzt bei seinem neuen Elektro-Crossover MX-30 die Türen mit solchen Geweben und auch Ford setzt schon eine Zeit lang auf PET-Materialien. Die Amis haben daraus vor einigen Jahren Armaturenbretter und Dämmmaterialien für den Focus hergestellt. In Sachen Stoff hat Ford dagegen mit alten Jeans-Resten experimentiert: Die wiederverwertete Baumwolle kam bereits in Türen und Sitzen zum Einsatz.

Volvo mit hohen Zielen

Noch nicht serien- aber durchaus spruchreif sind die Pläne von Volvo: Die Schweden wollen ab 2025 ein Viertel des im Auto verwendeten Plastiks aus Recycling-Material herstellen. Einen Vorgeschmack gab Volvo mit einer XC60-Studie: Bei dem im Rahmen der Segelregatta Volvo Ocean Race präsentierten SUV ist die Mittelkonsole aus Meeresplastik und alten Fischernetzen hergestellt. Bei Fußmatten und Sitzbezügen setzt Volvo ebenfalls auf PET-Flaschen und bereits gebrauchte Baumwollstoffe, und aus alten Sitzen haben die Schweden neues Dämmmaterial für den Motorraum hergestellt.

Einen weiteren Weg hin zu nachhaltigen Materialien hat jüngst Ford vorgestellt: Zukünftig sollen Autoteile aus den Schalen von Kaffeebohnen hergestellt werden. Dabei handelt es sich zwar nicht um klassisches Recycling, sondern viel mehr um die Verarbeitung von Abfallprodukten – gut für die Umwelt ist es aber allemal.

Verbundmaterial aus Kaffeebohnen

Die beim Rösten übrigbleibende Haut der Kaffeebohnen vermischt Ford mit Kunststoffen und macht daraus ein Verbundmaterial, das bis zu 20 Prozent leichter sein soll als vergleichbare Stoffe und gleichzeitig bei der Herstellung ein Viertel weniger Energie verschlingt. Verwendung finden soll der Kaffeekunststoff, für den sich Ford die bislang weggeworfenen Schalen aus den für McDonalds tätigen Röstereien besorgt, unter anderem im Scheinwerfer-Gehäusen.

Einen ähnlichen Ansatz verfolgt auch Mazda: Im bereits erwähnten Stromer MX-30 findet sich an mehreren Stellen Kork-Dekor. Dafür verwendet Mazda die Reste, die bei der Herstellung von Flaschen-Korken anfallen. Und auch andere nachwachsende Materialien finden sich immer häufiger im Auto: VW beispielsweise hat schon Radhaus- und Unterbodenschalen aus Hanf gefertigt.

Verwendung hat Grenzen

Der Einsatz von recycelten Materialien, Verbundstoffen mit Abfallprodukten oder Naturprodukten hat allerdings auch seine Grenzen: Immer dort, wo es direkt um die Sicherheit geht, vertrauen die Hersteller lieber altbewährtem. Das gilt zum Beispiel für die gesamte Fahrzeugstruktur, die im Falle eines Unfalls die Energie aufnehmen muss, aber auch für alle Bereiche rund um den Airbag. Der Hintergrund: Bei wiederverwerteten Materialien kann nie zu 100 Prozent garantiert werden, dass der Ausgangsstoff immer komplett identisch ist, deshalb kann es zu größeren Streuungen kommen, unter anderem bei der Reißdehnung oder dem Schwingungsverhalten. Außerdem muss schon bei der Entwicklung eines Recycling-Bauteils sichergestellt werden, dass der Rohstoff über die gesamte Bauzeit verfügbar ist.

Übrigens: Nicht nur die Autoindustrie beschäftigt sich mit dem Thema Recycling, auch auf dem Kraftstoff-Sektor tut sich etwas. Zahlreiche Chemie-Konzerne arbeiten an der Erforschung synthetischer Treibstoffe und es gibt bereits mehrere Verfahren, um aus Plastik-Müll neuen Sprit zu gewinnen. OMV beispielsweise schafft es nach eigenen Angaben, aus rund 100 Kilogramm Verpackungsmüll durch Pyrolyse – also starkes Erhitzen – 100 Liter Rohöl herzustellen. Bis dieser Prozess allerdings energetisch und wirtschaftlich sinnvoll machbar ist, dürfte noch einige Zeit vergehen. (SP-X)

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