Neue Chance für City-Stromer

Die Diskussion über den Klimawandel öffnet den zuvor gemiedenen Elektroautos die Tür zum Markt. Städtische Konzepte könnten zudem die Attraktivität der City-Stromer weiter steigern.

Von Thomas Geiger

Die Vision ist verlockend: Sie stoßen kein CO2 aus, sind flüsterleise und finden überall einen Parkplatz. Doch so charmant die Vorstellung vom kleinen Elektroauto für die Stadt in Zeiten der Klimadiskussion auch ist - einen echten Markt gibt es für diese City-Stromer derzeit noch nicht.

Durchschnittlich 430 E-Autos

So weist die europäische Zulassungsstatistik laut Henner Lehne vom Prognose-Spezialisten CSM in Bad Homburg (Hessen) für die vergangenen acht Jahre durchschnittlich nur 430 Elektroautos aus. «Das sind aber vor allem Umbauten auf Basis von Peugeot 106, Fiat Panda oder Ford Ka. Kleinstfahrzeuge mit Elektroantrieb tauchen bis auf wenige Ausnahmen in der Statistik gar nicht auf», sagt der Analyst.

Dafür sieht man solche Konzepte immer häufiger auf Messen wie zuletzt im März auf dem Genfer Autosalon. Dort hat das Unternehmen Visiongreen aus Potsdam mit dem Schweizer Unternehmen Reva den Greeny AC1 vorgestellt. Zu Preisen ab etwa 13.000 Euro soll der Wagen von Sommer an auch in Deutschland angeboten werden. Alternativ bietet sich für den Ein-Personen-Haushalt der CityEL an, ein dreirädriges Leichtmobil mit Elektroantrieb. Die Preise starten hier ab 7500 Euro - und wer will, kann sich sein Gefährt gleich selbst zusammenbauen.

Umgerechnet ein Liter auf 100 Kilometer

Angetrieben wird der Greeny dem Hersteller zufolge von einem 13 kW/18 PS starken Elektromotor, der aus einer Bleibatterie mit Kapazität für 50 bis 80 Kilometer gespeist wird. Die Höchstgeschwindigkeit gibt der Hersteller mit 80 Stundenkilometer (km/h) an. Dabei verbraucht der Greeny auf 100 Kilometer umgerechnet nur so viel Energie, wie in einem Liter Benzin steckt.

Nach ähnlichem Muster konzipiert ist das «BluEcar» des französischen Herstellers Bolloré. Er speichert die Energie in Lithium-Metall-Hybrid-Batterien, die laut Bolloré für 250 Kilometer reichen. Die Leistung des Motors gibt der Hersteller mit 50 kW/68 PS an. Damit schafft der Wagen eine Höchstgeschwindigkeit von 125 km/h.

Nicht im Bewusstsein der Kunden

Zwar könnten solche Fahrzeuge die Umweltbelastung in den Innenstädten entspannen, so Experten. «Doch wie man an der geringen Verbreitung der Kleinstfahrzeuge auch mit konventionellen Antrieben sehen kann, sind Minimal-Konzepte noch nicht im Bewusstsein der Kunden angelangt», sagt Christoph Stürmer vom Marktbeobachter Global Insight in Frankfurt. «Der Smart zeigt wohl das absolute Minimum an 'Auto-Ähnlichkeit', das ein Fahrzeug heutzutage haben muss.»

Während CSM-Experte Lehne auch in naher Zukunft keine Renaissance der elektrischen Autos sieht, kann sich Stürmer durchaus eine Öffnung des Marktes vorstellen: «Wenn man die Fahrzeuge an jeder Steckdose aufladen kann, mit flotten 70 Sachen unterwegs ist und eine Reichweite von 100 Kilometern hat, könnten Elektrovarianten bekannter Kleinwagen wie Smart, Toyota Aygo oder Fiat Panda durchaus funktionieren», glaubt der Analyst.

Öffentlicher Druck hilft

Auch öffentlicher Druck kann helfen: Seit es in London die City-Maut gibt und Elektroautos davon befreit sind, registriert nicht nur Greeny ein großes Interesse an dem knuffigen Stromer. Plötzlich sei das Fahrzeug bei Bankern und Brokern als Zweit- oder Drittwagen akzeptiert. Unter diesen Umständen lohnt sich Umdenken auch für Unternehmen wie Smart. Dort wurde noch auf Basis der ersten Generation für die britische Hauptstadt eine Flotte von Elektro-Zweisitzern aufgelegt.

Dass diese Autos deutlich teurer sind als ein Smart mit Verbrennungsmotor, stört die Kunden nach Angaben von Smart-Sprecher Hubert Kogel in Stuttgart nicht: «Denn was sie mehr an Leasing zahlen, sparen sie bei der Maut gleich wieder ein.» (dpa)

Keine Beiträge vorhanden