Gabriel rudert bei Rußpartikelfilter zurück

Gemeinsame Erklärung hinfällig

Sigmar Gabriel plant die Kehrtwende. Nach dem fast ergebnislosen Aufruf zum Austausch wirkungsloser Partikelfilter, kündigt der Bundesumweltminister nun eine härtere Gangart an.

Im Skandal um den Einbau wirkungsloser Rußpartikel- Filter in Diesel-Autos soll der Druck auf die betroffenen Autofahrer zum Austausch durch funktionierende Filter erhöht werden. Dazu will Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) darauf hinweisen, dass bei nachträglichem Wegfall der Betriebserlaubnis für solche Filter auch die Steuervergünstigung von 330 Euro je Pkw und die Freifahrt- Plaketten zurückgefordert werden könnten. Er wolle dies aber durch eine stärkere Inanspruchnahme der von ihm im Herbst ausgehandelten kostenlosen Austausch-Kulanzregelung verhindern, sagte Gabriel am Mittwoch nach Beratungen in den Ausschüssen für Umwelt und Verkehr.

Gerade mal 1026 Filter ausgetauscht

Von 40.000 betroffenen Fahrzeugen seien nachweisbar nur 1026 Falsch- oder «Betrugs»-Filter der Firmen Gat, Tenneco oder Bosal von befragten Werkstätten bisher ausgetauscht, ansonsten 1335 Gutscheine für einen späteren Austausch ausgegeben worden. Um den Prozess in Gang zu bringen, schlägt Gabriel ein Schreiben des Kraftfahrtbundesamtes (KBA) an die mehr als 37.000 betroffenen Autofahrer vor. Viele wüssten vielleicht nichts von dieser Kulanzregelung.

Die Behörde solle dabei deutlich machen, «dass für den Fall einer weiterhin geringen Zahl ausgetauschter Filter immer noch die Aberkennung der Allgemeinen Betriebserlaubnis mit allen rechtlichen und finanziellen Konsequenzen drohen könnte». Zu prüfen sei jedoch zunächst, ob solche Schreiben datenschutzrechtlich zulässig seien. Die Alternative der bürokratischen Verfolgung der Autofahrer sei allerdings mit hohem Klage-Risiko verbunden. «Ich glaube, dass wir spätestens nach dem Sommer die Entscheidung treffen müssen.»

Heftige Kritik an Gabriel

In der Ausschuss-Sitzung und danach kam es zu heftiger Kritik der Opposition an Gabriel. FDP und Grüne forderten ihn auf, den für das Management des Filter-Skandals im Ministerium zuständigen Staatssekretär Matthias Machnig zu entlassen. Michael Kauch von der FDP betonte, seine Fraktion halte offen, ob man im Bundestag einen Untersuchungsausschuss mit der Aufarbeitung des Skandals beschäftigen sollte. Die Vize-Vorsitzende der Grünen-Fraktion Bärbel Höhn stützte sich bei ihrer Kritik auch auf einen 2005 vom Umweltbundesamt (UBA) mit einem Forschungsauftrag eingeschalteten Schweizer Gutachter. Dieser erklärte in der Sitzung, dass nach seinem Ermessen schon Ende 2006 die Alarmglocken bei der Regierung hätten schrillen können.

Gabriel wies solche Vorhaltungen zurück. Die Filternachrüstung habe im übrigen erst im April 2007 mit Einführung der steuerlichen Nachrüstförderung von Rußpartikelfiltern an Kraft gewonnen. Bisher seien allerdings - bei acht Millionen erhofften Einbauten - erst 170.000 Diesel-Fahrzeuge nachgerüstet worden. Der Schweizer Gutachter habe wie ein im Umweltbundesamt versetzter Abteilungsleiter für Umwelt- und Verkehrsfragen nur geschlossene Filtersysteme durchsetzen wollen, die mehr als 90 Prozent der schädlichen Rußpartikel zurückhalten. Der offizielle UBA- und Regierungsauftrag habe sich aber auf offene Systeme mit mindestens 30 Prozent Wirkung bezogen.

Gemeinsame Erklärung hinfällig

«Sie müssen sich letztlich entscheiden», sagte Gabriel. «Wollen Sie 10.000 geschlossene (und teure) Systeme oder wollen Sie ein paar 100.000 oder gar einige Millionen offene? Für die Umwelt ist das Letztere besser.» Man hätte allerdings härter auf das Verhalten des Abteilungsleiters reagieren müssen, räumte der Minister ein.

Ende November hatte Gabriel beim Gesamtverband Autoteile-Handel (GVA) und dem Zentralverband Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe (ZDK) eine Gemeinsame Erklärung erwirkt. Sie besagt, dass die auf den Einbau falscher Filter hereingefallenen Autofahrer sich diese in den Mitglieds-Werkstätten kostenlos ersetzen lassen dürfen. Von den jetzt angeschriebenen 30.000 Werkstätten hätten aber nur 5112 geantwortet. Damit gehe er davon aus, dass die Austauschzahl etwas höher als die oben genannten gut 1000 Fälle umfassten. (dpa)

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