«Wettbewerbskrieg gegen deutsche Autohersteller»

Die EU-Pläne zur Verringerung der C02-Emissionen stoßen unvermindert auf Kritik in der Wirtschaft. Besonders scharf äußerte sich Bundesumweltminister Sigmar Gabriel.

Die deutsche Wirtschaft leistet den Plänen der EU- Kommission zur Verringerung der Autoabgase unvermindert Widerstand. Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) untermauerte die Kritik der Autohersteller, die von der Bundesregierung geteilt wird. EU-Umweltkommissar Stavros Dimas verteidigte dagegen die Vorschläge der EU-Kommission zur Abgasminderung bei Neuwagen. Der Umweltschutz- Verband BUND warf Kanzlerin Angela Merkel (CDU) vor, beim Klimaschutz zugunsten der Autolobby eingeknickt zu sein. Der VDA verlangte eine Nachbesserung der Pläne.

Vorwurf von Dimas

Dimas warf den Herstellern vor, Zusagen von 1999 zur freiwilligen Einsparung von Kohlendioxid (CO2) nicht eingehalten zu haben. «Die Pläne der EU-Kommission zur Reduzierung des CO2-Ausstoßes von Autos sind keine Bestrafung, sondern eine Chance für die deutsche Industrie. Sie helfen dem Klimaschutz und führen gleichzeitig zu mehr Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Autos auf internationalen Märkten.» Dies sichere langfristig hoch qualifizierte Arbeitsplätze, sagte er der «Welt am Sonntag».

BDI-Hauptgeschäftsführer Werner Schnappauf kritisierte dagegen in der Zeitung die geplanten EU-Regeln als willkürlich. Der EU-Plan habe «rein gar nichts mit gutem Klimaschutz zu tun». Die Regeln seien willkürlich: «Wer hauptsächlich Klein- und Mittelklassewagen baut, muss sich kaum anstrengen. Am härtesten trifft es die deutschen Premiumhersteller.» Der EU-Plan sei «unfair gegenüber unserem Land».

Die EU-Kommission hat vorgeschlagen, dass Neuwagen von 2012 an höchstens 120 Gramm CO2 pro Kilometer ausstoßen dürfen und eine Überschreitung der Grenzwerte mit drastischen Strafen zu belegen. Kanzlerin Merkel hatte angekündigt, dies nicht hinzunehmen. Nach Ansicht von Umweltminister Sigmar Gabriel (SPD) hat der Plan der EU zum CO2-Ausstoß nichts mit Klimaschutz zu tun, «sondern ist ein Wettbewerbskrieg gegen die deutschen Autohersteller».

Kritik an Merkel

Der Vorsitzende des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), Hubert Weiger, kritisierte: «Angela Merkel verrät ihre eigenen Klimaschutzziele.» Sie entpuppe sich als Lobbyistin der deutschen Industrie, die PS-starke Autos produziere. In ihrer wöchentlichen Videobotschaft im Internet lobte Merkel die Fortschritte im Klimaschutz und räumte zugleich ein, dass es dabei weltweit «noch viel Arbeit» gebe. Auf den Streit um die Fahrzeug-Auflagen ging sie allerdings nicht ein.

Nach Ansicht des Präsidenten des Verbandes der Automobilindustrie (VDA), Matthias Wissmann, werden die deutschen Autobauer im Vergleich zu anderen Industriezweigen über Gebühr belastet. Autohersteller sollten etwa 25-mal so viel für den CO2-Ausstoß zahlen als etwa die Chemieindustrie, kritisierte er im Magazin «auto motor und sport».

Wissmann fürchtet zudem, dass die Autos länger gefahren werden, wenn sich die EU durchsetzen sollte. «Wenn Neuwagen deutlich teurer werden, dann bekommen das allein in Deutschland Millionen von Autofahrern zu spüren». Ältere Autos mit höheren CO2-Emissionen würden länger gefahren; für die Umwelt werde kein Fortschritt erzielt. Der Vorschlag der EU-Kommission müsse drastisch nachgebessert werden, verlangte Wissmann.

Das EU-Parlament und der EU-Ministerrat seien jetzt am Zug. «Und wir sehen, dass die Bundeskanzlerin, der Bundesumweltminister, die Gewerkschaften und andere Verbände den Brüsseler Ansatz ebenfalls sehr kritisch sehen. Das macht mich zuversichtlich.» EU-Industriekommissar Günter Verheugen, der gegen zu strikte Abgas-Grenzen und zu hohe Strafen ist, wies darauf hin, dass nicht nur deutsche Autohersteller Probleme hätten. «Zunächst ist es nur ein Vorschlag (der EU), daher rate ich zu Gelassenheit», sagte er. (dpa)

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