Tiefensee macht gegen Verkehrslärm mobil

Belastung soll bis 2020 deutlich sinken

Stress, Schlaflosigkeit und am Ende gar ein Herzinfarkt: Lärm ist als Krankmacher nicht zu unterschätzen. Beim Verkehrsminister stapeln sich die Briefe betroffener Bürger. Jetzt geht er die Sache an.

Der Lärm an Straßen, Bahnstrecken und Flughäfen ist längst zur ernsten Gesundheitsfrage geworden - dagegen geht Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) nun mit einer gut vier Milliarden Euro teuren Lärmschutzoffensive an. Bis 2020 sollen davon 2,5 Milliarden in die Halbierung des Schienenlärms fließen.

«Für Straßen und Binnenschifffahrt setzen wir uns Lärmminderungs-Ziele von rund 30 Prozent, für den Flugverkehr von 20 Prozent», sagte Tiefensee am Donnerstag bei der Vorlage des «Zweiten Nationalen Verkehrslärmschutzpakets». Untersuchungen zufolge fühlen sich etwa 60 Prozent der Bevölkerung vom Straßenlärm belästigt. «Die Bürger sind genervt. Die Beschwerden stapeln sich auf meinem Schreibtisch», sagt Tiefensee.

Die geplanten Maßnahmen reichen von technischen Verbesserungen an Straßenbelägen, Autoreifen und Bahn-Rädern über niedrige, aber effektive Schallschutzwände bis zu niedrigeren Schallgrenzwerten für Straße und Schiene.

Stress bis hin zum Herzinfarkt

Mit einem Bonus-Malus-System für Güterzüge will Tiefensee bis 2013 ein lärmabhängiges System der Trassenpreise einführen: «Wir werden diejenigen belohnen, die mit leiser Technik auf der Schiene unterwegs sind», so der Minister. «Wer veraltete, quietschende Loks und Waggons einsetzt, wird stärker zur Kasse gebeten. Wir werden damit einen dauerhaften Anreiz für mehr Lärmschutz auf der Schiene schaffen.» Ins Kabinett müssten diese Pläne nicht.

Auch der namhafte Lärmschutzexperte Christian Maschke von der TU Berlin forderte durchgreifende Entlastungsmaßnahmen. Bei dauerhaft hohen Lärmwerten seien verstärkt Bluthochdruck und Herzinfarkte festgestellt worden. «Durch lang anhaltenden Lärmstress können körperliche Reserven erschöpfen, die Regulationsfähigkeit der Organfunktionen wird gestört. Lärm ist unerwünschter Schall.»

Mit Hightech gegen den Krach

«Lärm ist die Hauptsorge der Bürger», sagte Tiefensee. Viele Anwohner entlang von Bahnstrecken könnten nachts nicht schlafen. Am deutlichsten werde das im Rheintal an der Strecke von Rotterdam nach Norditalien. «In Bingen gibt es ein Hotel, wo die Züge nachts unmittelbar an der Hauswand entlang fahren.» Hier müsse an der Quelle des Übels angesetzt werden: Große Güterzüge zum Beispiel sollten verstärkt auf «leisen Sohlen» durch Orte und Ballungszentren geführt werden.

Ein Lkw fährt auf der Bundesstraße 3 durch Weingarten bei Karlsruhe Foto: dpa

«Überall, wo besondere Lärmbelastungen ausgewiesen sind, da fangen wir an.» Vorrang haben sollen dabei vor allem Gebiete, in denen Autobahn- und Schienenverkehrs-Knotenpunkte zusammenfallen. An den Schienen sollen künftig nicht mehr ortsverschandelnde fünf Meter hohe Schallschutzwände hochgezogen werden, sondern mit Hightech jetzt mögliche 75 Zentimeter hohe Schallstreifen direkt an den Gleisen montiert werden.

An bestehenden Autobahnen und Bundesstraßen sollen die Lärmwerte um drei Dezibel herabgesetzt werden. «Schon bei einem geringeren Verkehrsaufkommen als bisher werden die Anwohner künftig durch Schutzwände oder -wälle entlastet», sagte Tiefensee. Nötig seien künftig leisere Autos. Bei den Autoreifen sollten die Geräuschgrenzwerte verschärft werden. Durch eine künftig mögliche Messung der Fahrgeräusche von Motorrädern sollen die Länder in die Lage versetzt werden, «dem verbreiteten nachträglichen Einbau nicht genehmigter Auspuffanlagen an Motorrädern wirksam entgegen zu treten». Im Flugverkehr soll der Lärm durch einen schonenden Sinkflug bei der Landung reduziert werden. Dieses in München erprobte Anflugverfahren solle bis 2012 auch an den anderen deutschen Flughäfen eingeführt werden. (dpa)

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