«Die Elektromobilität passt bestens zu Porsche»

Porsche-Chef Oliver Blume

«Die Elektromobilität passt bestens zu Porsche»
Porsche-Chef Oliver Blume. © Porsche

Porsche wird Ende des Jahres mit dem Taycan sein erstes Elektroauto auf den Markt bringen. Im Interview mit der Autogazette spricht Porsche-Chef Oliver Blume über den Weg in die Elektromobilität und darüber, weshalb sie bestens zur Marke passt.

Porsche wird die Produktionskapazitäten für den Taycan aufgrund der hohen Nachfrage nach dem Elektro-Sportwagen erhöhen. Das kündigte Porsche-Chef Oliver Blume im Interview mit der Autogazette und dem Magazin electrified an.

Bislang hatte der Autobauer mit einer jährlichen Produktion von 20.000 Einheiten für sein erstes Elektromodell geplant. Gebaut wird der Taycan im Porsche-Werk in Zuffenhausen.

20.000 Kaufinteressenten für Porsche Taycan

«Wir sind überwältigt von der Nachfrage nach diesem Fahrzeug, das die Kunden bislang noch nicht einmal gesehen haben. Das zeigt den großen Vertrauensvorschuss, den uns die Kunden entgegen bringen», sagte Blume. Wie der Porsche-Chef hinzufügte, hätten bislang weltweit um die 20.000 Kunden ihr Kaufinteresse für den Taycan im Rahmen eines sogenannten Depositor-Programms mit einer Anzahlung von 2500 Euro bekundet. «Das liegt deutlich über dem, was wir erwartet haben», so Blume.

Porsche wird den Taycan mit zwei Batteriegrößen auf den Markt bringen, «wobei wir mit dem größeren Package beginnen. Die Einstiegsvariante mit der kleineren Batterie wird bei unter 100.000 Euro beginnen», kündigte Blume an.

«Porsche ist und bleibt eine Sportwagenmarke»

Porsche-Chef Oliver Blume. dpa
Porsche-Chef Oliver Blume präsentiert den Namen des Taycan. Foto: dpa

Autogazette: Herr Blume, was entgegnen Sie Porsche-Fans, die in der Elektromobilität einen Irrweg sehen?

Oliver Blume: Dass die Elektromobilität mit ihrer hohen Effizienz und überragenden Performance-Werten bestens zu Porsche passt. Und ich verweise auf unsere guten Erfahrungen mit Plug-in-Hybriden: Porsche war der erste Hersteller, der sie in drei Premiumsegmenten gleichzeitig angeboten hat. Beim Panamera entscheiden sich bereits mehr als 60 Prozent der Kunden in Europa für einen Plug-in-Hybrid.

Autogazette: Überrascht Sie diese hohe Nachfrage?

Blume: Keineswegs. Wir haben die Plug-in-Hybrid-Varianten als High-Performance-Fahrzeuge ausgelegt. Beim Panamera sogar als Top-Modell der Baureihe. Damit sind unsere Plug-in-Hybride alles andere als Verzichtfahrzeuge.

Autogazette: Hatten die strenger werdenden CO2-Grenzwerte und das Pariser Klimaschutzabkommen Einfluss auf Ihre Entscheidung, Porsche zu einer Elektromarke zu machen?

Blume: Eines vorweg: Porsche ist und bleibt eine Sportwagen-Marke – mit Benzinmotoren und Elektroantrieben. Und wir bekennen uns zu den Pariser Klimaschutzzielen, ohne Wenn und Aber. Schließlich stehen wir als Autobauer ganz klar in der Verantwortung, die CO2-Emissionen im Verkehr zu reduzieren. Auch wenn unser Marktanteil als Premiumhersteller sehr klein ist, kommt es für meine Vorstandskollegen und mich nicht in Frage auf andere zu zeigen. Wir verstehen die Strahlkraft unserer Marke vielmehr als Auftrag, mit gutem Beispiel voranzugehen.

«Porsche steht zu diesen ambitionierten Zielen»

Für die Klimaschutzziele braucht es eine CO2-Reduzierung. Foto: dpa
Für die Erreichung der Klimaschutzziele braucht es eine Reduzierung der Treibhausgasemissionen. Foto: dpa

Autogazette: Vor diesem Hintergrund gab es für Sie keine andere Entscheidung als die Elektromobilität?

Blume: Damit Fahrzeuge lokal CO2-frei fahren, haben wir als Hersteller drei Möglichkeiten: Elektromobilität, Wasserstoff und synthetische Kraftstoffe. In der Well-to-Wheel-Betrachtung, die die Gesamtenergiebilanz von der Herstellung des Kraftstoffs bis zur Fortbewegung des Fahrzeugs im Blick hat, ist die E-Mobilität dem Wasserstoff um ein Dreifaches überlegen, den synthetischen Kraftstoffen um ein Sechsfaches. Mit der fortschreitenden Entwicklung von Batterien wird dieser Vorteil sogar noch größer ausfallen. Für einen Sportwagen-Hersteller wie Porsche sind das überzeugende Argumente – ganz abgesehen von den überragenden Leistungsdaten, die sich mit einem Elektroantrieb erzielen lassen.

Autogazette: Die EU hat die CO2-Grenzwerte bis 2030 verschärft, die eine Reduktion von 37,5 Prozent vorsehen. Gehören Sie auch zu denen, die dieses Ziel als überambitioniert ansehen?

Blume: Ich halte diese Werte auch für extrem ambitioniert. Aber wir müssen sie schaffen, um die Klimaziele zu erreichen. So viel steht fest. Für die politische Diskussion würde ich mir jedoch wünschen, dass die Akteure mehr Expertise hinzuziehen und die Realisierbarkeit der gesetzten Ziele im Auge behalten. Für uns als exklusiver Hersteller, der nur in wenigen Premium-Segmenten aktiv ist, bin ich zuversichtlich, dass wir die Grenzwerte bis 2030 erreichen und womöglich sogar übererfüllen können. Porsche steht zu diesen ambitionierten Zielen. Im Volumensegment sind aber sehr viel größere Anstrengungen notwendig, um in der Kürze der Zeit attraktive und nachhaltige Lösungen auf den Markt zu bringen und damit die Kunden von der Elektromobilität zu überzeugen.

«Aktuell führt kein Weg an Elektromobilität vorbei»

Autogazette: Befördern derart strenge CO2-Grenzwerte den Weg in die Elektromobilität?

Blume: Durchaus. Um die CO2-Emissionen im Verkehr derart stark zu reduzieren, führt aktuell kein Weg an der Elektromobilität vorbei. Wobei uns auch klar sein muss: Einen positiven Effekt für das Klima und unsere Umwelt erzielen wir nur dann, wenn der Strom für die Produktion und Nutzung der Fahrzeuge aus regenerativen Quellen stammt. Wir bei Porsche haben unsere deutschen Produktionsstandorte bereits vor zwei Jahren auf grünen Strom umgestellt. Und mit dem Taycan, den wir Ende des Jahres auf den Markt bringen, gehen wir noch einen Schritt weiter: Unseren ersten E-Sportler produzieren wir am Standort bereits CO2-neutral. Im zweiten Schritt soll dies auch für die Zuliefererkette gelten.

Autogazette: Sie sind gerade in Arjeplog den neuen Taycan unter Kältebedingungen gefahren. Ist das Auto bereits das, was sie sich von ihm erwarten: nämlich ein richtiger Porsche zu sein?

Blume: Definitiv! Das sagen sogar meine Fahrwerkskollegen, die nur sehr schwer zufriedenzustellen sind und mit ihrer kritischen Haltung Porsche dorthin gebracht haben, wo wir heute stehen: Sie sind mit leuchtenden Augen und einem breiten Grinsen aus dem Taycan ausgestiegen.

«Ich bin absolut begeistert von diesem Fahrzeug»

Der Porsche Taycan auf Testfahrten in Weissach. Foto: Markus Altmann

Autogazette: Haben auch Ihre Augen geleuchtet?

Blume: Und wie! Ich bin absolut begeistert von diesem Fahrzeug. Es fährt sich fantastisch.

Autogazette: Können Sie nachvollziehen, dass für viele Porsche-Kunden der Weg in die Elektromobilität einen Kulturschock darstellt?

Blume: Das ist uns bewusst. Aber ich kann sie beruhigen: Auch in einem rein elektrisch angetriebenen Porsche werden sie all das vorfinden, was sie von unseren Marke erwarten – eine extrem sportliche Fahrdynamik, überragende Performance-Werte und, nicht zuletzt, sehr viel Emotionalität. Ich bin fest davon überzeugt: Je attraktiver die Produkte sind, desto schneller wird die Elektromobilität an Akzeptanz gewinnen. Um jedoch auch weiterhin jedem Kunden das bieten zu können, was er sich von unserer Marke wünscht, setzen wir für die Zukunft auf drei Antriebsarten: weiter optimierte Benziner, fortschrittliche Plug-in-Hybride und die reine Elektromobilität.

«Wir sind überwältigt von der Nachfrage»

Autogazette: Wie fällt denn das erste Feedback auf den Taycan aus?

Blume: Hervorragend. Wir sind überwältigt von der Nachfrage nach diesem Fahrzeug, das die Kunden bislang noch nicht einmal gesehen haben. Das zeigt den großen Vertrauensvorschuss, den uns die Kunden entgegen bringen.

Autogazette: In Norwegen gibt es bereits 3000 Vorbestellungen für den Taycan. Verraten Sie, wie die Resonanz weltweit genau ausschaut?

Blume: Vorbestellen kann man den Taycan noch nicht. Im Rahmen eines Depositor-Programms kann man jedoch für 2500 Euro sein Kaufinteresse bekunden. Weltweit haben das bereits um die 20.000 Kunden getan. Das liegt deutlich über dem, was wir erwartet haben. Normalerweise geht der Run erst dann los, wenn es die ersten Fahrberichte gibt, wenn das Fahrzeug vorgestellt wird und man sich reingesetzt hat.

Autogazette: Was bedeutet diese große Nachfrage für die Lieferzeiten? Denn geplant hatten Sie bisher jährlich mit nur 20.000 Einheiten.

Blume: Angesichts der großen Nachfrage werden wir unsere Produktionskapazitäten erhöhen. Sollte es zu Wartezeiten kommen, wird es Möglichkeiten geben, den Kunden an den Taycan heranzuführen. Beispielsweise könnten wir ihm vorübergehend einen Panamera Plug-in-Hybrid zur Verfügung stellen, bevor er einen Taycan bekommt. Wir warten jetzt aber erst einmal den Produktionsstart ab, ehe wir über konkrete Lieferzeiten sprechen.

«Wir werden keine Fahrzeuge von der Stange bauen»

Autogazette: Sie werden auch zur Verkürzung der Lieferzeiten keine vorkonfigurierten Fahrzeuge anbieten?

Blume: Nein, wir werden keine Fahrzeuge von der Stange bauen. Jeder Kunde bekommt genau das Fahrzeug, das er möchte.

Autogazette: Verraten Sie, in welcher Preisspanne sich der Taycan bewegen wird?

Blume: Wir werden den Taycan mit zwei Batterie-Größen anbieten, wobei wir mit dem größeren Package beginnen. Die Einstiegsvariante mit der kleineren Batterie wird bei unter 100.000 Euro beginnen. Und wie bei unseren Verbrennern wird es auch beim Taycan viele attraktive Extras geben.

Autogazette: Ihr Ziel ist es, dass bereits 2025 jeder zweite Porsche über einen Elektroantrieb verfügt. Fassen Sie darunter auch Plug-in-Hybride?

Blume: Ja, wir beziehen hier auch die Plug-in-Hybride mit ein.

Autogazette: Trifft es zu, dass es ab 2030 nur noch Elektroautos von Porsche geben soll?

Blume: Diese Aussage haben wir nie getroffen. Für die Zukunft setzen wir, wie schon erwähnt, auf einen Dreiklang der Antriebe, in dem auch Verbrennungsmotoren weiterhin ihren Platz haben. Wir entwickeln sie laufend weiter, um sie noch effizienter und umweltfreundlicher zu machen. Solange es gesetzlich erlaubt ist, werden wir den 911, unsere Ikone, als Verbrenner anbieten. Nichtsdestotrotz ist die neue, achte Generation bereits hybridfähig entwickelt. Und wenn wir ihn eines Tages teilelektrisch anbieten, dann nur als absolute High-Performance-Variante.

«Neue Generation des Macan wird rein elekrisch fahren»

Der nächste Generation des Porsche Macan wird elektrisch. Foto: Mertens

Autogazette: Daimler hat gerade angekündigt, in der zweiten Jahreshälfte einen Plug-in-Hybriden mit annähernd 100 Kilometer Reichweite anzubieten. Wann wird es das bei Ihnen geben?

Blume: 2020 kommt die nächste Batterie-Generation. Mit ihr erhöhen wir die Amperestunden der Zellen von 37 auf 47. So erzielen wir größere Reichweiten, die wir sukzessive in unsere Produkte einführen werden.

Autogazette: Machen Sie sich Gedanken, ihre Elektroautos auch lokal in China produzieren zu lassen?

Blume: China ist zwar unser größter Einzelmarkt mit rund 80.000 Auslieferungen im Jahr. Für eine eigene Produktion sind das aber verhältnismäßig kleine Stückzahlen. Es war für uns daher bislang kein Thema, lokal in China zu fertigen. Es könnte irgendwann jedoch sein, dass wir durch Zollregularien dazu gezwungen werden. Wir wollen aber nichts überstürzen: Schließlich ist es unseren chinesischen Kunden auch wichtig, dass ihr Porsche aus Deutschland kommt. Daran halten wir so lange wie möglich fest.

Autogazette: Wieviele Elektroautos wird es denn bis 2025 von Porsche geben neben dem Taycan und Macan, der gerade beschlossen wurde?

Blume: Mit dem Cross Turismo wird Anfang des nächsten Jahrzehnts das erste Derivat des Taycan in Serie gehen. Und wie Sie schon sagen: Die neue Generation des Macan wird rein elektrisch fahren. Darüber hinaus gibt es noch keine weiteren Beschlüsse. Doch Sie können davon ausgehen, dass wir bereits viele gute Idee haben, wie wir die Mobilität der Zukunft gestalten – sportlich, nachhaltig und Porsche-typisch.

Das Interview mit Oliver Blume führte Frank Mertens

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Frank Mertens
Nach dem Studium hat er in einer Nachrichtenagentur volontiert. Danach war er Sportjournalist und hat drei Olympische Spiele begleitet. Bereits damals interessierten ihn mehr die Hintergründe als das Ergebnis. Seit 2005 berichtet er über die Autobranche.

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